Theologen: Gefährlichkeit des Glaubens verlangt starke Theologie
Mit einem Plädoyer für eine starke Theologie angesichts eines schwindenden theologischen bzw. religiösen Wissens in der Gesellschaft endete am Donnerstag ein zweitägiges Symposion über "Das Heilige" in Graz. Das Symposion, mit dem die Fakultät ins neue Studienjahr startete, beleuchtete das Phänomen des Heiligen aus religionswissenschaftlicher, philosophischer, theologischer und kultureller Sicht. Dabei wurde deutlich, dass das Heilige "höchst ambivalent" sei, insofern es gerade auch zur Rechtfertigung von verwerflichen Taten oder Absichten wie einem "Heiligen Krieg" genutzt werden könne. Dem Glauben eigne insofern eine gewisse Gefährlichkeit, auf die man nur mit einer "starken Theologie" antworten könne, betonte der Grazer Theologe Prof. Peter Ebenbauer im Gespräch mit Kathpress.
Auf die vielfältigen biblischen Zugänge zum Thema Heiligkeit machte zuvor in einem kursorischen Durchgang durch Altes und Neues Testament die Grazer Ordensfrau und Exegetin Sr. Gertraud Johanna Harb aufmerksam. Ist im biblisch-jüdischen Kontext Heiligkeit zumeist verbunden mit Fragen des Kultes und der gottesdienstlichen Praxis, so werde Heiligkeit bei den Propheten bezogen auf die Zuwendung zu den Armen und Ausgegrenzten. Im Neuen Testament hingegen spiele Heiligkeit keine übermäßige Rolle, so Harb: "Jesus hat es nicht so mit der Heiligkeit." Stattdessen trete bei Jesus das Konzept der Barmherzigkeit und der Zuwendung zu den Armen als praktischer Erweis von Heiligkeit in den Vordergrund.
Diesen Ball konnte der Franziskaner-Pater Johannes Schneider aufnehmen und Aspekte der Heiligkeit bei Franz von Assisi darlegen. Bei Franz von Assisi zeige sich die Heiligkeit Gottes nicht in seiner Erhabenheit, sondern vielmehr in seinem "Abstieg und Einstieg in die menschliche Nähe und Berührbarkeit", so Schneider. Aus dieser Selbstentäußerung Gottes folge zugleich die Heiligung des Menschen und der Schöpfung und die unbedingte Hinwendung zu den Armen und Bedrängten.
Das Symposion, das gemeinsam von Katholisch-Theologischer Fakultät und dem Grazer Franziskanerkloster organisiert wurde, endete mit einer Podiumsdiskussion. Tenor dabei war, dass es gerade im Dialog mit der säkularen Gesellschaft, in der "heilig" als Vokabel zur Beschreibung unterschiedlichster Erfahrungen und Empfindungen herhalten muss, eine klarere theologische Kriteriologie braucht, um solche Erfahrungen und Umschreibungen des "Heiligen" klarer zu fassen. Die Herausforderung im Dialog mit der säkularen Gesellschaft bestehe dabei darin, einen christlichen Mehrwert des Begriffs einzuspeisen, ohne weltliche Zugänge als defizitär erscheinen zu lassen.
Quelle: kathpress