Kirchenfachstelle übt Kritik an Österreichs EZA-Finanzierung 2020
Enttäuscht über die am Dienstag vorgelegten "ODA-Zahlen" über Österreichs Entwicklungsfinanzierung im Jahr 2020 hat sich die Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission (KOO) gezeigt. Die öffentlichen Gelder für Entwicklungszusammenarbeit (EZA) seien im Vorjahr "trotz fraglichen neuen Anrechnungsmethoden" kaum gestiegen - von 0,28 auf 0,29 Prozent des Bruttonationaleinkommens. Vom 0,7-Prozent-Ziel, einer seit Jahrzehnten uneingelösten Selbstverpflichtung, sei man weiterhin weit entfernt, kritisierte KOO-Leiterin Anja Appel am Mittwoch in einer Aussendung.
Die kirchliche EZA-Fachfrau bezog sich auf die vom Development Assistance Committee (DAC) der OECD veröffentlichten jährlichen Zahlen der globalen öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit (ODA), die die Unterstützung für die nachhaltige Entwicklung in Ländern des globalen Südens widerspiegeln. Österreich biete dabei ein unrühmliches Bild. Appel hielt der Bundesregierung zugute, dass die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit und der Auslandskatastrophenfonds zwar erhöht wurden. "Andererseits ist das Verharren auf einem so niedrigen ODA-Niveau weder ökonomisch sinnvoll noch moralisch vertretbar", so Appel.
Der "marginale Anstieg" der ODA-Quote in Österreich von 0,28 auf 0,29 Prozent des BNE sei im Wesentlichen nicht auf öffentliche Zuschüsse, sondern auf Kredite für den Privatsektor zurückzuführen. Andere europäische Länder wie Deutschland oder Frankreich hätten gerade in Zeiten einer globalen Krise mehr Verantwortung gezeigt und die ODA zweistellig erhöht. Covid-19 habe schon jetzt die Entwicklungs-Bemühungen der letzten 25 Jahre "enorm zurückgeworfen und trifft die bisher schon geschwächten Staaten am härtesten", wies die KOO-Leiterin auf die aktuelle Pandemie-Situation hin, aber auch auf die voranschreitende Erderwärmung, auf Hunger, zunehmende Konflikte, Armut und Ungleichheit. Appel forderte einmal mehr einen klaren Pfad für Österreich, seinen internationalen Verpflichtungen gerecht zu werden und das 0,7-Prozent-Ziel endlich in Angriff zu nehmen.
Fragwürdige Berechnungsmethoden
KOO-Experte Martin Krenn machte auf "bedenkliche Entwicklungen in der Anrechnungspraxis der Industrieländer" aufmerksam. In den vergangenen Jahren seien immer mehr Finanzinstrumente als Entwicklungszusammenarbeit anrechenbar, "die mit dem tatsächlichem Budgetaufwand der Geber-Länder nichts mehr zu tun haben". Krenn beklagte eine "Aufblähung und Verwässerung" der Darstellung der öffentlichen EZA; unter dem Deckmantel der Modernisierung der ODA komme es zunehmend zu einer Überbewertung von Entwicklungskrediten, Doppelanrechnung von Krediten und Entschuldung, Anrechnung von Investitionen ohne Gegenrechnung von zugehörigen Gewinnen sowie Wahlfreiheit bei manchen Zählungsmodalitäten. All das schwäche die ursprüngliche politische Vision der ODA als Messinstrument für die globale Armutsbekämpfung und Entwicklungsunterstützung, zeigte sich der KOO-Mitarbeiter besorgt.
"DAC-Mitglieder wie Österreich sind in den kommenden Jahren gefordert, die internationale Statistik zur Entwicklungsfinanzierung, also die ODA, zu reparieren - oder sie wird durch Ungenauigkeit in der Bedeutungslosigkeit versinken", warnte Krenn.
Das globale Bild zur Entwicklungsfinanzierung zeigt der Staatengemeinschaft laut der Koordinierungsstelle verschiedene Herausforderungen auf: Die DAC-Mitglieder leisteten nach den jetzt veröffentlichten Zahlen gemeinsam 161,2 Mrd. US-Dollar an öffentlicher Entwicklungsfinanzierung. Das bedeutet einen Zuwachs von 3,5 Prozent gegenüber 2019 und eine ODA-Quote von 0,32 Prozent des gemeinsamen BNE, erklärte die KOO. Im Corona-Jahr 2020 hätten viele Länder ihre geplante Entwicklungsfinanzierung trotz zurückgehenden Staatseinnahmen - bei jedoch oftmals sinkendem BNE - gehalten. Andere Regierungen hätten ihre nationalen Corona-Maßnahmen vor ihre internationalen Verpflichtungen gestellt. "Um die Ziele der Agenda 2030 (SDGs) zu erreichen, müssen jedoch nicht nur aktuelle Entwicklungsbudgets erhalten, sondern ausgebaut werden, um weltweit aus der Gesundheitskrise wieder aufzutauchen", stellte die KOO klar.
Der KOO gehören die entwicklungspolitischen, humanitären und missionarischen Organisationen der katholischen Kirche an - etwa Caritas Österreich, Dreikönigsaktion, Missio, "Aktion Familienfasttag" der Katholischen Frauenbewegung, "Welthaus" und "Horizont.3000" -, sowie die in der Projektarbeit engagierten Ordensgemeinschaften.
"Luft nach oben" für Österreichs Hilfe
"Luft nach oben für Österreichs Hilfe vor Ort" ortete auch die "AG Globale Verantwortung" in ihrer Reaktion auf die ODA-Zahlen für 2020. Die Bundesregierung dürfe sich auf dem leichten Plus bei den öffentlichen EZA-Ausgaben nicht ausruhen, denn Österreich sei trotzdem noch weit vom international vereinbarten O,7-Prozent-Ziel entfernt, betonte Geschäftsführerin Annelies Vilim namens der 34 Mitgliedsorganisationen des Dachverbands.
Lob zollte die AG Globale Verantwortung Luxemburg, Norwegen und Schweden, die sogar eine Quote von mehr als 1 Prozent erreichen, Deutschland liege mit 0,73 ebenso über dem Ziel wie jetzt auch Dänemark und Großbritannien. "Aktuell führt uns die Covid-19-Pandemie deutlich vor Augen, dass globale Probleme globale Antworten erfordern und wie wichtig globaler Zusammenhalt wäre", erklärte Vilim.
Quelle: kathpress