Pastoraltheologe: Kirche tut sich schwer, Armut zu verkündigen
Immobilienbesitz, funkelnde liturgische Gewänder und glänzende Altäre erschweren es der Kirche in Europa, "als Kirche Armut zu verkündigen". Trotzdem sei es keine Lösung sämtlichen kirchlichen Besitz zu verkaufen, da die Kirche mit ihren Mitteln auch Gutes tue: Darauf hat der Wiener Pastoraltheologe, Johann Pock, in einem Interview mit der Kärntner Kirchenzeitung "Sonntag" hingewiesen. Es gehe darum, "das System menschlicher zu machen und zu verhindern, dass Menschen in Armut geraten". Erforderlich sei ein Paradigmenwechsel und "die Bereitschaft, sich selbst berühren und verändern zu lassen". Dies verlange mehr als Geld oder Zeit zu geben, sondern "echten Dialog".
Armut solle dabei nicht nur in ihren Symptomen behandelt werden, vielmehr gehe es darum Strukturen aufzuzeigen, die Armut begünstigen. Das impliziere auch den kirchlichen Einsatz für eine nachhaltige und gerechtere Wirtschaft, betonte der Dekan der Theologischen Fakultät der Universität Wien.
Kritisch bemerkte Pock, dass es beim Thema Armut in der Kirche wenig gebe, "was über die Caritas hinausgeht". Dies sei auch Motivation für das Buch "Kirche der Armen? Impulse und Fragen zum Nachdenken" gewesen, in dem Pock gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Caritas und Diakonie der Frage nachgeht, ob und wie die Kirche in Europa eine Kirche der Armen werden kann.
Die Auslagerung des Themas Arbeit in die Caritas als Institution hat laut Pock auch historische Gründe: So werde die Pfarre viel stärker im Hinblick auf die Liturgie wahrgenommen. Hilfe für andere bestehe noch in Form von Nachbarschaftshilfe, die Arbeit für oder mit Armen falle hingegen in den Bereich der Caritas. "Die Sorge um jene, die gar nicht auftauchen, die nicht im Blick sind, die in verschiedener Weise arm sind, kam da vielleicht etwas zu kurz." Anders sei die Situation in Afrika, Lateinamerika oder Asien, wo die Kirche "ganz anders" über Armut spreche als in Europa.
Warum helfen?
"Beim Helfen muss man sich immer fragen, worum es mir wirklich geht: Um den Armen als Menschen oder eigentlich nur um mich?", so der Theologe. Der Professor für Pastoraltheologie verwies auf Papst Franziskus, der zwischen einer "Kirche der Armen" und einer "Kirche für die Armen" unterscheide. Dahinter stehe die Frage, ob sich die Kirche durch die Armen verändern lassen oder nur etwas für die Armen tun wolle, erläuterte Pock. Als Vorbilder könnten u.a. die Vinzigemeinden oder das Vinzidorf in Graz von Pfarrer Pucher dienen.
Das Buch "Kirche der Armen? Impulse und Fragen zum Nachdenken" ist im Verlag Echter erschienen, hat 477 Seiten und kostet 37,10 Euro.
Quelle: kathpress