Kardinal Schönborn:
Dank für Krätzls "Dienst, Zeugnis, Treue und auch Mut"
Kardinal Schönborn:
Dank für Krätzls "Dienst, Zeugnis, Treue und auch Mut"
Mit einem Dankgottesdienst für den emeritierten Weihbischof Helmut Krätzl hat die Erzdiözese Wien das langjährige priesterliche und bischöfliche Wirken des Jubilars gewürdigt, der am Samstag seinen 90. Geburtstag feiert. Bei der Festmesse am selben Tag im Stephansdom dankte Kardinal Christoph Schönborn dem Jubilar ausdrücklich "für Dienst, Zeugnis, Treue und auch Mut" und sagte: "Das Entscheidende sieht man nur im Herzen. Was Dein priesterlicher und bischöflicher Dienst im Herzen bewegt hat, das kennt nur Gott allein." Der Festprediger, der Jesuit Elmar Mitterstieler, skizzierte die wichtigsten Stationen im Leben des Jubilars, seine Lebensthemen sowie den Stellenwert der Eucharistie im Glauben, Denken und Wirken Krätzls.
Ausdrücklich erinnerte Mitterstieler daran, dass Krätzl "einer der letzten Zeitzeugen des Konzils" sei, der die Beschlüsse dann als Pfarrer und Weihbischof auch umgesetzt habe. Trotz gesundheitlicher Einschränkungen sei der emeritierte Weihbischof nach wie vor in der Gesellschaft "höchst präsent", so Mitterstieler zum Jubilar gewendet, der im Rollstuhl sitzend die Messe mitfeierte.
Krätzls vorrangiges Interesse habe immer den "Lebensthemen der Kirche" gegolten: der Erneuerung der Kirche im Sinne des Konzils, der Ökumene, der Beziehung zum Judentum einschließlich der Aufarbeitung des unrühmlichen christlichen Antijudaismus sowie den Lebensthemen Bildung und Schule. Davon zeugten nicht nur Krätzls reiche Vortragstätigkeit und seine zahlreichen Publikationen.
Leben mit und aus der Eucharistie
Das zentrale Lebensthema für Krätzls sei aber seine tiefe Beziehung zum Sakrament der Eucharistie, unterstrich Mitterstieler und verwies auf das vom Wiener Weihbischof verfasste Buch mit dem Titel "Das Brot des Lebens. Mein Weg mit der Eucharistie". Darin mache Krätzl deutlich, dass die Eucharistie nicht nur das Brot seines Lebens mit der Kirche sei. "Sie verändert die Welt, ist Prüfstein für die Ökumene" und sei Schlüssel bei der Neuevangelisierung und der Erneuerung der Kirche.
Für Krätzl sei Eucharistie "die denkbar demütigste Antwort Gottes auf alles Unsrige", die Unzulänglichkeit und Abgründigkeit des Menschen. Die Kirche dürfe daher auf keine andere Macht setzen und vertrauen, als auf die Eucharistie. "Ich träume von einer Kirche, die die Welt nicht beherrschen, sondern ihr dienen will", diese Worte Krätzls und sein Anliegen um eine demütige Kirche teile der Jubilar mit Papst Franziskus und vielen in der Kirche, so Mitterstieler resümierend.
Am Ende des Gottesdienstes ergriff Weihbischof Krätzl selbst das Wort und sprach einen sehr persönlichen Dank an die Mitwirkenden der Feier und die zahlreichen Personen aus seinem Umfeld - darunter auch den beiden 24-Stunden-Pflegekräften aus der Slowakei - aus. "Wer hat mich geformt, wer hat mir die Freude im Glauben geschenkt", fragte der Kirchenmann und bekannte: "Meine Mutter, die mich zu einer kindlichen Liebe zur Eucharistie geführt hat, und meine Heimatpfarre St. Ulrich in Wien". Er sei rückblickend erstaunt über das Vertrauen, das ihm von den Kirchenoberen zeitlebens gewährt wurde. Zugleich sei er sehr vielen dankbar, die ihm bei der Erfüllung der anvertrauten Aufgaben unterstützt haben.
Zum Abschluss spendeten Kardinal Schönborn und Weihbischof Krätzl auf ausdrückliche Bitte des Erzbischofs gemeinsam den zahlreichen Mitfeiernden den Segen. Der Festgottesdienst "im unüblich für Corona-Zeiten stark besuchten Dom", wie der Kardinal eingangs feststellte, wurde auf Radio Klassik Stephansdom sowie via Livestream auf dem YouTube-Kanal der Erzdiözese Wien übertragen.
