"Den Himmel offen halten"
Bischöfe zur Aktualität von Allerheiligen
"Den Himmel offen halten"
Bischöfe zur Aktualität von Allerheiligen
Allerheiligen ist ein Fest von bleibender Aktualität und nicht etwa eine "katholische Fehlform" des Glaubens: Das haben österreichische Bischöfe in ihren Predigten aus Anlass des heutigen Allerheiligenfestes (1. November) betont. "An Allerheiligen richten wir den Blick zum Himmel" und auf Männer und Frauen, die "ihr ganzes Leben in den Dienst Gottes und der Menschen gestellt" haben, unterstrich etwa der Feldkircher Bischof Benno Elbs in seiner Predigt. Je stärker der Alltag durch "Streit, Kränkungen, Stress oder Nebensächlichkeiten" bestimmt sei, desto mehr brauche es ein Fest wie Allerheiligen, um "den Himmel ins Leben hereinzuholen und aufzuzeigen, wie das Leben Gottes hier auf Erden schon Wirklichkeit sein könnte."
Orientierung zu einer Form moderner Heiligkeit böten etwa die biblischen Seligpreisungen, so der Feldkircher Bischof weiter. Sie stellten keine Überforderung dar, sondern zeigten eine Alternative des Lebens auf, wie sie sich auch im Leben der Heiligen zeige. Insofern könne man sich von den Seligpreisungen "anstoßen lassen: zu einem guten Leben, das Liebe fördert; und zu einem Glauben, der den weiten Horizont der Hoffnung weckt". Darin seien zudem Allerheiligen und Allerseelen (2. November) verbunden: "Denn die Erinnerung an die Heiligen ist eng verwoben mit dem Gedenken an unsere Verstorbenen".
Lackner: Kriterien für "Heilige unserer Tage"
Kriterien für "Heilige unserer Tage" zeigte auch der Salzburger Erzbischof Franz Lackner bei seiner Predigt im Salzburger Dom auf: Angesichts einer fortdauernden Zurückdrängung des Religiösen ins Private brauche es schließlich kraftvolle Vorbilder im Glauben, um den Auftrag eines "Aufbaus einer Gesellschaft in Gerechtigkeit" wahrnehmen zu können. Entscheidende Haltungen für ein modernes Verständnis von Heiligkeit seien etwa Besonnenheit und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Weiters zähle das Bewusstsein dazu, als Gemeinschaft in einer großen Tradition zu stehen: "Wir haben eine Herkunft, der wir vieles verdanken", so Lackner. Auch daran erinnern Allerheiligen und Allerseelen.
Als "wichtigste Grundhaltung des Heiligen unserer Zeit" benannte Lackner schließlich die Hoffnung: "Heute herrscht weithin Hoffnungslosigkeit. Es brennt auf der ganzen Welt, nun auch in Österreich, die Klimaproblematik, eine nicht enden wollende Pandemie, zudem viel innere, seelische Not. All das trägt dazu bei, Hoffnung schwinden zu lassen." Lackner abschließend: "Bemühen wir uns in je eigener Umgebung um Besonnenheit im Urteil, um die gesunde Lehre; fassen wir erneuert den Vorsatz für das gute Wort und die gute Tat; und erneuern wir die Sehnsucht nach Ihm, der mit uns ist, und auch uns und der Welt von heute Hoffnung gibt."
Schönborn: "Keine asketischen Meisterleistungen"
Heilige sind keine Menschen, die "asketische Meisterleistungen" erbracht haben oder besondere Werke vollbringen, sondern Menschen, denen Gott "etwas von sich selber gibt": Das hat der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, bei seiner Predigt am Montagmorgen im Stephansdom betont. "Heiligkeit bedeutet, dass Gott uns in seine Arme nimmt und sagt 'Du bist mein Kind'", so Schönborn. Insofern seien alle Menschen gleichermaßen berufen, "Heilige zu werden - nicht, weil wir Großartiges vollbracht hätten, sondern weil wir Seine Gnade und Liebe empfangen dürfen".
