
Presserat-Chef über religiöse Karikaturen: Kränkungen ertragen
Religiöse Karikaturen wie jene über den Propheten Mohammed in dem französischen Satireblatt "Charlie Hebdo" betreffen westlich-demokratische Grundwerte, die es zu schützen gilt. Das hat der Geschäftsführer des Österreichischen Presserats, Alexander Warzilek in einem Gastkommentar in der "Wiener Zeitung" (Donnerstag) unterstrichen. Das islamische Bilderverbot stehe in Widerspruch der in westlichen Gesellschaften garantierten Presse- und Meinungsfreiheit sowie Freiheit der Kunst. In einem säkularen Staat könnten daher "subjektive religiöse Maßstäbe nicht auf Personen außerhalb der religiösen Gruppe übertragen werden". Etwaige "Kränkungen" seien zu ertragen, so Warzilek.
Karikaturen bewegten sich typischerweise am Rande der Provokation mit Ironie, Spott, Verzerrung und Übertreibung als wesentlichen Charakteristika. "In einer pluralistischen Gesellschaft sind jedoch auch Meinungen geschützt, die andere verstören oder schockieren", hielt der Medienethiker in seinen Überlegungen unter dem Titel "Wie weit darf Satire gehen?" fest. Weder die Mohammed-Karikaturen noch andere, den christlichen Glauben oder Kirchen aufgreifende Bilder erfüllen laut Warzilek den Straftatbestand der Herabwürdigung religiöser Lehren. Kränkungen als religiöse Gruppe zu ertragen, böten auch eine Chance für die betroffenen Gläubigen, "sich in Gelassenheit und Toleranz gegenüber anderen zu üben".
Islamisten dagegen würden Karikaturen instrumentalisieren, um auch gemäßigte Muslime auf ihre Seite zu ziehen. Die zuletzt Gewaltakte bis hin zum brutalen Mord auslösenden Mohammed-Karikaturen wurden nicht in streng muslimischen Ländern veröffentlicht, wo dadurch ein Straftatbestand vorläge, erinnerte der Presserat-Vertreter. Die Karikaturen würden sich jedoch vielmehr an ein aufgeschlossenes westliches Publikum richten - im Fall von "Charlie Hebdo" obendrein an eine "linkes, religionsferne" Leserschaft.
Gewalt und Terror nie zu rechtfertigen
Warzilek erinnerte daran, dass auch andere religiöse Gruppen von Satire nicht verschont bleiben. Anlässlich der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche habe es so manche Karikatur gegeben, "die im wahrsten Sinne des Wortes 'unter der Gürtellinie' angesiedelt war".
Papst Franziskus habe den Anschlag von 2015 auf "Charlie Hebdo" zwar scharf verurteilt, aber gleichzeitig auch die Karikaturen als Beleidigung religiöser Gefühle kritisiert: "Er äußerte Verständnis für den Zorn der Muslime." Nicholas Blancho, der Präsident des Islamischen Zentralrats der Schweiz, habe die Karikaturen gar als "geistige Brandstiftung" und "ebenso gefährlich wie Extremismus" bewertet. "Derartige Relativierungen sind strikt abzulehnen, da hier eine Rechtfertigung der Taten mitschwingt", argumentierte der Geschäftsführer des Presserats. "Verletzte religiöse Gefühle dürfen niemals zu Gewalt und Terror führen", betonte er.
Quelle: kathpress