An der Seite Kardinal Königs
Helmut Krätzl wurde am 23. Oktober 1931 in Wien als Jüngster von vier Geschwistern geboren. Die Matura legte er 1949 am Wasa-Gymnasium ab und studierte infolge bis 1954 an der Universität Wien Theologie. Schon als Kind sei er von der Liturgie fasziniert gewesen, so Krätzl. Sehr früh sei in ihm der Wunsch erwacht, Priester zu werden. 1954 wurde er schließlich zum Priester geweiht.
Nach zwei Jahren als Kaplan in Baden wurde Krätzl 1956 dem neuen Wiener Erzbischof Franz König als Zeremoniär zugeteilt. Seither war er mit Unterbrechungen in verschiedenen Funktionen immer an der Seite von Kardinal König. 1959 erwarb Krätzl in Wien sein erstes Doktorat in Theologie. (1964 erfolgte das Zweite im Fach Kirchenrecht.)
1960 war Krätzl gemeinsam mit Kardinal König in Kroatien auf der Fahrt zum Begräbnis von Kardinal Stepinac in einen schweren Autounfall verwickelt. Die Genesung dauerte rund ein Jahr. Danach wurde er von König zum Spezialstudium für Kirchenrecht nach Rom geschickt. In diese Zeit fiel der Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils. Krätzl war bei der ersten Session 1962 als Stenograf mit dabei.
Es folgten von 1964 bis 1969 Jahre als Pfarrer in Laa an der Thaya. An der Wiener Diözesansynode von 1969 bis 1971 war Krätzl zuerst als Pfarrer, später als Kanzleidirektor, maßgeblich beteiligt. Unter anderem wurden auch dort die Grundsätze des Konzils über das Verhältnis zum Judentum in sehr deutlicher Weise für die Erzdiözese Wien angewandt.
Bischofsweihe 1977
1977 wurde Krätzl (gemeinsam mit Florian Kuntner) über Vorschlag von Kardinal König von Papst Paul VI. zum Weihbischof für Wien ernannt. Von 1981 bis 1985 war er zudem Generalvikar. Nach dem Rücktritt von Kardinal König aus Altersgründen im Jahr 1985 wurde er vom Wiener Domkapitel zum Diözesanadministrator gewählt. Diese Funktion erlosch 1986 mit der Weihe von Hans Hermann Groer zum neuen Wiener Erzbischof.
Krätzl blieb daraufhin weiter Weihbischof - zuerst unter Kardinal Groer, dann unter seinem Nachfolger Kardinal Christoph Schönborn. Zu seinem 75. Geburtstag reichte Krätzl 2006 dem Kirchenrecht entsprechend seinen Rücktritt ein. Erst zwei Jahre später, am 6. März 2008, nahm Papst Benedikt XVI. diesen an.
Auch danach blieb der nunmehr emeritierte Weihbischof u.a. als Seelsorger und Buchautor noch viele Jahre sehr aktiv. Inzwischen lebt er krankheitsbedingt eher zurückgezogen in Wien, nimmt aber am Geschehen in Kirche und Welt nach wie vor regen Anteil.
Bildung, Bibel, Ökumene, Weltreligionen
In der Österreichischen Bischofskonferenz war Krätzl 20 Jahre für Schulfragen, zudem auch für das Referat für das Gespräch mit den Weltreligionen zuständig. Er war Leiter der Kontaktstelle für Weltreligionen und Mitarbeiter im Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit, die ihm u.a. ein besonderes Anliegen war.
Weiters war er in der Bischofskonferenz zuständig für das Österreichische Katholische Bibelwerk, für die Ökumene (gemeinsam mit Kardinal Schönborn), das Seminar für kirchliche Berufe, den Theologischen Fernkurs und das Institut Janineum.
In der Erzdiözese Wien wurde Krätzl 1986 zum Domkapitular von St. Stephan ernannt, er war zudem von 1987 bis 2004 Bischofsvikar für Katholische Erwachsenenbildung und von 2004 bis zu seiner Emeritierung 2008 Bischofsvikar für die ökumenischen Belange in der Erzdiözese Wien.
Bücher und Auszeichnungen
Krätzl veröffentlichte insgesamt rund 15 Bücher, von denen etwa der 1998 erschienenen Band "Im Sprung gehemmt". Was mir nach dem Konzil noch alles fehlt" besondere öffentliche Beachtung fand. Sein letztes Buch "Meine Kirche im Licht der Päpste" veröffentlichte er 2016.
Dem Wiener Weihbischof wurden im Laufe der Zeit zahlreiche Auszeichnungen zuteil; so etwa das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse (1991), das Goldene Komturkreuz des Ehrenzeichens für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich (1992), das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (1996), das Große Silberne Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich (2006), der Ehrenpreis des Viktor-Frankl-Fonds der Stadt Wien für das Lebenswerk (2013), die Julius-Raab-Medaille (2012) und der Kardinal-König-Preis (2015).