Neues "Sterbeverfügungsgesetz" eröffnet Schwerkranken Suizidbeihilfe
Die Regierung hat sich auf eine gesetzliche Neuregelung der Sterbehilfe in Österreich geeinigt und am Samstag den Entwurf für ein "Sterbeverfügungsgesetz" vorgelegt. Wer Beihilfe zum Suizid in Anspruch nehmen will, kann demnach ab 2022 eine Sterbeverfügung errichten. Der Zugang ist auf dauerhaft schwerkranke oder unheilbar kranke Personen beschränkt. Ausdrücklich ausgeschlossen sind Minderjährige. Das dafür nötige letale Präparat wird in Apotheken erhältlich sein. Begleitend kommt ein Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung und eine entsprechende Finanzierung, wie in einer von der Regierung veröffentlichten Medieninformation ausgeführt wird.
Das neue "Sterbeverfügungsgesetz" ist notwendig geworden, da der Verfassungsgerichtshof (VfGH) das Verbot des assistierten Suizids in Österreich mit Ende 2021 aufgehoben hat - nicht jedoch das Verbot der aktiven Sterbehilfe. Wäre bis zum Jahresende nichts geschehen, so wäre die Beihilfe zur Selbsttötung ab dem kommenden Jahr erlaubt gewesen, ohne dass es dazu weitere Regelungen gegeben hätte. Zahlreiche Institutionen vor allem aus dem medizinischen Bereich, aber auch die Katholische Kirche und andere Religionsgemeinschaften haben daher auf eine rechtliche Absicherung gedrängt, damit es nicht zu Missbrauch kommt.
Höchstpersönliche Sterbeverfügung
Mit dem neuen Gesetz, dessen geplanten Eckpunkte Justizministerin Alma Zadic (Grüne), Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) am Samstag laut APA in einem Hintergrundgespräch vorstellten, wird nun der Rahmen für die Beihilfe zur Selbsttötung streng limitiert geregelt. Eine "Sterbeverfügung", mit der man sich zur Möglichkeit des assistierten Suizids entscheidet, kann nur "höchstpersönlich" vom Betroffenen selbst errichtet werden. Berechtigt dazu ist jede dauerhaft schwerkranke oder unheilbar kranke Person. Diese muss volljährig und entscheidungsfähig sein. Für Minderjährige ist dieser Weg ausgeschlossen.
Notwendig, um eine Sterbeverfügung (bei Notaren oder Patientenanwälten) zu errichten, ist die Aufklärung durch zwei Ärzte. Einer davon muss über eine palliative Qualifikation verfügen. Auch die Entscheidungsfähigkeit der sterbewilligen Person muss ärztlich bestätigt werden. Zweifelt dabei ein Arzt, so muss zusätzlich ein Psychiater oder Psychologe beigezogen werden. Auch ist vor der Errichtung der Verfügung eine Frist von zwölf Wochen einzuhalten. Ziel ist die Überwindung von akuten Krisenphasen. Sollten Personen allerdings nur eine sehr geringe Zeit (etwa wenige Wochen) zu leben haben, dann verkürzt sich diese Frist auf zwei Wochen.
Eine aufrechte Sterbeverfügung berechtigt sterbewillige Personen, ein letales Präparat in einer Apotheke abzuholen. In der Verfügung kann auch eine Person bestimmt werden, die dieses Mittel für den Betroffenen abholt, etwa wenn dieser nicht mobil ist. Auch eine Zustellung durch die Apotheke ist möglich.
Das Präparat (das der Gesundheitsminister per Verordnung festlegt) muss selbstständig zugeführt werden. Sollte man nicht in der Lage sein, das Mittel oral einzunehmen (z.B. bei Schluckproblemen), ist auch eine andere Gabe, etwa über eine Sonde möglich. Allerdings muss in diesem Fall der Betroffene selbst diese Sonde auslösen. Dieser Punkt der selbstständigen Auslösung ist wichtig, da es dabei um die Abgrenzung zur aktiven Sterbehilfe geht, die weiterhin verboten ist. Betont wurde am Samstag seitens der Regierung, dass niemand verpflichtet ist, Sterbehilfe zu leisten. Auch Apotheker dürfen nicht zur Abgabe des Präparats verpflichtet werden.
Straffrei bleibt Sterbehilfe definitiv nur über den Weg des in den Apotheken künftig erhältlichen Medikaments und über den skizzierten Ablauf, betonten die Regierungsvertreter. Aber auch hier gibt es Einschränkungen: Bei Minderjährigen, aus verwerflichen Gründen (wenn man etwa aus Habgier hilft), bei Personen die nicht an einer schweren Krankheit leiden sowie wenn keine ärztliche Aufklärung erfolgt, ist auch dieser Weg verboten.
Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung
Begleitend zum Sterbeverfügungsgesetz kommt es zu einem Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung. Dazu soll ein eigener Fonds errichtet werden. Ab dem Jahr 2022 stellt der Bund den Ländern jährlich einen Zweckzuschuss zur Verfügung, vorgesehen ist eine Drittelfinanzierung durch Bund, Länder und Gemeinden. 2021 gibt es vom Bund 21 Mio. Euro, 2023 dann 36 Mio. Euro und 2024 51 Mio. Euro. Schöpfen Länder und Gemeinden die vollen Mittel aus, stünden damit etwa 2024 insgesamt 153 Mio. Euro zur Verfügung. Aktuell gibt es laut Regierungsinformationen seitens des Bundes sechs Mio. Euro pro Jahr, inklusive Land - und Gemeindemitteln also 18 Mio. Euro.
In Kraft treten soll die Neuregelung laut den Plänen per 1. Jänner 2022. Für die Umsetzung ist noch der Beschluss im Parlament notwendig, der im Dezember erfolgen soll.
Quelle: Kathpress