Papst: Iraker haben "das Recht, in Frieden zu leben"
Papst Franziskus hat seinen Besuch im Irak abermals als Bußpilgerfahrt bezeichnet. "Ich konnte mich diesem gemarterten Volk und dieser Kirche der Märtyrer nicht nähern, ohne im Namen der katholischen Kirche das Kreuz auf mich zu nehmen, das sie seit Jahren tragen", sagte er am Mittwoch bei seiner wöchentlichen Videoansprache im Vatikan. In der Rede ließ der Papst noch einmal die viertägige Reise Revue passieren.
Das irakische Volk, so der Papst weiter, habe "das Recht, in Frieden zu leben und die ihm zustehende Würde wiederzufinden". Dabei erinnerte er an das jahrtausendealte kulturelle Vermächtnis der Region: Mesopotamien als "Wiege der Kultur", Bagdad, das "über Jahrhunderte die reichste Bibliothek der Welt beherbergte". Das alles habe der Krieg zerstört. "Immer ist der Krieg das Monster, das sich im Wandel der Zeiten verändert und die Menschheit verschlingt", so Franziskus.
Die Antwort auf Krieg seien aber nicht noch mehr Waffen, sondern Geschwisterlichkeit, betonte der Papst. Diese zu schaffen, sei nicht nur die entscheidende Herausforderung für den Irak, sondern für viele Konfliktregionen - "ja die ganze Welt". Als Beispiel dafür dankte der Papst den Christen und Muslimen in Mossul und Karakosch, die gemeinsam zerstörte Moscheen und Kirchen wiederaufbauen.
An die Christen gewandt, die den Irak verlassen haben, sagte Franziskus: "Ihr habt wie Abraham alles verlassen; wie er bewahrt euch den Glauben und die Hoffnung, und seid Zeugen von Freundschaft und Geschwisterlichkeit - wo immer ihr seid."
Arabien-Bischof: Papstreise war mehr als nur Symbol
Der für Arabien zuständige katholische Bischof Paul Hinder (78) erwartet, dass die Irak-Reise des Papstes für den Frieden in dem Krisenland "mehr als nur symbolischen Wert" haben wird. "Der Besuch machte sichtbar, dass die Menschen am Euphrat und am Tigris sich genauso nach einem gerechten Frieden und gegenseitigem Auskommen sehnen wie die Menschen in anderen Teilen der Welt", sagte Hinder im Interview des Schweizer Portals "kath.ch".
Der Papst habe die klare Botschaft verkündet, dass alle Menschen trotz unterschiedlicher Religionen und Ethnien als Brüder und Schwestern handeln sollten. "In dieser Tatsache liegt ein verbindlicher Auftrag an alle. Die Botschaft ist gehört worden, über sie wird berichtet." Das Medieninteresse an Franziskus' viertägiger Irak-Reise sei in der Region sehr groß gewesen, sagte Hinder, der seinen Amtssitz in Abu Dhabi hat.
Interreligiöse Verständigung
Der Bischof hob das vom Papst am Samstag geleitete interreligiöse Treffen im südirakischen Ur hervor, nach der Überlieferung die Heimat Abrahams, den Juden, Christen und Muslime gleichermaßen als Stammvater verehren. "Auch wenn man aufpassen muss, Abraham nicht in ungebührlicher Weise zu einem interreligiösen Übervater hochzustilisieren, so hat doch der Besuch des Papstes in Ur gezeigt, dass dort ein Wurzelgrund besteht, dessen Potenzial noch vermehrt ausgeschöpft werden kann", sagte Hinder.
Damit und mit dem Besuch beim schiitischen Großajatollah Ali al-Sistani habe Franziskus an seine Initiative von Abu Dhabi angeknüpft. Dort hatte der Papst 2019 gemeinsam mit dem sunnitischen Gelehrten und Großscheich der Kairoer Al-Azhar-Universität, Ahmad al-Tayyib, einem Sunniten, die "Erklärung über die Geschwisterlichkeit aller Menschen" unterzeichnet. Nun sei es wichtig, so Hinder, dass sich noch mehr hochrangige Vertreter der Religionen dem Bemühen von Papst Franziskus um interreligiöse Verständigung anschlössen. "Und dass die Gläubigen an der Basis ihrem Beispiel folgen und aufeinander zugehen." Die Entwicklung der interreligiösen Verständigung brauche aber Zeit.
Hinder, Kapuziner aus der Schweiz, ist Apostolischer Vikar für Südarabien. Seit April 2020 betreut er zudem das Apostolische Vikariat Nördliches Arabien.
Quelle: kathpress