Wien: Pro Oriente mit neuen Impulsen für ökumenischen Dialog
Die Stiftung Pro Oriente setzt neue Impulse für den ökumenischen Dialog. Bei der jüngsten Tagung der "Pro Oriente"-Kommission für den Dialog zwischen der katholischen und den orientalisch-orthodoxen Kirchen wurden als Ergebnis zahlreiche Empfehlungen verabschiedet, wie die Ökumene stärker in den einzelnen Kirchen Fuß fassen kann. Die Tagungsteilnehmer aus der katholischen Kirche und den orientalisch-orthodoxen Kirchen hatten vergangene Woche in Wien über die Rezeption der Ergebnisse des offiziellen Dialogs zwischen ihren Kirchen beraten.
Die Durchführung ökumenischer Schulungen, Ausbildungen und Kurse für Bischöfe, Klerus und alle anderen in den Kirchen Tätigen wie für das gesamte Volk Gottes sei höchst an der Zeit. Ohne Rezeption hätten die ökumenischen Dialoge keine solide Grundlage und könnten keine dauerhaften Früchte tragen. Es bedürfe der Einbeziehung des gesamten Volkes Gottes, hielten die Kommissionsmitglieder laut dem "Pro Oriente"-Informationsdienst fest. Deutlich wurde bei der Tagung auch, dass sich Vertreterinnen und Vertreter der orientalisch-orthodoxen Kirchen künftig noch aktiver an der Erarbeitung der ökumenischen Texte beteiligen sollten.
Intensiv diskutiert wurde auf der Tagung u.a. die Sprache ökumenischer Dokumente: Diese von Bischöfen und Experten verfassten Dokumente seien an der Basis nur schwer zu verstehen. Dies sollte bei der Ausarbeitung der Dokumente ebenso berücksichtigt werden wie besondere Schwierigkeiten, die bei der Übersetzung in verschiedene Sprachen, Kulturen und politische Kontexte auftreten können.
Wie die Tagungsteilnehmer weiter betonten, sei eine gründliche Reflexion über die grundlegende Unterscheidung zwischen Elementen des Glaubens und Theologumena, denen die letzte lehramtliche Autorität fehlt, bzw. zwischen legitimen und illegitimen Diversitäten zwischen den Kirchen notwendig.
Einhellig bekundeten die Mitglieder auch, dass es mehr wechselseitige Vereinbarungen zu pastoralen Fragen brauche, die den dringenden Bedürfnissen der Gemeinschaften insbesondere an den Orten entsprechen, an denen Gläubige beider Seiten zusammenleben.
Vorwurf des katholischen Proselytismus
Ein nach wie deutliches Problem, das bei der Tagung angesprochen wurde, ist der (frühere) katholische Proselytismus: Obwohl die Römisch-katholische Kirche den Proselytismus offiziell und wiederholt abgelehnt hat, besteht immer noch die Wahrnehmung, dass katholische Missionen versuchten, orthodoxe Christen anzuziehen, was sich negativ auf orientalisch-orthodoxe Ansätze zur Ökumene auswirken könnte. In manchen geografischen Kontexten seien zudem auch die Beziehungen zwischen den orientalisch-katholischen und orientalisch-orthodoxen Kirchen ambivalent, so die Teilnehmenden.
Es wurde zudem die Überzeugung geäußert, dass mit Blick auf das 1.700-jährige Jubiläum des Ökumenischen Konzils von Nicäa im Jahr 2025 alle Kirchen eingeladen seien, die Bemühungen um ein gemeinsames Osterdatum neu zu beleben.
Inoffizieller ökumenischer Dialog
Die "Commission for Ecumenical Encounter between the Catholic Church and the Oriental Orthodox Churches" (CEE) von Pro Oriente wurde im November 2015 begründet, um dem inoffiziellen Dialog zwischen der römisch-katholischen Kirche und den orientalisch-orthodoxen Kirchen neuen Auftrieb zu geben. Wissenschaftlicher Leiter der Kommission ist der Grazer Ostkirchen- und Ökumene-Experte Prof. Pablo Argarate. Da dieser krankheitsbedingt nicht an der jüngsten Tagung teilnehmen konnte, hatte der Salzburger Ostkirchenexperte Prof. Dietmar Winkler die Leitung der Tagung übernommen.
Winkler betonte zum Abschluss im Gespräch mit dem "Pro Oriente"-Informationsdienst, dass man im ökumenischen Dialog über einen längeren Zeitraum betrachtet durchaus beachtliche Fortschritte erzielt habe. Kurzfristig sei es oft allerdings schon auch sehr mühsam, räumte der Ökumene-Experte ein.
"Nicht alles, was im Dialog erarbeitet wurde, ist schon wieder vergessen. Manches ist auch schon längst gelebte Praxis", so Winkler wörtlich. So konnte etwa mit der indischen syrisch-orthodoxen Kirche, die zum Patriarchat von Antiochien gehört, ein Abkommen für gemischtkonfessionelle katholisch-orthodoxe Ehen abgeschlossen werden, was eine wichtige Antwort auf die gelebte Realität vor Ort in Indien ist. Mit der Malankara Orthodox-syrischen Kirche sei dies noch nicht gelungen.
