Ethikerin: Millionen Mädchen wegen "falschem Geschlecht" abgetrieben
Millionen Mädchen werden jedes Jahr weltweit allein wegen ihres "falschen Geschlechts" abgetrieben. Darauf hat die Wiener Ethikerin Susanne Kummer vom kirchlichen IMABE-Institut am Freitag gegenüber Kathpress hingewiesen. In Indien und China führe die selektive Abtreibung von Mädchen bereits zu massiven demografischen und sozioökonomischen Problemen. Laut dem Bericht "State of the World Population 2020" der UNO fehlten im Jahr 2020 in China 72 Millionen Frauen, in Indien knapp 46 Millionen und weltweit 140 Millionen Frauen aufgrund vorgeburtlicher oder späterer Kindestötung. Kummer sprach von einem "Genderzid".
Allein zwischen 1987 und 2016 sollen in Indien bis zu 22 Millionen Mädchen wegen ihres "falschen" Geschlechts abgetrieben worden sein, so Kummer unter Verweis auf eine aktuelle Studie. Und laut Prognose einer internationalen Demografie-Forschergruppe unter österreichischer Beteiligung würden in Indien wegen gezielter Abtreibungen von Mädchen zwischen 2017 und 2030 knapp sieben Millionen weniger weibliche Babys geboren werden.
Der Überschuss an heiratsfähigen Männern sei bereits jetzt ein destabilisierender Faktor für China und Indien, die beiden bevölkerungsreichsten Länder der Welt. In China blieben etwa jährlich rund 1,2 Millionen Männer auf dem Heiratsmarkt übrig. Gewalt an Frauen und geopolitischer Nationalismus seien im Steigen.
Auch in Europa sei der sogenannte "Genderzid" ein Problem. Kummer verwies zum einen auf die Balkanstaaten Montenegro, Nordmazedonien, Kosovo und Albanien. Aber auch in Norwegen, Schweden und Großbritannien gebe es bei Einwanderern aus asiatischen Kulturkreisen vor allem beim zweiten oder dritten Kind eine erkennbar bubenlastige Geburtenquote, was als typisches Indiz für eine vorgeburtliche Geschlechtsauswahl gilt.
"Es ist wichtig, dass Gesetze weltweit die diskriminierende Praxis der geschlechtsselektiven Abtreibung verbieten", forderte Kummer. Doch indirekt würden diese Bemühungen laut Kummer aber derzeit konterkariert. "Es stellt sich die Frage, wie wir erreichen können, dass Frauen und Ungeborenen effektiv geholfen und ein kulturelles lebensbejahendes Umdenken eingeleitet wird, gleichzeitig aber eine Anerkennung von 'Abtreibung als Menschenrecht' propagiert wird", so die Ethikerin, die in diesem Zusammenhang den aktuellen "Matic-Report" kritisierte. Unter Federführung des kroatischen Sozialisten Pdreag Fred Matic soll darin in der EU Abtreibung zum Menschenrecht erklärt und die Gewissensfreiheit von Ärzten untergraben werden. Am 23. Juni soll im Plenum des EU-Parlaments über den Matic-Report abgestimmt werden.
"Wo immer eine Personengruppe sich herausnimmt, einer anderen Personengruppe das Grundrecht auf Leben abzusprechen, kommen wir als Gesellschaft in eine gefährliche Schieflage", warnte Kummer. Der "Genderzid" mache Frauen aller Altersgruppen zu Opfern: "von Mädchen, die nicht leben dürfen, bis hin zu Frauen und Müttern, die indirekt unter den Folgen der Geschlechterungleichheit leiden". Wo ungeborenen Kindern generell das Lebensrecht entzogen wird, entstünden gefährliche Machtgefälle, die Demokratie und Menschenrechte in ihren Fundamenten aushöhlen würden.
Quelle: Kathpress