Schwertner: "Es braucht einen Rettungsschirm gegen die Armut"
Angesichts der aktuellen Teuerung fordert die Caritas einmal mehr strukturelle Änderungen bei der bundesweiten Hilfe. "In der Corona-Krise sind sehr große Beträge in die Hand genommen worden, um die Wirtschaft rasch zu stützen, jetzt geht es darum, einen Rettungsschirm gegen Armut zu spannen", appellierte Klaus Schwertner, geschäftsführender Caritasdirektor der Erzdiözese Wien, in der aktuellen Ausgabe der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" (28. August) an die Politik. Das Gespräch ist Teil der gemeinsamen Reihe "Sommergespräch" der Kirchenzeitung mit dem Radiosender "radio klassik Stephansdom" und kann dort am Montag in voller Länge gehört werden (29. August, 17.30 Uhr).
Die Inflation mache mittlerweile auch der Hilfsorganisation selbst zu schaffen. Erstmals könne die Wiener Caritas nicht mehr alle Hilfe suchenden Menschen mit Essen versorgen. "15 Tonnen Lebensmittel pro Woche geben wir normalerweise aus, jetzt liegen wir bei 27. Zudem gehen die Lebensmittelspenden zurück, die Nachfrage steigt", erläuterte Schwertner die Problematik. Auslöser sei der Krieg in der Ukraine, der die Preise spürbar steigen lässt, besonders bei den Energiekosten und Lebensmittelpreisen. Stark betroffen sind alleinerziehende Frauen und Menschen mit einer Mindestpension. "Sie schämen sich und warten oft zu lange, bis sie um Hilfe ansuchen", so Schwertner.
Derzeit würden in vielen Bereichen, etwa bei Strom und Gas, zudem die Jahresabrechnungen fällig, was armutsbetroffene oder -gefährdete Menschen unter besonderen Druck setze. "Diese leben meist in schlecht isolierten Wohnungen, können sich Strom- und Gasanbieter nicht aussuchen." Die Caritas Wien unterstütze Betroffene mit Überbrückungshilfen und Beratung.
Angesichts der hohen Inflation benötige man aber mehr Spenden, um die gleiche Hilfe leisten zu können, rechnete Schwertner vor. Gleichzeitig steige der Andrang bei den sozialen Beratungs- und Lebensmittelausgabestellen. Angesichts des bevorstehenden Winters habe man einen Krisenstab eingerichtet, mit dem Ziel Hilfsangebote trotz Energieengpässen sicherzustellen, berichtete der Caritasdirektor.
Gegen die Einsamkeit
Ebenfalls ein großes Anliegen der Caritas ist der Kampf gegen die Einsamkeit. In Niederösterreich habe man nun bereits das hundertste "Plauderbankerl" errichtet. Mit dem Projekt verfolgt die Hilfsorganisation das Ziel, Menschen wieder miteinander ins Gespräch zu bringen. "Wer hier sitzt, setzt ein Zeichen gegen Einsamkeit und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft", erklärte Schwertner in einer Aussendung der Niederösterreichischen Landesregierung vom Donnerstag.
In herausfordernden Zeiten sei das miteinander Sprechen und gegenseitige Verstehen wichtiger denn je. Schon vor der Pandemie seien viele Menschen von Einsamkeit betroffen gewesen. "In ganz Österreich gab es rund 372.000 Menschen, die nach eigenen Angaben niemanden für persönliche Gespräche in ihrem Umfeld haben", so Schwertner, dabei gebe es nichts Gesünderes, als die aktive Teilnahme an der Gesellschaft.
Initiativen, Vereine und Projekte zeigten eindrucksvoll vor, was es für ein gutes Miteinander brauche. Auch die Caritas leiste gemeinsam mit den Pfarren und vielen Freiwilligen einen wichtigen Beitrag. Ziel müsse es sein, den sozialen Zusammenhalt und das Miteinander in unserer Gesellschaft zu stärken. "Ich bin zuversichtlich: Gemeinsam bekommen wir das hin", so Schwertner abschließend. (Info: https://fuereinand.at)
Quelle: kathpress