Dieses Verständnis von Heiligkeit erläuterte der Kardinal anhand einer Begegnung, die bereits über 50 Jahre zurückliege und die ihn doch bis heute präge: So habe ihm damals ein in Wien lebender russischer Offizier, Nicolas Rajewski, von einer Begebenheit in der Fremdenlegion erzählt, in der er einem deutschen Fremdenlegionär begegnet sei, der schwer verletzt und im Sterben lag. Dieser Soldat, der für seine Grausamkeit bekannt gewesen sei, habe zu ihm, Rajewski, gesagt: "Wenn ich jetzt sterbe und mit meinem ganzen schmutzigen Leben vor Gott komme, dann werden die Heiligen auf mich zeigen und ich muss mich schämen und ich kann nicht in den Himmel kommen. Aber wenn Gott mir etwas von sich gibt, von sich selber gibt, dann können die Heiligen nichts gegen mich sagen." Er halte diesen Satz - "Wenn Gott mir etwas von sich gibt" - für eine treffende Definition dessen, was Heiligkeit bedeute, schloss der Kardinal.
Krautwaschl: Kirche ist kein Selbstzweck
Die Kirche ist kein Selbstzweck, sondern dafür da, den Menschen zu helfen, zu Gott zu finden. Das hat der steirische Bischof Wilhelm Krautwaschl am Montagabend (Allerheiligen) in der ORF-Sendung "Steiermark heute" betont. Die Gesellschaft als Ganze und auch die Kirche befänden sich in einem großen Veränderungsprozess, "und das heißt für mich, dass wir wieder neu entdecken müssen, worum es der Kirche eigentlich geht", sagte der Bischof: "Es geht ja nicht um uns selbst, sondern um die Verkündung der Frohen Botschaft, es geht um das Reich Gottes, und deshalb braucht es dementsprechende Gefäße, sagen wir Strukturen, die das ermöglichen."
Entscheidend sei die Frage: "Finden die Menschen durch unsere Gefäße wieder mehr zu Gott?" Zwei solcher Gefäße seien die Telefonseelsorge und die Caritas, die beide auch in der Coronazeit die materiellen und psychischen Nöte der Menschen linderten.
Auf die Frage, wie er jemandem Trost zuspricht, der kürzlich von einem nahe stehenden Menschen Abschied nehmen musste, sagte Krautwaschl, dass dies von der jeweiligen Situation abhängig sei. "Was mir wichtig ist, ist einen Weg nach vorne offen zu halten. Heute etwa hat mir ein Mitarbeiter gesagt, dass der Schwiegervater verstorben ist, und ich habe ihm gesagt: Im gemeinsamen Glauben können wir vertrauen, dass wir uns wiedersehen." Manchmal sei er "einfach nur da oder ich drücke jemandem einfach nur die Hand, wenn er jemanden verloren hat".
Bischof Krautwaschl nahm auch zu den Aufregungen um Gottesdienstübertragungen aus der Pfarre Hartberg Stellung und unterstrich einmal mehr, dass es auch aus anderen steirischen Pfarren ORF-Gottesdienstübertragungen geben solle. Der Hintergrund: Nach der TV-Übertragung einer auch seitens der Diözesanleitung von Graz-Seckau beanstandeten sommerlichen Messe an einem Badesee bei Hartberg war eine Diskussion darüber entbrannt, wie viel Abweichung von liturgischen Traditionen der katholischen Kirche vertretbar ist. Vor einigen Tagen hatte der Bischof angekündigt, dass die Frage nach einer adäquaten "ars celebrandi" (dt.: Kunst des Feierns) ein Schwerpunkt des synodalen Prozesses in der Steiermark sein werde. Die Gottesdienstübertragungen seien der Diözese Seckau grundsätzlich ein großes Anliegen, betonte der Bischof am Montagabend einmal mehr.
Quelle: Kathpress