Theologe: Jesus besaß befreienden Humor
"Lachen ist Teil unseres Glaubens", so das Fazit von Andreas G. Weiß im Interview mit dem Salzburger "Rupertusblatt" (aktuelle Ausgabe). Seine Perspektive zu den Themen Humor und Glaube hat der Fachtheologe und stellvertretende Direktor des Katholischen Bildungswerks Salzburg in seinem neuen Buch "Ausgelacht?! Glaube und die Grenzen des Humors" niedergeschrieben. Denn auch der beste Spaß habe seine Grenzen, meint der Theologe. Die Frage einer Studentin während seiner Lehrtätigkeit in den USA, warum er so viele Witze über seine Kirche mache, habe ihn zum Nachdenken angeregt.
In Bezug auf Jesus, legte sich Weiß fest: "Ich gehe fest davon aus, dass Jesus Humor hatte." Es sei vermutlich eine befreiende, erleichternde Art von Humor gewesen, die Jesus besaß. Humor sei jedoch sehr ambivalent. Im Lachen könne man sich über andere lustig machen und sie gering schätzen. "Ich denke, dass man gerade so etwas bei Jesus nicht erlebt hat", ist Weiß überzeugt. Das zeige sich in seinem Leben und in der Art wie er den Menschen begegnete.
Gleichzeitig sei es wichtig, daran erinnert zu werden, dass jeder Versuch, sich mit Gott auseinander zu setzen, begrenzt ist. "Alles, was wir über ihn sagen, ist immer auch zum Scheitern verurteilt", erklärte der Theologe. Insofern dürfe der Spaß bei den eigenen Gottesvorstellungen nicht aufhören. Denn ein menschlicher Lacher "tastet Gottes Majestät nicht an". Man müsse sich aber fragen: "Darf man sich über andere Menschen - mit ihrem Glauben - verletzend, abwertend lustig machen, ohne dass das Gott berührt?" Das Evangelium sei eindeutig. Die wohl sicherste Art Gott zu beleidigen, sei die eigenen Mitmenschen zu beleidigen.
Satirefähige Glaubende
Bei satirischen Karikaturen würden die inneren Motive eine Rolle spielen, ebenso wie Selbst- und Fremdwahrnehmung. Es gelte, kritisch zu hinterfragen, was die Satire aus welchem Grund zum Thema macht. "Nicht jeder religiöse Humor ist gut", befand Weiß. Generell mit religiöser Satire ein Problem zu haben, sei jedoch "der falsche Ansatz". Der Glaube an einen Gott, der Mensch geworden ist, der sich selbst dem Spott und Widerspruch ausgesetzt hat, lege die Basis, um satirefähig zu sein: "Ich muss mich dem offenen Widerspruch aussetzen. Das gilt meiner Meinung nach heute unterschiedslos für alle Religionen."
Dass der Sinn für Humor in der katholischen Kirche schon in früheren Zeiten nicht immer so gegeben war, würden die platonisch geprägten Mönchstraditionen im frühen Mittelalter zeigen: "Da herrschte die Meinung, dass Lachen eine niedere körperliche Aktivität sei, mit der man nichts zu tun haben wollte." In der Volkstradition habe sich das Lachen aber nie auslöschen lassen. Nach der Fastenzeit etwa, beim "Osterlachen", sollten die Gläubigen erleben: Im Christentum kann man Humor erfahren, "Lachen ist Teil unseres Glaubens".
Humor als Fundamentalismus-Prävention
Die katholische Kirche solle vielerorts selbstkritischer sein, so die Meinung des Salzburger Theologen: "Oftmals will man sich nicht eingestehen, dass man blinde Flecken, wunde Punkte und offene Fragen in der eigenen Weltsicht hat." Gerade dort, wo satirische Fragestellungen ausgeklammert und ins Tabu gerückt werden sollen, finde sich ein Zeichen, dass etwas aufgearbeitet gehört. "Am Grad der Humorlosigkeit oder der Unfähigkeit, über sich selbst zu lachen, erkennt man nicht selten fundamentalisierende Tendenzen im Glauben", erklärte Weiß abschließend. (Info: www.herder.de/autoren/w/andreas-g-weiss)
Quelle: kathpress