Elbs: Seelsorge und Psychotherapie ergänzen einander
Seelsorge und Psychotherapie haben jede für sich Daseinsberechtigung, da sie einander ergänzen: Das hat der Feldkircher Bischof Benno Elbs in einem Interview mit der Tageszeitung "Die Presse" (Ostersonntag) dargelegt. Er selbst halte eine psychologische Ausbildung für jeden Priester für "absolut notwendig", sagte der Bischof, der selbst außer Theologie auch Psychologie studiert und eine Ausbildung zum Psychotherapeuten absolviert hat. Leider verbinde jedoch die Psychologie und Kirche seit der Religionskritik von Sigmund Freud eine "sehr komplizierte Geschichte".
Als Seelsorger sei er "überzeugt, dass jeder Mensch Geschöpf Gottes ist, ob er glaubt oder nicht", während es für einen Psychotherapeuten nicht relevant sei, ob jemand religiös ist oder nicht, erklärte Elbs den wichtigsten Unterschied. Religiöse Hinweise hätten in einer Psychotherapie nichts verloren. Auch beim Verhältnis von Nähe und Distanz würden sich beide Disziplinen klar unterscheiden: Als Therapeut gelte es sich nicht zu sehr mit dem Klienten zu identifizieren, da man ohne professionelle Distanz die Dinge nicht mehr genau sehe.
Wenn er hingegen als Seelsorger einer weinenden ukrainischen Mutter begegne, "weine ich mit ihr und bin aufs Tiefste berührt", betonte der Bischof. Er wolle sich vom Leid der anderen berühren lassen - aus dem Glauben heraus, "dass Gott in jeder Situation präsent ist". Der Ansatz von Viktor Frankl, dass in jeder auch ausweglosen Lage eines Menschen Zuversicht und Sinn zu finden ist, helfe ihm dabei ebenso wie sein Zugang als Priester, immer nach der Hoffnung zu fragen, welche die "zentrale Kategorie für jeden Menschen" sei.
Beim Umgang mit Schuld, die oft hinter psychischen Erkrankungen stehe, gebe es besonders deutliche Unterschiede. Therapeuten könnten auf viele Möglichkeiten der Aufarbeitung verweisen, religiösen Menschen stünde jedoch zusätzlich das religiöse Ritual der Beichte offen. "Das heißt, jemand mit Autorität sagt mir: 'Es ist gut, deine Sünden sind dir vergeben.'" Dies sei laut Elbs noch einmal eine ganz andere Qualität, "aber natürlich nur, wenn man daran glaubt". Wichtig sei, dass man sich dabei nicht selbst das Wort zuspreche, das weiterhilft, sondern ein anderer. Aus religiöser Sicht gebe es "keine Schuld, die nicht vergeben werden kann", betonte der Bischof.
Von seiner eigenen Lebensbiografie erzählte Elbs, die endgültige Entscheidung zum Priesterberuf sei in ihm gereift, nachdem er im Theologiestudium ein Jahr in Paris verbracht hatte und infolge einer Lebenskrise in ein Schweigekloster im Loiretal gegangen war. Um seine Krise als Chance zu nutzen, habe er in Innsbruck - aus "Interesse am Menschen" - mit dem Psychologiestudium begonnen, die Therapeutenausbildung gemacht und als Sanitäter gearbeitet. "Das hat mir geholfen, mit all den Themen umzugehen, die mir damals als junger Mensch wichtig waren", so der heutige Bischof von Feldkirch.
Quelle: kathpress