Weltkirche-Tagung: Dramatische Situation in Amazonien
"Knapp zwei Jahre nach der Amazonien-Synode war eine Chance für große Kreativität in ihrer Umsetzung während der Pandemie." Das konstatierte Birgit Weiler von der Ordensgemeinschaft der Missionsärztlichen Schwestern bei der Weltkirche-Online-Tagung am Samstag, um eine ernüchternde Bilanz im Blick auf Amazonien zu ziehen. Herausforderungen durch die Pandemie mit Millionen Infizierten und eine "dramatische" Situation in vielen Gebieten durch weitere Abholzung des Regenwaldes stehen Gründungen kirchlicher Zusammenschlüsse, mehr Bewusstsein und Engagement für Menschenrechte sowie einem Leben im Einklang mit der Natur gegenüber so diee Professorin für Dogmatik an der Päpstlichen Katholischen Universität Perus.
Heute sei die Lage dramatisch, wies Weiler auf die Warnung von Forschungsteams hin: Die Abholzung habe in der Zeit der Gesundheitskrise sogar noch zugenommen, aufgrund von Raubbau. Brasilien, Ecuador und Peru gehörten in den Jahren 2018 und 2019 zu den fünf Ländern weltweit, die am meisten Urwald verloren haben. Es gebe klare Signale seitens der für diese Wirtschaftssysteme Verantwortlichen, dass die indigenen Völker unerwünscht seien. "Cuencas Sagdradas", das Gebiet um die Quellflüsse des Amazonas etwa gelte als die Region mit der höchsten Biodiversität weltweit. Dort gebe es von Ecuador und Peru geförderte Erdöl-Projekte. Wenn dieser Rhythmus der Entwaldung weitergehe, werde das bewaldete Gebiet bis 2050 auf einen Bruchteil schrumpfen, stellte Weiler fest: "Forscher warnen aktuell nach Messungen, dass sich das Amazonasgebiet an immer mehr Orten gefährlich dem Kipppunkt nähert."
Zusätzlich hat die Corona-Pandemie die Menschen in Amazonien hart getroffen. Mehr als 3,3 Millionen bestätigte Infektionen mit dem Coronavirus, mehr als 95.000 bestätigte Todesfälle stehen in Zusammenhang mit Covid-19. Der Hunger habe weiter zugenommen. Der Ruf Gottes bedarf "eines aufmerksamen Hörens auf den Schrei der Armen und zugleich der Erde", zitierte Weiler aus dem Synoden-Schlussdokument.
Gründung kirchlicher Zusammenschlüsse
Neben diesen Herausforderungen seien bereits positive Auswirkungen der Amazonien-Synode zu sehen. Solidaritätsaktionen innerhalb der Länder Amazoniens und international nach dem Motto "Wir alle sind Amazonien" hätten weltweit das Bewusstsein gestärkt, dass Amazonien alle Menschen etwas angeht. Gleichzeitig hätte vor Ort mehr Engagement für ganzheitliche Ökologie eingesetzt, sodass Heilpflanzen und Spiritualität verstärkt im Einklang mit der Natur verwendet werden.
So gilt die kirchliche Versammlung Amazoniens CEAMA als "in der Weltkirche bisher einzigartige Institution". Zusätzlich zur Bischofskonferenz gegründet, zeige sie, dass Synodalität zur Praxis wird, sagte Weiler.
Ein weiterer wichtiger Zusammenschluss sie das kirchliche Panamazonas-Netzwerk REPAM, wo sich Frauen und Männer unter anderem gegen Gewalt und Morde an Frauen einsetzen. "Viele Frauen tragen mutig dazu bei, dass der synodale Weg weitergegangen wird", erzählte die Theologin. Ein thematisches Forum setze sich zudem für volle Teilhabe in einer "Kirche, von der wir träumen" ein.
Zudem seien die Früchte der Gründung einer neuen Schule für Menschenrechte bereits jetzt sichtbar. Viele Männer und Frauen haben die Ausbildung zu Leitenden indigener Gemeinschaften, kirchlicher und zivilgesellschaftlicher Organisationen vor Ort abgeschlossen und würden ihr Wissen und ihre Erfahrungen umsetzen.
Mutiges Ergebnis
Die Theologin führte aus, dass etwa 380 indigene Völker in jenen Gebieten leben, um die es in der Amazonien-Synode ging. Für die indigenen Völker sei die ganzheitliche Ökologie bereits Realität: Der Mensch ist in ein größeres Ganzes eingebunden. Weiler erinnerte an das "mutige Ergebnis" dieser Synode, das im Schlussdokument festgehalten ist: "Angesichts der Notlage des Planeten und des Amazonasgebietes ist die ganzheitliche Ökologie (...) der einzig mögliche Weg. Einen anderen Weg zur Rettung der Region gibt es nicht."
Für die Kirche sei die Selbstverpflichtung, an der Seite der indigenen Völker zu stehen, unumgänglich gewesen. Denn es sei zu respektieren, dass Amazonien das Lebensgebiet der indigenen Völker dort ist. Sie hätten dort so gelebt, dass dieses Gebiet nicht zugrunde ging. Insofern gehe es darum, von ihnen zu lernen, gemeinsam Wege zu gehen und miteinander um die Entscheidungen zu ringen.
Ein gemeinsam geknüpftes Netz mit Fäden unterschiedlicher Farben, wie es während der Amazonien-Synode 2019 mit Papst Franziskus gezeigt wurde, ist für Weiler ein ebenso ein aussagekräftiges Symbol für synodale Kirche wie das gemeinsame Rudern in einem Boot auf dem Amazonas. Weil alles mit allem verbunden ist, seien die Folgen dramatisch, wenn Menschen nicht auf die Welt aufpassen. Insofern sei diese Synode eine ernst zu nehmende Botschaft aus Amazonien heraus in die Welt.
Quelle: kathpress