Expertin Lexe bedauert Aussetzen von Kinder- und Jugendbuchpreis
Der Katholische Kinder- und Jugendbuchpreis der Deutschen Bischofskonferenz wird in diesem Jahr nicht vergeben. Heidi Lexe, Leiterin der Studien- und Beratungsstelle für Kinder- und Jugendliteratur der Erzdiözese Wien ("STUBE"), ortet in diesem Schritt ein fehlendes Vertrauen in die Expertise der Jury. Die zehnköpfige Jury unter Vorsitz des Trierer Weihbischofs Robert Brahm hatte für den Preis den Roman "Papierklavier" der österreichischen Autorin Elisabeth Steinkellner nominiert, das um das Leben der 16-jährigen Ich-Erzählerin Maia und um Themen, wie Tod, Armut sowie Transgender handelt.
Einige Bischöfe, die am Ende bei ihrer turnusmäßigen Sitzung im sogenannten Ständigen Rat über die Prämierung befinden, hätten sich der Jury jedoch nicht angeschlossen, wie Medien berichteten. Deutsche Bischofskonferenz selbst gab am Sonntag als Begründung an, dass "das vorgeschlagene Preisbuch nicht den Kriterien der Statuten des Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises entspricht", so Sprecher Matthias Kopp gegenüber der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Zudem habe die Jury "aus der vielfältigen Liste der Empfehlungsbücher" kein neues Preisbuch vorgeschlagen.
"Wir können keinen Eklat erkennen", meinte Kopp. Das sei ein normaler Vorgang: "Vor einigen Jahren hat es schon einmal kein Preisbuch gegeben." Zugleich wies die Bischofskonferenz auf ihre Empfehlungsliste mit 15 "besonders empfehlenswerten Titeln" hin, in der sich jedoch "Papierklavier" nicht findet.
Der Buchpreis versuche mit seinen Nominierungen und Empfehlungen eine Brücke zwischen der Welt der Literatur und der Kirche zu schlagen, erläuterte Lexe im Kathpress-Interview. Die aktuelle Jury, der auch die "STUBE"-Leiterin als Fachfrau aus Österreich angehört, habe dazu beigetragen, dass sich der Katholische Kinder- und Jugendbuchpreis zu einer "imageträchtigen Auszeichnung" entwickelt habe. Es sei daher verwunderlich, dass die Bischofskonferenz der Jury nicht vertraue, zumal es ja auch einen geistlichen Vorsitzenden gebe; sie nannte es bedauerlich, dass der Preis 2021 ausgesetzt wird, sagte Lexe.
Wie "unabhängig" ist Jury?
Zwar fällt die Jury ihre Entscheidungen "unabhängig", heißt es in den Statuten des Preises. Jedoch muss das Ergebnis der Beratungen "dem Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz zum Beschluss" vorgelegt werden, erst die dort getroffene Entscheidung gilt als "endgültig". Laut Statuten wird der Katholische Kinder- und Jugendbuchpreis "für Arbeiten verliehen, die beispielhaft und altersgemäß christliche Lebenshaltungen verdeutlichen". Dabei muss auch "die transzendente und damit religiöse Dimension erkennbar sein".
Die Expertenjury hätte gemeinsam mit dem Weihbischof der Diözese Trier eine Entscheidung getroffen und würde nun auch dazu stehen, meinte die "Stube"-Leiterin dazu. Den Vorschlag der Bischofskonferenz, doch zwei bis drei andere Bücher für den Preis zu empfehlen, habe die Jury daher abgelehnt. Zwar sei auch ein drastischer Schritt - der Rücktritt der gesamten Jury - als Reaktion auf die bischöfliche Entscheidung im Raum gestanden, dies sei aber wieder verworfen worden, da man sich der eigenen Statutentreue bewusst sei, als delegierte Jurymitglieder die eigenen Institutionen vertreten weiterhin wolle und noch weiter daran arbeiten wolle, ein positives und weltoffenes Bild der Kirche in der Literaturszene zu vertreten, erklärte Lexe.
Was genau in diesem Gremium am nominierten "Papierklavier" ein derartiges Missfallen erregt habe, sei bis heute unbekannt, betonte Lexe. In der Deutschlandfunk-Sendung "Büchermarkt" (10. Mai) munkelte man über Missfallen eines Bischofs "aus der konservativen Ecke".
"Ungeschönte Zugangsweise zur Jugendwelt"
Die nominierte Autorin Elisabeth Steinkellner bezeichnete Lexe als eine der renommiertesten Jugend- und Kinderbuchautorinnen Österreich. Die 1981 geborene Soziologin habe "eine besondere Art, mit Hybrid-Formen zu arbeiten", also einer Kombination aus Text und Bild. In "Papierklavier" schreibt die 16-jährige Protagonistin ihr Leben und ihre Gedanken in einem "Scribble Buch" auf. Damit erreiche Steinkellner eine "ungeschönte Zugangsweise zur Jugendwelt", in der es nicht darum gehe, "eine schöne Welt vorzugaukeln", erklärte Lexe.
Noch im Februar hatte der nominierten Roman "Papierklavier" von Elisabeth Steinkellner den Österreichischen Kinder-und Jugendbuchpreis 2021 erhalten; das Buch ist in diesem Jahr auch für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert, der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gestiftet wird.
Steinkellners neuester Jugendroman ist bei Tyrolia erschienen und heißt "Esther und Salomon". Es ist aktuell als "Jugendbuch des Monats Juni" der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur vorgeschlagen.
Kinder- und Jugendbuchpreis
Der Katholische Kinder- und Jugendbuchpreis (vormals Katholischer Kinderbuchpreis) wird seit 1976 von einer zehnköpfigen Jury vergeben. Im vergangenen Jahr war wegen der Corona-Pandemie die Verleihung des Kinder- und Jugendbuchpreises verschoben worden. Ausgewählt worden für den mit 5.000 Euro dotierten Preis war die Autorin Susan Kreller für ihren Roman "Elektrische Fische".
Die Idee ging laut Bischofskonferenz von dem Schriftsteller Willi Fährmann aus, der Bischof Heinrich Tenhumberg bat, stärker auf die Bedeutung von Kinder- und Jugendliteratur hinzuweisen. 1979 hieß er noch Katholischer Kinderbuchpreis, wurde aber 1995 auf Katholischer Kinder- und Jugendbuchpreis erweitert. Seit 1997 wird den Preisträgern eine in Bronze gegossene Statuette, "Die Lesende", übergeben. Zu den bisherigen Preisträgern zählen etwa der österreichische Kinderbuchautor und Ö1-Redakteur Heinz Janisch (2010 für "Wie war das am Anfang") und die französische Schriftstellerin Claude K. Dubois (2014 für "Akim rennt").
Quelle: kathpress