Freistetter: Zusammenarbeit mit Russland künftig "sehr schwierig"
In Zukunft wird es "sehr schwierig werden, mit Russland wieder so eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aufzubauen": Zu dieser Einschätzung kommt Österreichs Militärbischof Freistetter im Interview mit der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" (aktuelle Ausgabe). Es würde derzeit viel mehr zerstört als bloße materielle Werte oder Menschen, die getötet wurden oder verwundet sind. "Es ist nun das Vertrauen zerstört", betonte der Bischof mit einem Verweis auf Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der zuvor ähnliche Befürchtungen geäußert hatte.
Freistetter gilt als langjähriger Beobachter der russischen Außenpolitik und war um die Jahrtausendwende Mitglied der Vertretung des Heiligen Stuhls bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Gerade bei der OSZE habe er eine Zeit erlebt, in der sich nach dem Kalten Krieg sehr viel an Vertrauen - politisch und militärisch - zwischen den ehemaligen verfeindeten Mächten aufgebaut habe. "Das ist im Lauf der Zeit erodiert und ist jetzt ganz weg", gab er zu bedenken.
Eingehend ging Freistetter auch auf die Rolle des Militärseelsorgers ein. Dieser sei im Kriegsfall natürlich gerufen, bei den Soldaten zu sein. "Das heißt aber nicht, dass er direkt in den Kampfhandlungen mitgeht", so der Bischof. Dies sei nur in Ausnahmefällen möglich. Traditionell würden Militärseelsorger dort eingesetzt, wo es Verwundete und Sterbende gibt. "In Kampfpausen wird man versuchen, Gottesdienste und Andachten mit den Soldaten abzuhalten", so der Bischof. Ein Militärseelsorger kümmere sich "um die menschlichen und religiösen Bedürfnisse und Nöte der Soldaten".
Nicht zu verwechseln sei die Aufgabe des Seelsorgers mit derjenigen von Heerespsychologen. Der Militärseelsorger "ist ein sehr freier und mit viel Vertrauen ausgestatteter Ansprechpartner". Diese menschliche Dimension sei sehr wichtig, "weil der Militärseelsorger keine Verpflichtung hat, das, was er erfährt, beispielsweise an den Kommandanten weiterzumelden".
Der Seelsorger werde im Kriegsfall mit Fragen nach der Sinnhaftigkeit der Auseinandersetzung, mit Fragen des Glaubens, mit Zweifeln und den seelischen Nöten der Soldaten konfrontiert, berichtete Freistetter. "Viel spielt sich einfach über persönliche Gespräche ab." Wichtig sei, dass der Militärseelsorger für alle da ist, das heißt nicht nur für die Angehörigen seiner Konfession.
Er selbst sei als Seelsorger bislang immer in friedenserhaltenden Einsätzen eingesetzt gewesen, berichtete Freistetter. Ein Krieg stelle eine außerordentliche Zuspitzung dar. Für Militärseelsorger, die Truppen wirklich in kriegerischen Konflikten begleiten, sei das auch "persönlich dramatisch", betonte der Militärbischof.
Quelle: kathpress