In Linz entsteht Gedenkort für auf der Flucht Gestorbene
Oberösterreich bekommt einen Gedenkort für Menschen, die auf der Flucht gestorben sind. Eine "wall of names" am Stadtfriedhof Linz/St. Martin soll künftig an jene Toten erinnern, die auf der Flucht ihr Leben verloren haben, etwa im Mittelmeer, auf der Balkanroute oder in einem der Lager in Libyen, hieß es am Montag bei einer Pressekonferenz. Der geplante Gedenkort soll an diese "Toten ohne Ort" erinnern und "dem Gedächtnis an sie eine würdige Form bzw. Gestalt geben", erklärte Projektinitiator Stefan Schlager von der Abteilung "Gesellschaft & Theologie" der Diözese Linz. Es sei aber auch ein spezieller Trauerort für Angehörige, die zu keinem Grab ihrer Verstorbenen gehen können.
Der interreligiöse Gedenkort wird unter der Projektleitung der Diözese Linz in Kooperation mit dem Land Oberösterreich, der Evangelischen Kirche A.B., der Islamischen Religionsgemeinschaft, den Städten Linz, Traun und Leonding sowie dem Stadtfriedhof errichtet und soll im Frühjahr 2022 eröffnet werden.
Der Gedenkort für auf der Flucht Verstorbene sei auch ein Ort der Versammlung, meinte Schlager. So wird am "Langen Tag der Flucht" des UNHCR (1. Oktober) ein multireligiösen Totengedächtnis stattfinden, zu dem auch Menschen eingeladen sind, die keiner Religion angehören.
Eine Statistik weist alleine im Mittelmeer 22.000 Verstorbene seit 2014 aus. "Dieses Sterben auf der Flucht ist in aller Regel ein leises Sterben, ein stilles Sterben, ein Sterben im toten Winkel der Weltöffentlichkeit", mahnten die Initiatoren.
Multireligiöse Bedeutung
Der künftige Gedenk- und Trauerort wird auch von der Islamischen Religionsgemeinde in Oberösterreich unterstützt. Zwar seien in der islamischen Welt "symbolische Gedenkorte in der Regel nicht bekannt", jedoch hätten die Krisen der letzten Jahre insbesondere Muslime auf oftmals lange und gefährliche Fluchtrouten gezwungen, sagte Murat Baser von der Islamischen Religionsgemeinde Linz. Für den Imam stellt der Ort daher auch eine "respektvolle Geste" für jene Menschen dar, die auf der Flucht aus ihrer Heimat ums Leben kamen und keinerlei Grab oder Andenken besitzen.
Beitrag gegen das Vergessen
Für den Gedenkort wird der Entwurf "Vor Augen / In Sight" in Form einer "wall of names" des in Wien lebenden Künstlers Arye Wachsmuth realisiert. Er wurde von einer Jury aus sechs eingereichten Projekten ausgewählt. Der Gedenkort sei ein Beitrag gegen das Vergessen aber auch Hoffnungssymbol für Veränderung, erläuterte der zeitgenössische Künstler, der sich seit vielen Jahren mit der Geschichtsaufarbeitung Österreichs beschäftigt. An der Gedenkwand sollen zusätzlich zu den Namen der Verstorbenen und Vermissten auch Bezeichnungen für Familienzugehörigkeit, wie Mutter, Vater, Tochter, Bruder in einer korrespondierenden Sprache angebracht werden. Damit sollen, so der Künstler, Menschen, deren Namen unbekannt sind, inkludiert werden.
Ausgangspunkt des Entwurfs ist die Form der Träne, "deren bildliche Darstellung eine - über die Religionen hinausgehende - Universalität besitzt", führte Martina Gelsinger vom Kunstreferat der Diözese Linz aus. Sie begründete die Juryentscheidung auch damit, dass das Konzept Wachsmuths eine Art "bergenden Raum" erschaffe und an die Tradition einer "Klagemauer" erinnere.
Quelle: Kathpress