Wien: Stilles "YesWeCare"-Gedenken Tausender für tote Ärztin
Das Gedenken der Initiative "YesWeCare" für die oberösterreichische Allgemeinmedizinerin Lisa-Maria Kellermayr am Montagabend auf dem Stephansplatz war ein "beeindruckendes, sehr bewegendes" Zeichen gegen Hass im Internet. Wie Dompfarrer Toni Faber am Dienstag im Gespräch mit Kathpress erklärte, halte er die am Vorabend erlebte "ruhige, gesammelte Stimmung", die völlig auf Aggressionen oder "Zurückschlagen" verzichtet habe, für wirkungsvoller gegen aufgeheizte Emotionen als bloßes Argumentieren.
Auch der anwesende Wiener Weihbischof Franz Scharl zeigte sich beeindruckt von dem stillen Plädoyer so vieler. "Da wurde nicht groß geredet" oder "Proklamationen" verbreitet, dafür eine heute so wichtige "Respektkultur" spürbar, so Scharl im Kathpress-Gespräch.
Ab 20 Uhr hatten sich am Montag Tausende Menschen vor dem Stephansdom versammelt, auch in Linz, Wels und Graz fanden drei Tage nach dem Tod der 36-Jährigen Medizinerin Mahnwachen statt. Um 20.45 Uhr läuteten die Glocken des Wiener Wahrzeichens, tausende Kerzen wurden entzündet, dazu erstrahlten unzählige Handy-Lichter. Die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung stimmten spontan mehrere Lieder an, darunter "Dona nobis pacem" und "We Shall Overcome". Auf Ansprachen und Proklamationen hatte Initiator Daniel Landau bewusst verzichtet. "Ich glaube, dass gemeinsam Trauern einer Gesellschaft gut tut", sagte er der APA. Landau kannte Kellermayr persönlich, hatte sie erst Mitte Juli in ihrer Ordination getroffen. Dabei hätten sie auch über den Glauben gesprochen, das sei der Medizinerin wichtig gewesen, berichtete der Bruder des Caritas-Präsidenten.
Erschüttert von Suizid
Dompfarrer Faber war zuvor von "#YesWeCare"-Initiator Landau kontaktiert worden und hatte "sofort meine Unterstützung zugesagt". Die Glocken des Stephansdoms sollten das Gedenken und Gebet für die Verstorbene begleiten. Faber und Landau zeigten sich im Gespräch mit Kathpress "tief betroffen" vom Suizid Kellermayrs am Freitag. Die Ärztin war monatelang von Corona-Impfgegner bedroht worden und hatte sich deswegen von den Behörden zu wenig unterstützt gefühlt.
(HINWEIS - Sie sind in einer verzweifelten Lebenssituation und brauchen Hilfe? Sprechen Sie mit anderen Menschen darüber. Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr und gebührenfrei unter der Notrufnummer 142 erreichbar sowie unter www.telefonseelsorge.at. Hilfsangebote für Personen mit Suizidgedanken und deren Angehörige bietet das Suizidpräventionsportal des Gesundheitsministeriums unter www.suizid-praevention.gv.at)
Quelle: kathpress