"Musikant Gottes": Vor 125 Jahren starb Anton Bruckner
"Katzenjammerstil": Klar fiel das Urteil des Wiener Kritikers Eduard Hanslick über Anton Bruckners Musik aus. Sie sei "unnatürlich aufgeblasen, krankhaft und verderblich". Auch Kollege Johannes Brahms konnte keine gute Note an Bruckners Tönen finden. Heutzutage ist der Romantiker ein ganz Großer: Wegen sakraler Werke wie Messen, Motetten und dem berühmten "Te Deum" - und wegen seiner neun Sinfonien. Aufgrund seines Glaubens ist Bruckner immer wieder im Gespräch für ein Seligsprechungsverfahren. Am 11. Oktober jährt sich sein Todestag zum 125. Mal.
Geboren wurde er am 4. September 1824 als erstes von zwölf Geschwistern im oberösterreichischen Ansfelden. Schon als Kind spielte er Orgel, Klavier und Violine. 1837 ging er als Sängerknabe in das Stift St. Florian der Augustiner Chorherren nahe Linz mit dem Ziel, Lehrer zu werden. Das glückte, und so wirkte er dort von 1845 an zehn Jahre als Lehrkraft. Musikalisch hochgebildet übernahm Bruckner 1848 den Posten als Stiftsorganist, 1855 den des Organisten im Alten Dom in Linz, der Ignatiuskirche.
In der oberösterreichischen Landeshauptstadt nahm er Unterricht bei Theaterkapellmeister Otto Kitzler. Von ihm lernte er die Musik von Ludwig van Beethoven und Richard Wagner sowie moderne Kompositionstechniken kennen. Mit den Messen in d-Moll, e-Moll und f-Moll und seiner Sinfonie Nr. 1 in c-Moll setzte er die ersten meisterlichen Duftmarken. Trotz guter Kritiken blieben die Werke aber ohne große Resonanz. Um das zu ändern, zog Bruckner 1868 nach Wien und arbeitete am Konservatorium.
Dort fand seine Lehrtätigkeit als Professor für Musiktheorie großen Anklang, die Virtuosität seines Orgelspiels führt ihn zu Konzerten nach Nancy, Paris und London. Schwieriger wurde es für ihn, als er seine Sinfonien in Anschlag brachte. Die Kritik, allen voran Hanslick, konnte mit den Werken jenseits der Wiener Klassik nichts anfangen.
Den Durchbruch schaffte Bruckner als Komponist erst 1884 mit der Sinfonie Nr. 7. Drei Jahre später folgte die achte. Zunehmend machten ihm aber Herzschwäche und Diabetes zu schaffen. Er verließ das Konservatorium und arbeitete an der Komposition von Sinfonie Nr. 9 - ab 1895 in einer vom Kaiser mietfrei überlassenen Wohnung im Schloss Belvedere. Nach drei Sätzen und einem angefangenen vierten war Schluss, das Werk in d-Moll blieb unvollendet: Am 11. Oktober 1896 starb Bruckner.
Bekannt wurde er durch seine Sinfonien. In der Weiterentwicklung der Gattung war er im Gegensatz zu Brahms, der sich von der Kammermusik leiten ließ, von der Orgel inspiriert und damit auf den Orchesterklang ausgerichtet. Die Verwendung von Barockelementen, harter Harmonik und dem "Bruckner-Rhythmus", in dem meist zwei Viertelnoten mit einer Triole verbunden sind, verleihen den Stücken eine feierliche, monumentale Dramatik, die Klangkathedralen entstehen lässt.
Neben den Sinfonien schuf Bruckner, auch "Musikant Gottes" genannt, geistliche Musik wie das "Te Deum", weltliche Chorwerke und kammermusikalische Stücke wie das Streichquintett in F-Dur. Sein Werk hatte großen Einfluss auf Gustav Mahler, Jean Sibelius und Paul Hindemith. Auch die Nazis fanden Gefallen an Bruckner, der wie Adolf Hitler aus Oberösterreich stammte und Wagner liebte. Heutzutage steht Linz mit dem Bruckner Orchester und dem Brucknerfest ganz im Zeichen des berühmten Sohnes.
Bekannt war er nicht nur als Musikschaffender, sondern auch als Sonderling. Neben seinem Zwang, alles zu zählen und zu vermessen, war die gegenseitige Antipathie zwischen dem oft als Provinzler verspotteten Katholiken und Brahms, dem Hanseaten und Protestanten, legendär.
Dennoch teilten sie ein Stammlokal: "Zum Roten Igel" unweit des Stephansdoms. Bei einem von Freunden initiierten Treffen entdeckten sie ihr gemeinsames Lieblingsgericht: Knödel mit Geselchtem. Eher unappetitlich empfanden Zeitgenossen Bruckners Vorliebe für das Morbide. Er war gern auf Friedhöfen unterwegs und schaffte es, sowohl Beethovens wie Franz Schuberts Schädel bei Umbettungen zu berühren.
Quelle: kathpress