
Mariazell erwartet erstmals wieder "normale Wallfahrtssaison"
Seine lange erhoffte Rückkehr zur Normalität erlebt in den kommenden Tagen der steirische Wallfahrtsort Mariazell: Nach zwei Pandemie-Jahren mit drastischen Einbrüchen in der Pilgerzahl liegt der Stand der Anmeldungen von Wallfahrtsgruppen für 2022 "bei etwa 90 Prozent des Standes vor Corona. Alles deutet hin auf ein halbwegs normales Wallfahrtsjahr", berichtete am Dienstag Superior P. Michael Staberl spürbar erleichtert der Nachrichtenagentur Kathpress. Sichtbar wird diese Normalisierung am kommenden Wochenende, wenn in Österreichs wichtigstem Pilgerziel erstmals seit 2019 wieder der Saisonauftakt groß gefeiert wird.
Am Startwochenende wird am Sonntag, 1. Mai, der St. Pöltner Diözesanbischof Alois Schwarz um 10 Uhr eine von zwei Chören gestaltete Festmesse zelebrieren. Bereits am Vorabend um 20 Uhr bringen 120 Musikerinnen und Musiker das Requiem Op. 48 von Gabriel Fauré sowie Werke von Maurice Duruflé, Camille Saint-Saëns und Edward Elgar zur Aufführung. Beteiligt sind hier der neue Madrigalchor, der Chor Persephone und der Unisono Chor gemeinsam mit dem TU Orchester Wien.
Die Jahre 2020 und 2021 waren auch in Mariazell stark von Corona geprägt: Nachdem noch 2019 geschätzte 700.000 Wallfahrerinnen und Wallfahrer aus ganz Europa in den obersteirischen Ort gekommen waren, betrug die Zahl im Jahr darauf nur noch gut 100.000 Gläubige. Dabei spielte vor allem der Totalausfall der in Autobussen angereisten Gruppen - davor kamen täglich 30 Busse und mehr - eine Rolle. Auch im Vorjahr waren die Ankommenden vor allem Einzelpilger, da viele Pfarren und Großveranstalter vor der Ausschreibung von Wallfahrten zurückschreckten. Für die Basilika bedeutete dies auch einen Einbruch um mehr als 50 Prozent bei den Spenden der Kollekten, Opferstöcke und in der Kerzengrotte, welche ihre wirtschaftliche Grundlage bilden.
Fast keine Präventionsregeln mehr nötig
Die nunmehrige Normalisierung der Situation spiegelt sich auch im Seelsorgeangebot der Wallfahrtskirche wider. "Wir können alle Gottesdienste und die Beichten wieder in vollem Umfang anbieten. Die Lichterprozessionen an Samstagen und vor Feiertagen gibt es ab 7. Mai wieder, und ebenso ist auch die im Vorjahr geschlossene Schatzkammer wieder geöffnet", berichtete P. Staberl. Den Vorgaben der Bischofskonferenz entsprechend, müssen die Gläubigen derzeit nur noch beim Betreten und Verlassen der Basilika eine FFP2-Maske tragen. An den Eingängen findet man weiterhin Desinfektionsmittel, alle bisherigen Abstandsregeln gelten jedoch nicht mehr.
Als Besonderheiten unter den zahlreichen Höhepunkten des heurigen Mariazeller Pilgerjahres wird es Ende Juni eine Rosswallfahrt und im Herbst eine große Volksmusik-Wallfahrt geben, kündigte der dem Benediktinerorden zugehörige Superior an. Auch zu anderen großen Pilgertreffen wie jenen der Feuerwehrleute, der Straßenbediensteten, den traditionellen Wallfahrten der Burgenlandkroaten, der Angehörigen der Roma oder des Niederösterreichischen Bauernbundes werden in Mariazell wieder hunderte bis tausende Teilnehmer erwartet.
Gebete um Frieden
Der Krieg in der Ukraine wird Mariazell spürbar einen Stempel aufdrücken, so die Erwartung des Wallfahrtsdirektors. "Bei manchen Pilgergruppen aus Ländern mit besonders aktiver Flüchtlingsaufnahme wie etwa Polen, Slowakei und Ungarn ist es noch fraglich, ob sie wie früher kommen. Vor allem aber ist der Friede angesichts der Verunsicherung in Europa das bestimmende Thema vieler Wallfahrten. Schließlich wird die Mariazeller Madonna ja als 'Mater Gentium Slavorum' (lat. Mutter der slawischen Völker) verehrt." Auch die durch den Ortskern führenden Lichterprozessionen würden das Gebet um Frieden in den Fokus nehmen, solange in der Ukraine weiter Krieg ist, kündigte P. Staberl an.
Ukrainer gehören zwar nicht zu den traditionellen Pilgergruppen in Mariazell, sind aber derzeit dennoch Gäste der Basilika: 43 aus Kriegsschauplätzen wie Mariupol, Charkiw oder Kiew Geflüchtete sind seit mehr als einem Monat in kirchlichen Räumlichkeiten untergebracht, darunter auch 14 Kinder. Die Mitglieder der Pfarre Mariazell beteiligten sich mit großem Einsatz an der Betreuung und Integration, berichtete der Superior, was sich unter anderem bei den Pfarrgottesdiensten durch in Ukrainisch vorgetragene Lesungen und Gebete sowie Simultanübersetzungen bemerkbar mache, sowie zuletzt auch durch orthodoxe Osterfeiern mit Osterbrot-Segnung. Direkte Verbindungen zum Wallfahrtsbetrieb gibt es dabei jedoch nicht. (Infos: www.basilika-mariazell.at)
Quelle: kathpress