Telefonseelsorge OÖ: Verlusterfahrungen ins Leben integrieren
Während der Pandemie mussten sich viele Menschen verstärkt mit der eigenen Verletzlichkeit auseinandersetzen. Auf psychische Folgen von Verlusterfahrungen und Strategien im Umgang mit solchen Krisen hat die Telefonseelsorge OÖ im Vorfeld des am Sonntag stattfindenden "Welttags für psychische Gesundheit" hingewiesen. Betroffen könne davon jeder und jede sein, hieß es bei einer Pressekonferenz im OÖ Presseclub: Auch bei Personen mit guten Fähigkeiten in der Krisenbewältigung könnten dieselben phasenweise eingeschränkt sein, erläuterte Prim. David Oberreiter, Vorstand des Instituts für Psychotherapie am Kepler Universitätsklinikum Linz, laut einer Aussendung der Diözese Linz.
Im Rahmen einer Depression etwa habe man kaum Zugang zu Fähigkeiten, die eine gute Bewältigung von Verlustereignissen ermöglichen, sagte Oberreiter. Man fühle sich schneller belastet, sei unflexibler im Gedankengang, fühle sich durch kleine Belastungen schon "übermäßig bedrückt" und sehe kaum positive Zukunftsperspektiven. "Man fühlt sich hoffnungslos", beschrieb Oberreiter den Gefühlszustand von Menschen mit derartigen Erfahrungen. Er verwies auf das soziale Umfeld, das in einer Krise wichtigen Halt geben könne. "Einfühlsame, anteilnehmende Mitmenschen sind eine gute Ressource, um Verluste gut bewältigen zu können", bekräftigte der Facharzt.
Menschen in schwierigen Lebenssituationen oder Krisen leben oft in einer "Parallelwelt", berichtete Barbara Lanzerstorfer-Holzner von der Telefonseelsorge OÖ über die seelische Verfasstheit von Betroffenen. Traumatische Erfahrungen ließen sie oft schmerzlich spüren, derzeit nicht Teil der "normalen" oder "heilen" Welt zu sein. "Viele unserer Anrufenden empfinden sich als außenstehend. Ihr Vertrauen in sich selbst und die Welt, ihr Lebensmut, ihre psychische und physische Energie haben Schaden genommen oder können kaum mehr aufrechterhalten werden", schilderte die Expertin.
Umso mehr benötigen Menschen in Krisen "die Beruhigung und Gewissheit, dass sie irgendwann einmal die schwierige Lebenssituation bewältigen können, in der sie sich gerade befinden", unterstrich Silvia Breitwieser, Leiterin der Telefonseelsorge OÖ. Denn: "Selbstwirksamkeit ist essenziell für die psychische Gesundheit. Entsteht der Eindruck ,Ich kann nichts tun!', führt das zu Ohnmachtsgefühlen, die die Überforderung noch verstärken."
Förderlich sei alles, was die eigene Handlungsfähigkeit in kleinen Schritten wieder erhöht, erklärte Breitwieser. Gerade in schwierigen Situationen und Krisen helfe ein Gespräch, in dem es jedoch "nicht darum geht, schnelle Lösungen zu finden", sondern vielmehr darum, sich einem Gegenüber mitteilen zu können, das "ganz uneigennützig Anteil nimmt, sich einfühlt, gegebenenfalls das Schweigen aushält - und das alles mit vollster Aufmerksamkeit". Durch das Benennen der eigenen Gefühle ordnen sich Gedanken und Emotionen, Perspektiven zeichnen sich ab.
Zur Telefonseelsorge: Unter der Rufnummer 142 können Anrufende aus ganz Österreich an allen Tagen des Jahres rund um die Uhr mit einer neutralen Person über ihre Sorgen, Ängste und Nöte sprechen. Das Angebot ist vertraulich und kostenlos. Wer lieber schreibt, kann sich an die Chatberatung www.onlineberatung-telefonseelsorge.at wenden. Am Freitag, 22. Oktober findet von 9 bis 17 Uhr eine Fachtagung mit Vorträgen und Workshops im Bildungshaus Schloss Puchberg (OÖ) zum Thema "Verändert - Leben mit Verlust und Tod" statt.
Quelle: kathpress