Allerdings seien auch nicht nur die verschiedenen Kirchen mit unterschiedlichen ökumenischen Geschwindigkeiten unterwegs. Auch innerhalb von Kirchen sei dieses Phänomen zu beobachten, so Prof. Winkler. Er verdeutlichte dies am Beispiel der Koptisch-orthodoxen Kirche, die in ihrem Stammland Ägypten in einem muslimischen Umfeld weit konservativer sei als beispielsweise in Westeuropa. Hier würden sich in einem säkularen Kontext mit Religionsfreiheit ganz andere Fragen für die Kirche stellen.
Winkler räumte ein, dass es ihm im Dialog oft nicht einleuchte, "was jetzt bei bestimmten Fragen das tatsächlich Trennende ist". Man sollte grundsätzlich Vielfalt zulassen und "erst in einem zweiten Schritt fragen, ob das tatsächlich ein Trennungsgrund ist. Und wenn es keiner ist, dann kann man es abhaken und den nächsten Schritt tun", zeigte sich Prof. Winkler überzeugt. Bei all der Vielfalt, den unterschiedlichsten Kulturen und Traditionen sowie gesellschaftlichen und politischen Umständen sei es schlicht unmöglich, in allem Übereinkunft zu erzielen, was aber auch gar nicht notwendig sei, so Winkler.
An der CEE-Tagung nahmen u.a. der Syrisch-orthodoxe Metropolit der Niederlande, Mor Polycarpus Aydin, und der Koptisch-orthodoxe Bischof von Nord-Shoubra in Ägypten, Anba Angelos, teil. Der armenisch-apostolische Bischof von Damaskus, Armash Nalbandian, nahm online teil, ebenso P. Frans Bouwen aus Jerusalem. Dazu kamen zahlreiche weitere Expertinnen und Experten aus den verschiedenen orientalisch-orthodoxen Kirchen sowie Fachexpertinnen und -experten aus dem PRO ORIENTE-Netzwerk. Der Päpstliche Einheitsrat war durch P. Hyacinthe Destivelle, der ebenfalls online teilnahm, vertreten.
Orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich
Im Rahmen der Tagung trafen die Kommissionsmitglieder in Wien auch mit Vertreterinnen und Vertretern der in Österreich beheimateten Orientalisch-orthodoxen Kirchen zusammen. "Pro Oriente"-Präsident Alfons Kloss konnte dazu u.a. unter anderem den Syrisch-orthodoxen Metropoliten von Österreich und der Schweiz, Mor Dionysios Isa Gürbüz, den Wiener Weihbischof Franz Scharl, den Vorsitzenden des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich, Domdekan Prof. Rudolf Prokschi, und den Generalvikar des Ordinariats der katholischen Ostkirchen, Yuriy Kolasa, begrüßen.
Zum Empfang gekommen waren Vertreterinnen und Vertreter der Koptisch-orthodoxen, Syrisch-orthodoxen, Malankara-Orthodoxen, Äthiopisch-orthodoxen und Eritreisch-orthodoxen Kirche. Vom Armenisch-apostolischen Patriarchaldelegaten von Mitteleuropa und Skandinavien, Bischof Tiran Petrosyan, wurden Grüße seiner Kirche übermittelt. Als Gäste aus der Ökumene waren u.a. Vertreter des Ökumenischen Patriarchats, des Patriarchats von Antiochien, des Patriarchats von Serbien und der Assyrischen Kirche des Ostens gekommen.
Manche Kirchen sind mit zahlreichen Gemeinden in Österreich vertreten, allen voran die Koptische Kirche mit bis zu 10.000 Gläubigen im Land, während die Eritreische Kirche kaum 200 Mitglieder zählt. Manche orientalischen Kirchen verfügen bereits über mehrere eigene Gotteshäuser, andere sind noch in der Regel in katholischen Gemeinden zu Gast. Vielfach wurde von den Kirchenvertretern Dankbarkeit für die katholische Gastfreundschaft geäußert.
Neben den Orientalisch-orthodoxen Kirchen gibt es in Österreich auch zahlreiche Orientalisch-katholische Kirchen. Diese wurden beim Empfang an erster Stelle vom Generalvikar des Ordinariats für die Gläubigen der katholischen Ostkirchen, Yuriy Kolasa, repräsentiert. Im Ostkirchen-Ordinariat würden Priester der byzantinischen und orientalischen Traditionen zusammenwirken, so Kolasa. Er hob ebenfalls den großen Reichtum der orientalischen Liturgien hervor und würdigte die Vielfalt und den darin zum Ausdruck kommenden Reichtum des Christentums. Zum Empfang gekommen waren u.a. Vertreter der Äthiopisch-katholischen und der Eritreisch-katholischen Gemeinde in Wien.
Quelle: kathpress