Ordensspitälern: Aufmerksamkeit gilt dem Heil des ganzen Menschen
Das Christliche in Ordenskrankenhäusern besteht letztlich vor allem im besonderen Eingehen auf den Menschen. "Unsere Aufmerksamkeit gilt dem Heil des ganzen Menschen." - Das betont Sr. Theresa Schlackl im Interview in der aktuellen Ausgabe des Magazins "ON Ordensnachrichten". Schlackl gehört dem Salvatorianerinnenorden an und ist Wertevorständin im St. Josef-Krankenhaus in Wien-Hietzing, das zur Vinzenz-Gruppe gehört. Zu ihrem Aufgabenbereich gehören u.a. die Bereiche Ethik, Seelsorge, Gewaltschutz, stillgeborene Kinder und nicht versicherte Bedürftigen.
Die Vinzenz-Gruppe habe einen christlichen Wertekompass entwickelt, "der die Werte und die Eckpfeiler unseres christlichen Profils auf den Punkt bringen", so Schlackl. Diese christlichen Werte wolle man im Alltag sichtbar und spürbar machen: "einander wahrnehmen, Zeit nehmen, aufeinander zugehen und Neuanfang ermöglichen, das Vorhandene dankbar sehen, Mitarbeitenden Eigenverantwortung zutrauen und sinnvolle Perspektiven im Unternehmen eröffnen". Wertearbeit funktioniere sehr viel im persönlichen Gespräch, so die Ordensfrau: "Ich bemühe mich, mit allen ins Gespräch zu kommen, von der Putzfrau bis zum Primar."
"Es gibt kein Pauschalrezept"
Ethische Fragen spielten in Ordensspitälern ein große Rolle, erläuterte Schlackl weiter. Die Vinzenz-Gruppe habe zwar einen Ethikkodex, doch die Medizin durchlaufe permanent Veränderungen, die auch permanent ethische Diskussionen erfordern würden. "Es gibt kein Pauschalrezept, man muss immer wieder Einzelfälle besprechen." Dafür gebe es verschiedenen Gremien.
Die Ordensfrau verwies im Blick auf ethische Fragen auf den assistierten Suizid, der seit Jänner in Österreich straffrei ist. Ein weiteres Beispiel: Im St. Josef-Krankenhaus mit über 4.000 Geburten im Jahr liege ein Schwerpunkte in der Pränataldiagnostik, so Schlackl: "Wir haben jetzt nach langen Diskussionen ein Papier erstellt, wo zum ersten Mal nicht nur medizinische Indikationen, sondern verstärkt auch die psychische Verfassung von Frauen in Betracht gezogen wurden." Dieses Papier befinde sich jetzt in der Begutachtungsphase.
Gewaltschutz und Frühgeburten
Auch Gewaltschutz sei ein wichtiges Thema. In einer eigenen Gruppe versuche man, Informationen und Programme zur Sensibilisierung des Personals zu entwickeln. Das sei freilich ein sehr heikles Gebiet, "weil bei uns die Aufenthaltsdauer von Patientinnen normalerweise nur ein paar Tage ausmacht. Da ist es schwierig, wenn du zum Beispiel blaue Flecken an einer Patientin bemerkst, diesen in der kurzen Zeit auf den Grund zu gehen." Das erfordere Einfühlungsvermögen und auch Übung. Schlackl: "Wir schauen, dass überall Plakate mit den Notrufnummern hängen, auch an Orten, wo die Männer nicht hinkommen, weil diese ihre Opfer oft nicht aus den Augen lassen."
Ein besonderes Anliege sind dem St. Josef-Krankenhaus auch "stillgeborene Kinder". Schlackl: "Das sind Fehlgeburten. Laut Gesetz gibt es bei Fehlgeburten unter 500 Gramm keine Bestattungspflicht; sie würden, bitte nicht erschrecken, zum medizinischen Abfall gehören. Wir bieten Paaren an, ihr stillgeborenes Kind in einer Sammelurne in einem Grab im Hütteldorfer Friedhof zur Ruhe zu betten." Viermal im Jahr finde zudem eine Gedenkfeier statt, und diese Möglichkeit werde von vielen Paaren und Familien gerne angenommen. Grabstätte und Gedenkfeier würden vom St. Josef-Krankenhaus bezahlt.
Ein großes Problem seien nicht versicherte Bedürftige, wo das Krankenhaus an seine Grenzen stoße, wie Sr. Schlackl weiter ausführte. "Dadurch, dass wir im St. Josef-Krankenhaus das Brustgesundheitszentrum haben, kommen sehr viele unversicherte Frauen mit Brustkrebs zu uns. Da sind viele U-Boote aus den Ostländern. Aber wir können nicht alle Frauen behandeln; wir sprechen von Behandlungskosten bis zu 80.000 Euro pro Patientin."
Man versuche zu helfen, so gut und wo immer man können, "und die Salvatorianerinnen und die Barmherzigen Schwestern tragen sehr viel dazu bei, aber mehr als zwei, drei Frauen können wir nicht aufnehmen, weil uns einfach die personellen und finanziellen Ressourcen fehlen".
Quelle: kathpress