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Kindberger Pfarrer löst Zölibats-Debatte in Österreich aus

Mitteilung in Sonntagsgottesdienst, aus Liebe zu einer Frau aus Priesteramt auszuscheiden, führte zu Stellungnahmen u.a. von Schönborn, Faber, Zulehner, Schlosser, Walser - Respekt vor Entscheidung des steirischen Priesters, Abwägen von Für und Wider zum Thema Pflichtzölibat - Erwartungen an Weltsynode

19.01.2022

Der Pfarrer von Kindberg, Andreas Monschein, hat mit seiner Mitteilung im Sonntagsgottesdienst am 9. Jänner, u.a. aus Liebe zu einer Frau aus dem Priesteramt auszuscheiden, in Österreich eine Zölibatsdebatte ausgelöst. Mehr oder weniger ausführlich äußerten sich zu der Causa die betroffene Diözese Graz-Seckau, Kardinal Christoph Schönborn, der Wiener Dompfarrer Toni Faber, der Kärntner Psychotherapeut und Ex-Priester Arnold Mettnitzer und weitere Theologinnen und Theologen. Die Salzburger Moraltheologin Angelika Walser hat in einem am Mittwoch veröffentlicht Interview mit der Kooperationsredaktion der Kirchenzeitungen den bisher letzten Akzent in der Debatte gesetzt.

 

Gemeinsam war den Stellungnahmen Respekt vor der Entscheidung des steirischen Priesters und Anerkennung seiner Verdienste als Seelsorger trotz des Bedauerns über sein Ausscheiden. Beim Pro und Contra zum Thema Pflichtzölibat überwog das Plädoyer für die Entkoppelung der Ehelosigkeit vom Priesteramt. Befürworter einer Änderung plädierten dafür, die Thematik im Rahmen der laufenden Weltsynode zu behandeln.

 

Respekt für die Entscheidung des steirischen Pfarrers bekundete etwa Kardinal Schönborn in der "Kronen Zeitung" (11. Jänner). Er finde es "richtig, wenn jemand in einer fixen Beziehung ist, dass man dazu steht und die Frau nicht im Regen stehen lässt". Versprochen hätten Priester bei ihrer Weihe etwas anderes, "aber nicht alle Versprechen halten", räumte der vor mehr als 51 Jahren geweihte Schönborn ein. Er selbst sei "dankbar, dass ich auf diesem Weg bleiben kann".

 

Knapp die Anmerkung von Dompfarrer Faber in seiner jüngsten "Kurier"-Kolumne (16. Jänner): Ihn beeindrucke die Entscheidung seines Kollegen aus Kindberg. "Gönnen wir den beiden ihre Privatsphäre. Wünschen wir ihnen das Allerbeste", appellierte er im Blick auf das Paar.

 

Davor hatte auch der Grazer Generalvikar Erich Linhardt Monschein "für seine Zukunft natürlich alles Gute und Gottes Segen" gewünscht. Freilich gehe mit dessen Laisierungsansuchen "ein wertvoller Priester verloren". Die Diözese Graz-Seckau bedaure den Abschied dieses engagierten Priesters. "Für sein Engagement und seine Dienste auch in vielen diözesanen Gremien und Arbeitsgruppen sind wir ihm sehr dankbar", so Linhardt.

 

Schlosser: Zeugnis für das Reich Gottes

 

Dass die österreichische Medienlandschaft für die Zölibatsthematik nach wie vor offen ist, bewiesen nach der "Krone" auch die "Kleine Zeitung", das ORF-Radio Ö1 und zuletzt auch die Kooperationsredaktion der österreichischen Kirchenzeitung. Die Wiener Theologin Marianne Schlosser - immerhin Trägerin der als "Nobelpreis der Theologie" geltenden Auszeichnung der vatikanischen "Stiftung Joseph Ratzinger-Benedikt XVI." - trat in der "Kleinen Zeitung" (16. Jänner) als Verteidigerin der geltenden Zölibatsregelung auf. Für sie ist die Bereitschaft, auf eine Ehe und auf eine eigene Familie zu verzichten, "leibhafter Ausdruck und zeichenhaftes Zeugnis dafür, dass jemand das 'Reich Gottes' an die erste Stelle setzt und 'Mitarbeiter Christi' sein will".

