"Museum am Dom St. Pölten": Neueröffnung mit "knöchernen Juwelen"
Das "Museum am Dom St. Pölten" - bisher: Diözesanmuseum - startet am Mittwoch, 5. Mai, in eine neue Ära: Nach mehrmonatiger Schließung und umfangreichen Adaptierungsarbeiten wird die erste Ausstellung eröffnet. Unter dem Titel "Himmlische Seelen. Knöcherne Juwelen" thematisiert die umfangreiche Schau Reliquien und deren Verehrung. Coronabedingt wurde die Ausstellung um ein Jahr auf 2021 verschoben und startet nun nach dem Lockdown unter den Auflagen, die für österreichische Kultureinrichtungen gelten.
Die seit Jänner 2020 amtierende Direktorin Barbara Taubinger erklärte zum früheren Namensbestandteil "Diözesan", dieses Wort werde heute nicht mehr unmittelbar verstanden, zudem "grenzt es massiv ein, was wir kuratieren, zeigen, verbinden können". Das Haus solle ein "Schmuckstück" in der kulturell aufblühenden niederösterreichischen Landeshauptstadt sein. Zu den Besonderheiten des "Museums am Dom St. Pölten" zählen laut Taubinger die kunsthistorisch reichen Bestände aus den Pfarren der Diözese sowie der umfangreiche Sammlungsbestand - betreut seit der Gründung im Jahr 1888.
Bischof Alois Schwarz zeigt sich erfreut über die Neuerungen im Dombezirk: "Mit einem kirchlichen Museumsbetrieb geht auch ein seelsorgerischer Aspekt einher. Wir wollen als Kirche in der Gegenwart für die Gegenwart wirken, wir wollen im Dialog und relevant sein."
"Lesen von kirchlicher Kunst" neu lernen
"Das Lesen von kirchlicher Kunst muss heute neu gelernt, Codes neu entziffert werden", betonte die ausgebildete Historikerin und Kunsthistorikerin Taubinger. Im Vermitteln von sakralen Inhalten über kulturelle Zugänge sieht die Direktorin eine "Kernaufgabe kirchlicher Museen". Ein großes Anliegen sei ihr dabei einerseits der Dialog mit einem breiten Publikum, andererseits die Vernetzung mit städtischen und niederösterreichischen, aber auch internationalen Kulturschaffenden. "Wir sind am Domplatz St. Pölten mittendrin in einer europäischen 'Boomtown': Es wird gebaut, zugezogen, es entstehen Grätzel, Szenen, Communities", so Taubinger. In diesem Umfeld solle das "Museum am Dom St. Pölten" den Blick auf die sakrale Kunst und das große Erbe christlichen Kulturlebens richten.
Die Eröffnungsausstellung über Reliquien brachte Taubinger in einen Zusammenhang mit der Geschichte der einzigen österreichischen Landeshauptstadt mit einem Heiligen als Namensgeber: "Die räumliche Verortung des Schädelknochens des Heiligen Hippolyt war maßgeblich für die Stadtgründung und die Ansiedelung des Klosters, dessen Gebäude heute Bischofssitz und Haupthaus der Diözese St. Pölten ist", erinnerte die Historikerin. Die Schau "Himmlische Seelen. Knöcherne Juwelen" gehe somit ganz an den Beginn der Stadt- und Diözesangeschichte zurück.
"Grundsehnsucht nach Erinnerungsstücken"
Thematisiert wird anhand der Verehrung der knöchernen Überreste Heiliger aber auch die "menschliche Grundsehnsucht nach konkreten Erinnerungsstücken". Angekündigt sind Preziosen aus klösterlichen Sammlungen, Pfarrkirchen und Schatzkammern, die ein eindrucksvolles Bild gelebten Glaubens zeichnen. Die Jahresausstellung schlägt auch eine Brücke in das 21. Jahrhundert: Zeitgenössische Beiträge und Auseinandersetzungen zu Bestandswerken und dem Ausstellungsthema wurden in einer Kooperation mit der 5. Klasse des Wienerwaldgymnasiums in Tullnerbach erarbeitet. Entstanden sind facettenreiche Kunstwerke der Schülerinnen und Schüler als Schwerpunkt im Rahmen des künstlerisch-bildnerischen Unterrichts.
Auf der neu gestalteten Website des Museums heißt es über die Ausstellung: "Reliquien offenbaren nicht nur eine Geschichte der Ausdrucksformen des Glaubens, sondern auch eine Geschichte von Macht und Herrschaft, Identität und Zusammengehörigkeit, Sehnsucht und Hoffnung - und sind damit im 21. Jahrhundert aktuell wie eh und je."
Neben eigenen Museumsbeständen werden vielfältige Leihgaben zu sehen sein, u. a. aus dem Stephansdom, der Basilika Sonntagberg, der Schatzkammer Maria Taferl,dem Stiftsmuseum Klosterneuburg sowie Privatsammlungen. Neben dem laufenden Museumsbetrieb beginnen heuer in einer zweiten Bauphase die Vorbereitungsarbeiten zur Neuadaptierung der ständigen Sammlung, die bisher als Dauerausstellung gezeigt wurde.
Erstes Diözesanmuseum in Österreich
Das vormalige "Diözesanmuseum St. Pölten" wurde bereits im Jahre 1888 gegründet und war das erste derartige Museum in Österreich. Unter der Patronanz des christlich-religiösen Kunstvereins in Niederösterreich erlebte es in seinen Anfängen eine reiche und vielfältige Sammeltätigkeit, wobei die Bestände von archäologischen Funden über historische Dokumente, Münzen und Medaillen bis zu Objekten der Malerei, Plastik und Kleinkunst aus allen Epochen reichen. Schwerpunkt der umfangreichen Sammlung ist die sakrale Kunst, die in ihrer gesamten Vielfalt - von Skulpturen, Gemälden, Altären, liturgischen Geräten und Kleidern - präsentiert wird.
Die Neubenennung in "Museum am Dom St. Pölten" verdeutlicht sowohl den klar kirchlichen Auftrag als auch die örtlich-städtische Positionierung. Der neue barrierefreie Zugang am Domplatz 1 wird in Zukunft das Museum vom Domplatz aus sichtbar machen und damit ein weiterer kultureller Knotenpunkt im steigenden Kulturleben St. Pöltens sein. Coronabedingt entfallen sämtliche Feierlichkeiten rund um die Eröffnung, das Museum ist ab 5. Mai 2021 für Interessierte geöffnet.
Je nach COVID-19 Maßnahmen sind im Lauf des Jahres, in näherer Zukunft beim Niederösterreichischen Museumsfrühling, auch eine Reihe besonderer Aktivitäten und Führungen geplant, u. a. die Schaurestaurierung einer Reliquie, spezielle museumspädagogische Angebote für Kinder sowie themenspezifische Kultur- und Publikumsformate. (Info: www.museumamdom.at)
Quelle: kathpress