Gewessler: Wir brauchen im Klimaschutz auch die Kirchen an Bord
Kirchen und ihre Mitglieder spielen beim Klimaschutz "eine große Rolle". Das hat Umweltministerin Leonore Gewessler im Interview mit österreichischen Kirchenzeitungen betont. "Wir brauchen im Klimaschutz alle an Bord. Wenn wir alle in unserem Umfeld für mehr Klimaschutz eintreten, gelingt uns der Erfolg", zeigte sich die Grünpolitikerin optimistisch. Jeder und jede könne im Alltag einen Beitrag leisten für das gemeinsame Ganze.
Auf die Frage, wann nach dem derzeit alles beherrschenden Thema Corona ökologische Themen "wieder richtig durchstarten" könnten, wies Gewessler hin: "Klimaschutz war nie weg, denn die Klimakrise geht den Menschen nahe." Probleme wie Borkenkäferbefall, Wetterextreme etc. seien ungeachtet der Pandemie virulent, es gebe die Erwartung, hier gegenzusteuern. Und es seien in den vergangenen Monaten auch etliche Erfolge erzielt worden - etwa das Klimaschutzgesetz auf europäischer Ebene. "Da ist viel in Bewegung", so die Ministerin.
Die Krise biete auch die Chance auf eine Neuorientierung in Richtung Ökologie. Gewessler bezeichnete Arbeitsminister Martin Kocher als "starken Verbündeten", mit dem sie die Meinung teile, "dass im Bereich der grünen Jobs enorm viel Potenzial liegt: im Umweltschutz, im Klimaschutz, in der Reparatur, in der Recyclingwirtschaft." Laut Gewessler ist Klimaschutz das beste Konjunkturprogramm. In diesem Bereich gebe es "die Jobs, die wir in der Zukunft brauchen und die Zukunft haben".
Die in der türkis-grünen Regierung nicht nur für Klimaschutz und Umwelt, sondern auch für Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zuständige Ministerin ging im Interview mit Chefredakteuren österreichischer Kirchenzeitungen auf viele umweltpolitische Detailfragen ein: Das angekündigte 1-2-3-Ticket für den gesamten öffentlichen Verkehr in Österreich werde noch heuer auf Schiene gebracht; der Bau des Brennerbasistunnels habe "Priorität", um diesen meistfrequentierten Alpenpass zu entlasten; auf eine Million Dächer im Land soll Photovoltaik angebracht werden.
"Eine Krise ersetzt keine Politik"
Bei all dem sei ihr klar, dass Klimaschutz "kein Sprint, sondern ein Marathon" sei. Bis 2040 soll Österreich klimaneutral werden. Diese Herausforderung sei auch ihre persönliche Motivation gewesen, in die Politik zu gehen, erzählte Gewessler: "dass wir im Klimaschutz weiterkommen und ich in dieser Funktion einen Beitrag dazu leisten kann". Die Lockdowns im Zuge der Pandemie hätten zwar einen positiven ökologischen Effekt - etwa Radfahrboom oder Videokonferenzen statt Reisen -, "aber eine Krise ersetzt keine Politik. Eine Krise ist eine Zeit, in der man Weichen stellen kann." Und das geschehe auch mit Maßnahmen wie Klimaschutzpaket, Bahnausbau, ökosoziale Steuerreform, Ausbau erneuerbarer Energien. "Das muss jetzt jedes Jahr so weitergehen!", betonte Gewessler.
Zum innerkoalitionären Konfliktthema Flüchtlingsaufnahme aus Griechenland sagte die grüne Ministerin, es sei von Anfang an klar gewesen, dass zwei Regierungspartner mit sehr unterschiedlichen Ausrichtungen zusammenarbeiten und es "nicht immer einfach" werde. Beim Thema Lesbos und den Abschiebungen von Kindern hätten sich die Grünen "sehr darum bemüht, menschliche Lösungen zu finden, und mir tut es im Herzen weh, dass es nicht gelungen ist", so Gewessler. Leider gebe es "manche, die glauben, sie brauchen diese Bilder, um Wählerstimmen zu kriegen". Viele Menschen in Österreich würden sich jedoch einen menschlichen Zugang wünschen, nahm die Politikerin Bezug auf viele kritische Stimmen auch aus den Reihen der Kirche. "Dafür werden wir uns weiter einsetzen, auch wenn das nicht immer einfach ist."
Quelle: kathpress