Bischof Schwarz: Kirche ist wichtiges Korrektiv für Politik
Die Kirche ist nicht nur in ethischen Fragen ein wichtiger Gesprächspartner und Mahner der Politik, sondern auch in Fragen der demokratischen Basisvollzüge, der Orientierung am Gemeinwohl sowie der politischen Sprachkultur: Das hat der St. Pöltner Bischof Alois Schwarz bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen der "Raimundspiele Gutenstein" betont. Die Diskussion, die bereits am 8. August stattfand, jedoch erst am Sonntagabend, 22. August, in einer Zusammenfassung in "Radio Niederösterreich" gesendet wurde, stellte ein neues Gesprächsformat der Raimundspiele dar. Schwarz diskutierte mit dabei mit den Altlandeshauptleuten Erwin Pröll und Michael Häupl, der Kurier-Journalistin Daniela Kittner und der Schauspielerin Erika Pluhar über Frage "Wie gefährdet sind unsere Demokratien?"
Einer Definition des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) zufolge könne Politik als "die vornehmste Form der Nächstenliebe" verstanden werden, erinnerte Schwarz - und verwies damit zugleich auf die Ex-Politiker Pröll und Häupl, die bei aller inhaltlichen Divergenzen stets den Respekt voreinander nicht verloren hätten. Diskussionen seien zwar mit aller inhaltlichen Härte zu führen - "davon lebt Demokratie" -, jedoch gelte es, "einer Verrohung der Sprache entgegenzuwirken", so Schwarz. Dies sei auch Aufgabe der Christen in der Politik, mahnte der Bischof. "Ich vermisse diesen Respekt voreinander. Wenn man sich als Mensch respektiert, dann hält man auch andere Meinungen aus. Schließlich arbeiten wir alle an einer gemeinsamen Sache - nur von verschiedenen Seiten."
Zudem betonte Schwarz, dass öffentliches Engagement im politischen Raum nicht in erster Linie Aufgabe "der Kirche" sei, sondern Aufgabe aller Christen, sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Auf die Frage, ob denn die Kirche gerade in der Pandemie zu zurückhaltend und zu leise war, sagte Schwarz: "Wir sind als Kirche oft leise, still; aber unsere Aufgabe besteht ja darin, bei den Menschen zu sein. Wir sind eine Religion der Nähe, das ist unser Grundauftrag." Unzählige ehrenamtlich in den Pfarren engagierte Menschen seien in Zeiten des Lockdowns entsprechend "nicht in der Kirche gewesen, aber Gott sei Dank bei den Menschen", so Schwarz.
Kritik am aktuellen "politischen Stil" äußerten auch die Altlandeshauptleute Pröll und Häupl: "Unter uns hat es einen derartigen Stil nicht gegeben", konstatierte etwa Pröll mit Verweis auf sein Gegenüber Michael Häupl. Die wichtigsten Grundregeln der Politik - der gegenseitige Respekt und das Zueinander von demokratischen Rechen und Pflichten - komme zunehmend abhanden. In Folge würden persönliche Befindlichkeiten in der Politik in den Vordergrund gestellt und die Bereitschaft und Fähigkeit zum Kompromiss komme abhanden. Zum schlechten Stil gehöre es zwar auch, als Altpolitiker "wie ein Balkon-Muppet" in den politischen Zirkus mit Ratschlägen hineinzurufen, aber wenn er gefragt werde, nehme er auch heute kein Blatt vor den Mund, so Häupl. Dies gelte vor allem bei Themen, die ihm wichtig seien, wie Kinderarmut oder die Frage der Abschiebung von integrierten, in Österreich geborenen Kindern.
Besorgt um die demokratischen Grundwerte zeigten sich die Journalistin Kittner und die Schauspielerin Pluhar: Es mache ihr Sorgen, wie leicht die Pandemie-Ängste von rechten Politikern aufgegriffen und instrumentalisiert würden, so Pluhar; konkrete Problemlagen etwa beim Umgang mit politischer Transparenz aber auch bei der Rekrutierung des politischen Nachwuchses ortete hingegen Journalistin Kittner.
Quelle: kathpress