 

Würde die katholische Kirche den Zölibat "ins Belieben stellen", so würde aus der Ehelosigkeit ein "Ausdruck rein persönlicher Frömmigkeit, die mit der priesterlichen Aufgabe nichts zu tun hätte", argumentierte Schlosser. Die Kirche verstehe das Priesteramt nicht als "Funktion", für die professionelle Ausbildung genügte, sondern als Nachfolge Christi. Jesus selbst habe die ehelose Lebensweise gewählt und sein Leben "der Verkündigung des Evangeliums, der Spendung der Sakramente, dem selbstlosen Dienst am Heil der Brüder und Schwestern" gewidmet, so die Theologin. Wer in diesem Sinne "Mitarbeiter Christi" sein will, für den wäre es zu wenig, die Ehelosigkeit lediglich "in Kauf zu nehmen"; auch eine Begründung mit "umfassenderer Verfügbarkeit" werde sich letztlich als nicht tragfähig erweisen.

 

Als Schlossers Widerpart in der "Kleinen Zeitung" fungierte Arnold Mettnitzer, der - wie er darlegte - einst selbst glaubte, die Liebe zu einer Frau "aus Liebe zu Gott" verstecken zu müssen. Aber: "Die Liebe ist stärker als religiöse Vorschriften und die Traditionen der Kirche, von der als Institution sich niemand, auch nicht Priester, Antworten auf die drängenden Fragen des Lebens erwarten darf." Dem entspricht laut Mettnitzer, der anlässlich seines Laisierungswunsches einen achtseitigen Brief nach Rom schickte, "dass der Vatikan bis zum heutigen Tag die UNO-Menschenrechtskonvention nicht unterzeichnet hat; sonst müsste er ja den Mitgliedern der Katholischen Kirche unter anderem die Gleichberechtigung von Mann und Frau und deren freie Berufswahl garantieren".

 

"Es gäbe fähige Priester ohne Amt"

 

Laut Herbert Bartl, Vorsitzender des Vereins "Priester ohne Amt", gibt es in Österreich rund 500 Geistliche, die ihr Priesteramt wegen einer Heirat nicht mehr ausüben. In der Ö1-Nachrichtensendung "Religion aktuell" (18. Jänner) meinte er, viele davon würden ihren Dienst gerne weiter leisten - und "sicher nicht die schlechtesten".

 

Der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner sprach sich dafür aus, dass die Kirche in Zeiten des Priestermangels dieses bisher ungenützte Potenzial heben sollte - und dass Priester ihre Lebensform frei wählen können sollten. Letzteres befürworte auch eine "große Mehrheit" im Kirchenvolk und auch im Klerus. Zulehner kann sich - wie er dem ORF sagte - eine Weichenstellung in diese Richtung bei der nächsten Weltbischofssynode 2023 vorstellen.

 

Walser für "ein Ende der Doppelmoral"

 

Den bisher letzten Akzent in der Debatte setzte die Salzburger Moraltheologin Angelika Walser in einem Interview mit der Kooperationsredaktion der österreichischen Kirchenzeitungen (19. Jänner). Jesus habe zölibatär gelebt, diese Lebensform aber von seinen Aposteln nicht verlangt. Der Pflichtzölibat für Diözesanpriester sei erst 1139 eingeführt worden und zu so etwas wie einem "Identitätsmarker" des Katholizismus geworden - ein Unterscheidungsmerkmal zu Orthodoxen und Protestanten, wie Walser sagte. Eine Rolle habe dabei auch die aus der antiken Welt ins Christentum eingeflossene Sexualfeindlichkeit gespielt.

 

Erst das Zweite Vatikanum habe die Sichtweise aufgegeben, dass der Stand der Ehe moralisch irgendwie minderwertig ist. In seinem Lehrschreiben "Amoris laetitia" weise Papst Franziskus sogar darauf hin, dass der Zölibat für manchen Priester eine "Entschuldigung für ein Nicht-Leben-Können von Beziehungen" ist. Den "schönen Worten" des Papstes folge aber keine institutionelle Erneuerung der Kirche, erklärte die Theologin.

 

Was würde passieren, wenn 2023 der Pflichtzölibat aufgehoben würde? Auf diese Frage antwortete Walser: "Da wären wir wohl ganz erstaunt, wer sich aller outen würde als in einer Beziehung lebend, gleich welcher Art." Sie selbst hielte einen solchen Schritt für eine Umsetzung von Wahrhaftigkeit und "ein Ende dieser Doppelmoral". Es täte dem Zeugnis des Zölibats gut, so Walser, "wenn man davon ausgehen kann, das ist eine selbst gewählte und gern eingehaltene Lebensform. Ich würde das absolut begrüßen." Sie hoffe diesbezüglich auf den weltweiten synodalen Prozess, "dass er dem Thema wieder Gehör verschafft, indem man endlich auf die Leute hört, die diese Dinge sagen".

 

 

Quelle: kathpress

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