Lauterer-Begräbnis: Wohlwend würdigt Offenheit und Menschlichkeit
"Seine Offenheit war oft ein Türöffner. Sein Wissen eine Brücke und seine Menschlichkeit ein Magnet, der Menschen auf ihn zugehen ließ." Mit diesen Worten hat der Abt des Stiftes Wettingen-Mehrerau, Vinzenz Wohlwend, den langjährigen Abt von Wettingen-Mehrerau, Kassian Lauterer (88), gewürdigt. Altabt Lauterer war am 19. Oktober in Bregenz verstorben. Seine Beisetzung fand am Mittwochnachmittag in der Klosterkirche der Abtei am Bregenzer Bodenseeufer statt. Nicht unerwähnt ließ Abt Wohlwend in seiner Predigt die durch Mönche des Klosters verübten Missbrauchsfälle während der Amtszeit seines Vorgängers. "All jene, die unter dieser Sünde leiden, bitte ich um Vergebung, wenn sie es können", so Abt Wohlwend.
Abt Lauterer sei "mit Leib und Seele Mönch" gewesen, der Verantwortung als Abt für das Kloster und seine Betriebe getragen habe, so Wohlwend. "Gerade die Verantwortung und die Arbeit als Abt - quasi als CEO - des Klosters oder als Präses der Kongregation - quasi als Vorsitzender einer Holding - war nur bewältigbar mit einer großen Disziplin bei der Arbeit." Bis spät in der Nacht sei Lauterer deshalb oft am Schreibtisch gesessen, um das Pensum zu bewältigen, erinnerte Wohlwend. Und dennoch habe er immer Zeit für Anliegen gehabt: "Selten einmal war seine Tür verschlossen, wir konnten als Mönche immer zu ihm kommen, er nahm sich Zeit."
Dem Abt sei es als Erzieher und Lehrer stets ein Anliegen gewesen, "den jungen Menschen das Denken und den Glauben nahezubringen", das habe ihn "stets mit Freude erfüllt", so Wohlwend. Lauterer habe dabei selten streng sein können, habe aber mit seinem Wissen beeindruckt. Dieses Wissen und seine Belesenheit machten ihn zu einem "gern gesehenen und spannenden Gesprächspartner - bei Bischöfen, Äbten und Äbtissinnen, Theologen, Medizinern - auch bei Lehrerkollegen". Auch in Artikeln und Beiträgen zu wichtigen Themen der Gesellschaft habe man seine Ausführungen geschätzt.
Nicht unerwähnt ließ Abt Wohlwend die durch Mönche des Klosters verübten Missbrauchsfälle während der Amtszeit von Albtabt Lauterer, "eine Verunreinigung, die erst nach dem Rücktritt von Abt Kassian sichtbar wurde", so Wohlwend. "Es waren nicht seine Verfehlungen, doch er musste mit seiner Verantwortung dafür geradestehen. Er tat dies. Manchen zu wenig und zu spät. Es bereitete ihm viele schlaflose Nächte. Gerade in den vergangenen zwölf Jahren war die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle auch für ihn ein drängender Schmerz."
Der Altabt litt, "weil unter seiner Verantwortung Kindern und Jugendlichen Leid angetan wurde, das er stets selbst verurteilte. Er litt, weil klar wurde, dass vor Jahrzehnten falsch gehandelt wurde. Und er litt, weil er sah, dass dieses Leid der Opfer bis heute andauert und es nicht wiedergutgemacht werden kann." Es sei ihm bewusst gewesen, dass "keiner mehr gelitten hat als die Opfer", so Abt Wohlwend: "Ich bitte an dieser Stelle um Verzeihung. All jene, die unter dieser Sünde leiden, bitte ich um Vergebung, wenn sie es können."
41 Jahre Abt des Zisterzienserklosters
Kassian Lauterer stand dem Zisterzienserklosters Wettingen-Mehrerau 41 Jahre als Abt vor. Er wurde am 29. Jänner 1934 in Bregenz als Sohn eines Postangestellten geboren. Er war bereits als Jugendlicher mit der Mehrerau eng verbunden: Nach der Wiedereröffnung des "Collegium Bernardi" im Jahr 1945 war er einer der ersten Schüler, bereits nach der 6. Gymnasialklasse trat er in den Orden ein. Seine philosophischen und theologischen Studien schloss Lauterer in Fribourg in der Schweiz ab. 1957 wurde er zum Priester geweiht und wirkte dann als Lehrer und Präfekt am Mehrerauer Internat.
Nach der Bestätigung seiner Wahl zum Abt durch den Papst wurde Lauterer am 26. Oktober 1968 von Kardinal Benno Gut (1897-1970), dem vormaligen Abt von Einsiedeln, zum Abt des Klosters Wettingen-Mehrerau geweiht. Auf den jungen Abt warteten in den folgenden Jahrzehnten große Aufgaben. Die Klostergebäude mussten dringend saniert werden, der Konvent war zudem überaltert und hatte Nachwuchssorgen. Zum Ende seiner Amtszeit übergab Lauterer ein "wohlbehütetes Erbe", wie der damalige Vorarlberger Landeshauptmann Herbert Sausgruber 2009 das umfassende Engagement des Abtes für die Mehrerau würdigte.
Die Zisterzienserabtei Mehrerau wurde 1854 gegründet. Damals kamen Zisterzienser-Mönche aus Wettingen in der Schweiz, von wo sie die Liberalen 1841 vertrieben hatten, in das einstige Bregenzer Benediktinerstift. Die Mehrerau gilt als Territorialabtei, daher ist der jeweilige Abt auch Mitglied der Österreichischen Bischofskonferenz, was bei Lauterer von 1984 bis 2009 der Fall war. Im Kloster Mehrerau leben nach dem Tod Lauterers derzeit 21 Mönche, zur Abtei gehört auch das Priorat Birnau. Seit 2018 steht Abt Vinzenz Wohlwend an der Spitze des Konvents.
Quelle: kathpress