Hubert von Goisern: Jesu Biografie hatte keine "dunklen Flecken"
Jesus ist für den österreichischen Allroundkünstler Hubert von Goisern der einzige Religionsgründer, "an dem ich nichts auszusetzen habe". Er schätzt die "Geradlinigkeit", mit der Jesus gelebt habe. In dessen Biografie gebe es - anders als etwa bei Mohammed oder Moses - keine "dunklen Flecken", sagte der religiös interessierte Musiker, der als Hubert Achleitner auch als Romancier ("Flüchtig", 2020) Erfolg hat, im Interview der Nachrichtenagentur Kathpress (Donnerstag). Über den Propheten Mohammed wisse Achleitner, dass er lange "mit dem Schwert gelebt" und auch Leute niedergemetzelt habe. Auch Moses sei "kein Lercherl" gewesen - wobei Kritik an dieser Zentralgestalt des Judentums freilich "sehr vermintes Terrain" sei.
Probleme habe er mit der "künstlichen Überzeichnung" der Person Jesu, die bereits mit den Evangelien eingesetzt habe, so Hubert von Goisern weiter. Er tue sich mit dem Christus schwer, "mit dem Jesus bin ich d'accord". Es sei für ihn noch viel wertvoller, den Menschen Jesus als Vorbild zu haben - statt "dieser überhöhten Christus-Figur, die im Grunde genommen unerreichbar ist für einen Menschen".
Von Dharamsala bis zum Nonnberg
Sein großes Interesse an spirituellen Traditionen und deren inspirierender Kraft hat den Musiker, wie er erzählte, an Orte wie das buddhistische Kloster Dharamsala in Indien geführt, den Koran lesen und die Mönchsrepublik am Berg Athos durchwandern lassen, auch in heimischen Klöstern wie Stift St. Florian oder Benediktinerinnenabtei Nonnberg habe er als Gast mitgelebt. "Ich fühle mich als Christ, auch wenn ich aus der katholischen Kirche ausgetreten bin", zitierte Hubert von Goisern sich selbst auf seiner Website aus einem Interview. Religion sei "fast sowas wie die Hautfarbe: Die hast du vererbt bekommen und trägst sie dein ganzes Leben lang." Seinen Kirchenaustritt begründete er mit der Unfehlbarkeit des Papstes, der jungfräulichen Geburt Marias, den "patriarchalischen Strukturen" - Dinge, an denen "kein erwachsener Mensch mehr festhalten" könne.
Auf dem Berg Athos habe er orthodox-christliche Spiritualität erlebt, "in einem unglaublich dichten Umfeld, wo nichts ablenkt". Fasziniert und inspiriert sei er auch von Dharamsala am Fuß des Himalaya gewesen, dessen Kloster vom Dalai Lama eingeweiht wurde. Bei der Teilnahme am Stundengebet im Chorherrenstift St. Florian falle ihm auf den Kopf, "dass ich verstehe, was die beten". Bei Psalmen, in denen Feinden auf brutal-blutrünstige Weise Vernichtung zugesagt wird, habe er den Gastgebern seine Vorbehalte mitgeteilt: Das sei wie ein Mantra und mache etwas mit dem oder der Betenden - "auch wenn gesagt wird, das ist ja nur ein Bild und kommt aus uralter Zeit". Einen "Prozess der Erneuerung und Reinigung" bei den geistlichen Gesängen und Ritualen der Kirche halte er für erforderlich, erklärte Hubert von Goisern.
Als Beispiel für zeitgemäße geistliche Musik, die Spiritualität glaubhaft und stimmig widerspiegelt, nannte der Musiker den französischen Komponisten Olivier Messiaen (1908-1992). Früher habe er selbst mit dem Gedanken gespielt, eine Messe zu schreiben, sei aber wieder davon abgekommen, da er nur mehr selten Kirchen besuche. "Vielleicht kommt es irgendwann wieder." Dafür seien entsprechend geänderte Texte gar nicht unbedingt nötig, meinte Hubert von Goisern. Es gehe wie bei einem Jodler auch ohne Text, mit nur der Stimme als Instrument.
Die Kraft von Stille und Muße
Für den Musiker haben auch die Stille und die Muße eine wichtige spirituelle Dimension: Er habe ein "Komponier-Schreib-Haus" in Goisern (Oberösterreich), gekauft von seinem ersten Geld nach den Erfolgen mit den "Alpinkatzen". Dort halte er sich oft auf, unabgelenkt von Radio oder Fernsehen: "Ich kann dort stundenlang sitzen und es ist still. Und das ist gut so."
Während der Pandemie sei es ihm "sehr gut" gegangen, berichtete der Musiker. Er schäme sich ein bisschen dafür, da Kollegen und Kolleginnen von ihm deutlich mehr unter den Lockdowns im Kulturbetrieb gelitten hätten. Er habe auch keine existenziellen Sorgen gehabt und sehe es zudem als "eines der Privilegien des Alters", gelassener mit solchen Krisen umzugehen, sagte Hubert von Goisern. Als am Land Lebender habe er die Ruhe zu Beginn der Pandemie genossen und intensiv die Natur erlebt, mehr Skitouren absolviert als in den zehn Jahren davor.
Eine geplante Tournee habe zweimal verschoben werden müssen. Das habe seine Begleitmusiker schwerer getroffen als ihn. Er habe ihnen Vorschuss zugesagt im Wissen: "Irgendwann werden wir spielen." Das wird nun 2022 mit zahlreichen Konzerten im ganzen deutschsprachigen Raum der Fall sein.
Im Schaffen des Musikers gibt es laute, rockige Lieder ebenso wie leise, zurückgenommene Töne. Dazu Hubert von Goisern: "Eigentlich bin ich nur auf der Bühne und im Studio laut, ansonsten eher introvertiert", auch unter die Leute sei er schon als Bub nicht gerne gegangen. In der Natur erlebe er eine stille Spiritualität als eine Art Hören auf die "innere Stimme", die man dann wahrnehme, wenn das Laute außen herum weg ist. "Wenn's ganz still wird und man nur ein Zirpen hört oder das Geräusch des Windes... - das bekommt dann so eine Magie und dann höre ich auch mir selber leichter zu", so der Künstler wörtlich. Üblicherweise gehe einem viel durch den Kopf, "und erst, wenn man merkt, wie es da summt in einem, kann man etwas dagegen tun und loslassen". (Info: https://www.hubertvongoisern.com)
Quelle: kathpress