Militärbischof Freistetter: Ukraine-Konflikt ist "nicht weit weg"
Als Konflikt, der auch Österreich sehr betreffen könnte, hat Militärbischof Werner Freistetter die aktuelle Krise zwischen der Ukraine und Russland bezeichnet. "Die EU wird sich darauf einstellen müssen, dass sie in unsicherer Nachbarschaft lebt", so der Bischof im Kathpress-Gespräch am Freitag. Es sei deswegen dringend geboten, dass die EU ihre internen Streitigkeiten löse und zu einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik finde. Man sei in Europa von einem militärischen Konflikt unmittelbar betroffen, "das ist alles nicht weit weg". Auch Österreich müsse ein "ganz vitales Interesse" daran haben, dass die EU mehr Gewicht entwickle. Dass es hier friedlich weitergeht, sei für Österreich "ganz wichtig".
Freistetter gilt als langjähriger Beobachter der russischen Außenpolitik in der Region und war u.a. um die Jahrtausendwende Mitglied der Vertretung des Heiligen Stuhls bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Ebenso war er am Päpstlichen Rat für die Kultur in Rom tätig, wo er Erfahrungen in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion sammeln konnte. Für ihn habe das, was sich jetzt abspiele, eine lange Vorgeschichte. "Man kann den heutigen Konflikt nur verstehen, wenn man auf die Zeit des Zusammenbruchs der Sowjetunion zurückblickt", so der Bischof.
Die Folgen der "epochalen Umwälzung", die vor 30 Jahren stattgefunden hat, seien demnach noch immer nicht bewältigt, ist Freistetter überzeugt. Es gehe auch um die Rolle Russlands im internationalen Gefüge. "Für viele in Russland war der Verlust der Weltmachtgeltung eine große Herausforderung", der Westen werde nach wie vor als Bedrohung gesehen.
In seiner Zeit bei der OSZE habe er die Erfahrung gemacht, dass trotz oft harter Diskussionen meist das Prinzip des Konsenses überwogen habe. "Wenn festgefahrene Positionen da waren, dann hat man Alternativen gesucht - andere sicherheitsrelevante Dinge, wo es möglich ist, Kompromisse zu schließen." Im aktuellen Konflikt werde das zunehmend schwerer, weil die Forderungen, die auf dem Tisch liegen, für beide Seiten kaum erfüllbar seien, wenn man nicht das Gesicht verlieren wolle.
Krieg ist keine Lösung
Freistetter warnte eindringlich vor den Folgen einer Eskalation des Konflikts. "Krieg ist keine Lösung und schafft mehr Probleme, als er löst", so der Bischof. Sollte es tatsächlich zu einer kriegerischen Auseinandersetzung kommen, würde das die Friedensordnung nach dem Fall des Kommunismus in einer Weise destabilisieren, die "sehr besorgniserregend wäre". Man könne deswegen nur auf eine Einigung bei den aktuellen Verhandlungen hoffen, "die den Konflikt im Moment entschärft", auch wenn die Voraussetzungen dafür, "mit Sicherheit nicht die besten sind", so der Bischof.
Quelle: kathpress