Armee im Auftrag der Gottesmutter: 100 Jahre "Legio Mariae"
Ein Hintergrundbericht von Alexander Brüggemann (KNA)
Dublin vor 100 Jahren war nicht unbedingt ein lieblicher Ort. Eher ärmlich und rau, klimatisch wie gesellschaftlich. Frank Duff, ein Jesuitenschüler und Angestellter im Finanzministerium, wollte zumindest einige der sozialen Härten lindern - und gründete dafür eine Armee. Der 7. September 1921 ist die Geburtsstunde der "Gemeinschaft Unserer Lieben Frau von der Barmherzigkeit", die ab 1925 als "Legio Mariae" (lateinisch für "Legion Mariens") bekannt wurde.
Ziel war eine neue Form des sogenannten Laienapostolats, also einer Christus-Nachfolge im Sinne der Apostel - und zwar so, wie es der junge Duff (1889-1980) schon in den Jahren zuvor praktiziert hatte. 1913 war er der Vinzenz-von-Paul-Gesellschaft für Männer beigetreten, die sich die Linderung der Armut in Dublin zur Aufgabe gemacht hatte. Schon damals begann Duff mit Hausbesuchen und der Seelsorge auf der Straße. Ab 1914 besuchte er bis zu seinem Tod bis auf wenige Ausnahmen jeden Tag die Messe.
Ähnlich gehört es auch zu den Regeln von Anfang an: Zum gemeinsamen Gebet und den wöchentlichen Treffen der "Legion" - "Vereinigung" genannt - sind alle Mitglieder (Legionäre) verpflichtet. Zu zweit besuchen sie wöchentlich für mindestens ein bis zwei Stunden Kranke, Bedürftige und Gefangene. Sie engagieren sich in Katechese und Jugendbildung, helfen bei der Alphabetisierung von Einwanderern; organisieren Wortgottesdienste und Gebetstreffen dort, wo ein Priester fehlt.
Die Gemeinschaft folgt einer marianischen Frömmigkeit, die auf das helfende Eingreifen des Heiligen Geistes und Marias setzt. Täglich gebetet wird die "Catena Legionis" (Gebetskette der Legion), ein alle verbindendes Mariengebet. Betende Mitglieder oder "Hilfslegionäre" unterstützen die Legion durch tägliches Beten des Rosenkranzes und der Legionsgebete. Als "Prätorianer" werden Mitglieder bezeichnet, die zusätzlich zum Pensum der Legionäre täglich die Heilige Messe mitfeiern sowie das Stundengebet und den Rosenkranz beten.
Militärische Terminologie
Die straffe Organisation greift tatsächlich auf das römische Heer zurück, von dem auch die Terminologie stammt. Die bekannte Statue der "Legio Mariae", "Vexillum Legionis" genannt, ist eine Adaptation der Standarte römischer Legionen. Mitglieder waren zunächst Frauen und ab 1929 auch Männer. Bald begann auch das sogenannte Straßenapostolat: ab 1922 mit dem Sancta Maria Hostel für ehemalige Prostituierte, 1927 mit dem Morning Star Hostel für obdachlose Männer und 1930 mit dem Regina Coeli Hostel für ledige Mütter, alle ehrenamtlich von Legionären geführt.
Die Organisation breitete sich zunächst in Irland aus, ab 1928 in Schottland. 1928 verfasste Frank Duff als verpflichtende Grundordnung das "Handbuch der Legion". Diese Form der Christus-Nachfolge war für die damalige Zeit sehr ungewöhnlich und stieß bei vielen Bischöfen vor Ort zunächst auf Bedenken und Vorbehalte. Papst Pius XI. aber sprach 1931 eine ausdrückliche Empfehlung aus, nachdem Duff ihm sein Projekt in einer Audienz vorstellen konnte. Dies sei "ein wunderbares und heiliges Werk".
Von Irland und Schottland breitete sich die "Legion" nun auch in England, ab 1931 in Indien und den USA aus. Besonders der Eucharistische Weltkongress 1932 in Dublin verschaffte der Laienapostolats-Bewegung Bekanntheit, auch in Australien, Kanada und der Karibik. 1933 entstand das erste Präsidium in Afrika, ab 1937 gab es Legionsgruppen in China, die später von den Kommunisten unter Mao Zedong zerschlagen wurden. Viele Legionäre starben in chinesischer Haft. Heute ist die Legion Mariens in mehr als 170 Ländern verbreitet.
Predigtreihe gab Zündfunken
In Österreich fasste die Legion Mariens Anfang 1949 Fuß, als Kardinal Theodor Innitzer als Wiener Erzbischof war. Ausschlag gab dabei eine marianische Predigtreihe des Priesters und Philosophen Friedrich Wessely, die sich auf den damals eben erst heilig gesprochenen Marienverehrer Ludwig Maria Grignion von Montfort (1673-1713) bezog. Ein Kreis von zunächst 18 Personen entstand, die Tür-zu-Tür-Besuche machten, Konvertiten betreuten und Kinder auf die Erstkommunion vorbereiteten.
Binnen zwei Jahren entfaltete sich eine rege Tätigkeit mit Gruppen in allen Diözesen. Ab 1957 waren Mitglieder aus Österreich auch in der Tschechoslowakei, Ungarn und Jugoslawien sowie in Polen, Rumänien, Moldawien und Bulgarien tätig und trugen dort entscheidend zur Ausbreitung der Legion bei. Seit 2008 ist der Senatus Österreich offiziell auch für die Legion Mariens in der Ukraine zuständig.
Eine Österreicherin spielte jedoch schon zuvor beim Aufbau der "Legio Mariae" in den Diözesen Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg eine Rolle: Die Übersetzerin Hilde Firtel (1910-1991), die aus jüdischem Elternhaus stammte und später zum Katholizismus übertrat. Als angehende Musikerin lebte sie nach dem "Anschluss" 1938 in Italien und Großbritannien, wo sie die "Legion" kennenlernte, ehe sie dann 1945 als Angehörige der US Army nach Deutschland kam.
Laien an der Spitze
Kleinste Organisationseinheit der Gemeinschaft ist das sogenannte Präsidium, das zu seiner Gründung die Zustimmung sowohl des Ortsbischofs wie des örtlichen Pfarrers benötigt. Das Präsidium wird von einem (weiblichen oder männlichen) Laien geführt. In der allwöchentlichen Versammlung berichten die Mitglieder von ihrer Arbeit und erhalten neue Order.
Jedes Präsidium ist einem höheren Rat unterstellt. Diese Räte - Curia, Comitium, Regia und Senatus genannt - besuchen die Präsidien regelmäßig zur Überwachung der Einhaltung der Legionsregeln. Oberster Rat ist das Concilium Legionis in Dublin. Weltweit zählt die Gemeinschaft heute nach eigenen Angaben weltweit etwa 2,2 Millionen aktive Legionäre sowie rund 10 Millionen Hilfslegionäre. 1998 wurde in der Erzdiözese Dublin der Seligsprechungsprozess für Frank Duff eröffnet.
Website der "Legio Mariae Österreich"
Quelle: Kathpress