
Ab Aschermittwoch zeitgenössische Kunst in Kärntner Kirchen
Der Brückenschlag zwischen christlichem Glauben und zeitgenössischer Kunst bildet in einigen Kärntner Pfarren während der Fastenzeit einen besonderen Schwerpunkt. Bereits Tradition hat das Projekt "Kunst im Dom" in Klagenfurt, dessen Auftakt die Aschermittwoch-Liturgie mit Bischof Josef Marketz um 19 Uhr bildet. Weitere Schauplätze sind die Stadthauptpfarrkirche St. Jakob in Villach sowie Pfarrkirchen in Wolfsberg, Krumpendorf, Maria Saal und Tainach/Tinje, wie die Diözese Gurk-Klagenfurt ankündigte.
In Klagenfurt zeigt der Kärntner Künstler Harald Schreiber bis zum Karsamstag im Dom eine Kunst-Installation zur ersten Frage, die in der Bibel auftaucht - die im Paradies gestellte Frage an den ersten Menschen: "Adam, wo bist du?". Die Frage "Wo bist Du?" in großen Lettern und eine überdimensionale Kopfplastik mit leeren Augenhöhlen und ausdrucksloser Miene verdecken den Hochaltar. Vom Mittelgang des Kirchenschiffes aus sind in V-förmiger Anordnung zwölf Steinskulpturen auf Edelstahlstangen zu sehen. "Diese unfertigen, aus dem Stein herauswachsenden Köpfe sollen durch ihre Ausdrucksstärke einen Gegenpol zum leeren Gesicht vor dem Hochaltarbild bilden", hieß es in der Aussendung.
Ergänzt wird die Installation mit kurzen Zitaten von Schriftstellerinnen und Schriftstellern mit Kärnten-Bezug auf weißen Stoffbahnen. Mit Claudia Rosenwirth, Maria Hoppe, Silvano Kobald, Gabriele Russwurm-Biro und Ivana Kampu wird Dompfarrer Peter Allmaier an den Fastensonntagen in Dialogpredigten über Fragen der menschlichen Existenz sprechen. "Die Welt ist mehrdimensional, daher braucht es verschiedene Zugänge, um die religiöse Wirklichkeit zu verstehen", sagte Allmaier zu den Kunstakzenten im Dom.
Kunst als Anstoß zum Tiefsinn
In Villach-St. Jakob wird im Rahmen der Aschermittwochsliturgie mit Pfarrer Richard Pirker um 18.30 Uhr ein neues Fastentuch der gebürtigen Villacher Künstlerin Lisa Huber aufgezogen. Das sieben Meter hohe und drei Meter breite große Fastentuch mit dem Titel "Es ist ein Ros' entsprungen - Dornenrose" wird bis einschließlich Karfreitag zu besichtigen sein. Die Rückseite des Fastentuches ist ganzflächig mit Goldfäden bestickt, die "Himmel und Erde zu verbinden scheinen".
Unter dem Motto "Steh auf!" steht die diesjährige Kunstinstallation in der Wolfsberger Stadtpfarrkirche, die ebenfalls ab Aschermittwoch zu besichtigen ist. Vor dem in der Fastenzeit verhangenen Hochaltar ist ein zwei Meter breites und ca. drei Meter hohes Bild des Lavanttaler Künstlers Walter Teschl aufgestellt, das eine Hand zeigt, die nach einer anderen greift und sie aufrichtet. Es lädt Besucher ein, "sich der zu uns hin immer ausgestreckten Hand Gottes bewusst zu werden", so Stadtpfarrer Christoph Kranicki.
In der Pfarrkirche Krumpendorf ist bis Ostern im Rahmen des Projektes "Ein Dorf fastet" die zeitgenössische Kunst-Installation zum Leitgedanken "In der Krise getragen" zu sehen. Das Kunstwerk der in Wien lebenden Südkoreanerin Sung Min Kim entstand in zwei Etappen: Das schwarz-weiß gehaltene Hauptbild mit zwei scheinbar nach unten fallenden, ringenden Figuren wurde bereits 2020 als Fastentuch in Krumpendorf aufgezogen. In einer zweiten Etappe ergänzte die Künstlerin dies mit zwei bunt gestalteten Bahnen, die seitlich des Hauptbildes mit ausgeschnittenen Händen aus Papier gleichsam wie Flügel positioniert sind.
"Weg der Versöhnung" ist die Kunstinstallation von Künstlerin Monika Pototschnig in der Pfarr- und Wallfahrtskirche in Maria Saal betitelt, die bis Karsamstag unter der Orgelempore zu sehen ist. Sie besteht aus vier färbigen Würfeln, auf denen problematische menschliche Haltungen geschrieben stehen, und dem "Spiegel der Selbsterkenntnis", der zur Einsicht und Umkehr führen soll. Fünf Gefäße mit Kerzen sollen mögliche Schritte der Versöhnung aufzeigen.
In der Propsteipfarrkirche Tainach/Tinje schließlich ist ein Fastentuch von Georg Riesenhuber in Form einer abstrakten Kunstinstallation aufgezogen, die die Brutalität der Passionsgeschichte Jesu aufgreift.
Graz: Künstler Erjautz geschockt vom Krieg
In Graz führt am Aschermittwoch um 17 Uhr zuerst Kurator Johannes Rauchenberger durch die aktuelle Sonderausstellung "Die andere Maria" des Zürcher Künstlers Till Velten zum Thema Stigmata im "KULTUM". Anschließend leitet Pfarrer Alois Kölbl um 19 Uhr die Aschermittwoch-Liturgie in der seit der Ära des damaligen Pfarrers und jetzigen Innsbrucker Bischofs Hermann Glettler bekannt kunstoffenen Grazer St. Andrä-Kirche. Dort ist eine brandaktuelle Kunstinstallation von Manfred Erjautz zu sehen, "die aus dem Schock aus dem Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine der letzten Tage entstanden ist", so die Ankündigung.
Der aus Graz stammende, in Wien lebende renommierte Künstler verwendet dafür ein barockes Gitter aus der Andrä-Kirche, das er bemalte und horizontal auf die Kirchenbänke installierte. Die nach seinem Schock über den Krieg entstandene Skulptur "grenzt aus, okkupiert und besetzt drei Reihen der hölzernen Kirchenbänke", erklärte Erjautz. "Dort kann keiner mehr sitzen. Das barocke eiserne Gitter liegt schwer auf den Bänken. Aus horizontaler Sichtweise erscheint die Skulptur wie die Kette eines Panzers. Alles wird überfahren."
Dem aus Graz stammenden, in Wien lebenden renommierten Künstler widmet das Kultum ab 2. April die Personale "Dinge", in der kirchlichen "QL-Galerie" ist Erjautz' Installation "Das Echo der Dinge" zu sehen.
Quelle: kathpress