Internationales Dialogzentrum KAICIID verlässt Wien
Das Internationale "König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog" (KAICIID) verlässt Wien und wird seinen Amtssitz aus Österreich in ein anderes Land verlegen. Ein entsprechender einstimmiger Beschuss des Rats der Vertragsparteien ("Council of Parties") sei bereits erfolgt, teilte das Zentrum am Freitag mit. "Verhandlungen mit potenziellen neuen Gastgeberländern, die Interesse daran zeigen, dem KAICIID als neuer Sitzstaat zu dienen, sind im Gange", erklärte Generaldirektor Faisal Bin Muaammar. Ausdrücklich dankte er all jenen, die das Dialogzentrum, das sich für Prinzipien des interreligiösen und interkulturellen Dialogs einsetze, seit seiner Gründung "mit Leben erfüllt haben".
Außenminister Alexander Schallenberg dankte in einer Stellungnahme für "die sehr gute Gesprächsbasis, die mit allen Vertragsparteien diesbezüglich besteht, insbesondere auch mit Saudi-Arabien". Ziel sei, dass dieser Ortswechsel reibungslos und geordnet über die Bühne gehe. "Österreich ist und bleibt weiter ein verlässlicher Partner als Amtssitz und als Ort des Dialogs."
Das nach dem saudischen König Abdullah bin Abdulaziz (2005-2015) benannte Dialogzentrum wurde 2012 von Saudi-Arabien, Österreich und Spanien gegründet. Der Heilige Stuhl ist Gründungsbeobachter. Das Zentrum wird mit Geldern aus Riad finanziert und stand in Österreich wegen des brutalen Vorgehens der saudischen Regierung gegen Demonstranten und Regimekritiker immer wieder in der Kritik. Im Sommer 2019 sprach sich der Nationalrat in einer rechtlich nicht bindenden Entschließung mehrheitlich für einen Ausstieg Österreichs aus.
Anfang 2020 forderte die damals neue türkis-grünen Koalition in ihrem Regierungsprogramm eine Reform des Abdullah-Zentrums. Diese solle eine stärkere Förderung des interreligiösen und interkulturellen Dialogs, einer stärkeren Anbindung an die UNO sowie eine Verbreiterung der Mitgliederbasis beinhalten. Sollte dies nicht innerhalb eines Jahres gelingen, werde Österreich als Gründungsmitglied aussteigen, hieß es.
In den vergangenen Monaten gab es mehrfach offiziell nicht bestätigte Berichte, wonach sich das Zentrum werde aus Österreich zurückziehen und etwa nach Genf übersiedeln werde.
Der Heilige Stuhl ist als Ständiger Beobachter seit der Gründung in die Arbeit des Dialogzentrums strukturell eingebunden. Geleitet wird das KAICIID von einem neunköpfigen multireligiösen Direktorium, dem Vertreterinnen und Vertreter aus Buddhismus, Christentum, Hinduismus, Islam und Judentum angehören.
Vertreter des multireligiösen Leitungsdirektoriums hatten in den vergangenen Jahren mehrfach dazu aufgerufen, das KAICIID an seinem Grundauftrag zur Förderung des interreligiösen und interkulturellen Dialogs zu messen. Das Zentrum sei "keine Botschaft oder NGO, oder in irgendeiner Weise der politische Arm eines Staates, einschließlich Saudi-Arabien", hielten die Direktoriumsmitglieder - unter ihnen der Präsident des Päpstlichen Rats für den interreligiösen Dialog Kardinal Miguel Ayuso - etwa nach dem Wiener Parlamentsbeschluss von 2019 in einer Erklärung fest. Im Rahmen von Programmen des Zentrums seien dagegen Tausende Menschen weltweit im interreligiösen und interkulturellen Dialog geschult worden.
Zuletzt war das Zentrum etwa einer der Hauptorganisatoren des "G20 Interfaith Forum", bei dem Mitte Oktober hunderte Experten und Vertreter religiöser Organisationen in Asien, Afrika, Amerika und Europa Empfehlungen zu Themen wie Covid-19, Ungleichheit und Rassismus, Klimawandel und der Bewahrung heiliger Stätten zusammentrugen. Das KAICIID kooperierte dabei auch mit der Allianz der Zivilisationen der Vereinten Nationen (UNAOC).
Wesentliches Standbein der Programmarbeit des Dialogzentrums ist auch ein jeweils einjähriges Aus- und Weiterbildungsprogramm, das junge Menschen und Geistliche unterschiedlicher religiöser Herkunft und aus allen Kontinenten für Schulungen in Dialogvermittlung, interkultureller Kommunikation und Förderung des sozialen Zusammenhalts zusammenbringt. Die Fellows entwickeln zudem Projekte und lernen, wie sie in ihren Heimatländern selbst "Brücken des Dialogs" bauen können und Studenten aber auch religiöse Verantwortungsträger im interreligiösen Dialog unterrichten. Insgesamt gibt es mittlerweile rund 250 KAICIID-Stipendiaten aus 50 Ländern. (Info: www.kaiciid.org)
Quelle: kathpress