
Religionstheologe Bernhardt: "Heil" auch außerhalb der Kirche
Aus dem Heilswillen Gottes darf keine Diskriminierung folgen: Das betonte der Religionstheologe Reinhold Bernhardt am Donnerstagabend bei der sechsten "Ulrich Winkler Lecture" an der Katholisch-Theologischen Fakultät Salzburg. Er stellte die Frage, wie es sein könne, dass Gott, der laut Bibel alle Menschen gerettet wissen will, einen Weg dafür vorsieht, der nicht allen Menschen zugänglich ist: nämlich den Weg des christlichen Glaubens, vermittelt durch die Kirche. "Muss man nicht Gott größer denken, dass er mit seinem Heilswillen nicht auch Formen gefunden hat, auch Menschen außerhalb des christlichen Glaubens zu erreichen?", so der Theologe im Kathpress-Interview nach seinem Vortrag.
Der Professor für Systematische Theologie und Dogmatik an der Universität Basel sprach dazu von "Repräsentationen" außerhalb des christlichen Glaubens. In der Begegnung mit anderen Religionen und Kulturen gebe es beeindruckende Beispiele von dem, was Paul Tillich "Gestalten der Gnade" nannte, wies der gebürtige Deutsche hin. Zugleich benannte Bernhardt "die andere Seite innerhalb und außerhalb des Christentums": Erscheinungsformen, die mit dem, was durch Christus vermittelt wurde, nicht in Einklang zu bringen sind, "wo ich dann auch eine Form einer theologischen Religionskritik für notwendig halte".
Es sei ihm wichtig, den Ursprungsimpuls des Christentums wieder neu zur Sprache zu bringen, etwa die "Rede vom unbedingten und universalen Heilswillen Gottes", erklärte Bernhardt. Das stehe "in Spannung zur Vorstellung, dass es Heil nur in der Kirche gibt".
Bei interreligiösen Begegnungen gehe es um "Suchbewegungen", darum, herauszufinden, was andere Menschen im Tiefsten ihres Wesens bewegt, was ihre spirituellen und geistigen Kraftquellen sind, aus denen sie Hoffnung schöpfen. Diesem Anspruch folge er auch selbst, er brauche dafür aber auch "eine Theologie, die mir das erlaubt", betonte der Referent. "Dann ist eine interreligiöse Begegnung ein spannender Entdeckungsprozess, auf den ich mich gerne einlasse, in dem ich aber auch kritisch bleibe."
Christus als "Mittler"
Das Thema von Bernhardts Vortrag "Christologie im Kontext der Religionstheologie" griff die Debatte um das Verhältnis des christlichen Glaubens zu anderen Religionen auf. Entscheidend ist dabei die Frage, ob Jesus Christus der eine und einzige Mittler authentischer Gotteserkenntnis und einer heilshaften Gottesbeziehung ist. Für Bernhardt ist der Begriff "Repräsentation" in der Christologie zentral. Er erlaube es, die Person Jesu als einzigartige, aber nicht einzige Vergegenwärtigungsgestalt Gottes zu verstehen.
Laut Bernhardt kann man die Position des verstorbenen Salzburger Dogmatikers Ulrich Winkler zusammengefasst sehen in einem Satz, den er zu Beginn seiner Aufsatzsammlung "Wege der Religionstheologie" formulierte: "Der Verpflichtungscharakter des Christusbekenntnisses steht nicht gegen Israel und die anderen Religionen, sondern für die Anerkennung ihrer Würde vor Gott."
Heil als "Gabe Gottes"
Für Bernhardt ist "Heil" eine "Gabe Gottes", die nicht in religiösen Besitz überführt werden darf und deshalb nicht zur Auszeichnung eines "Heilsweges" in Anspruch genommen werden darf. Der Theologe erinnerte mit Erzählungen Ulrich Winklers daran, dass die Erscheinungsformen der christlichen Religion von Gläubigen anderer Religionen nicht selten "als unheilvoll erfahren" wurden. Taten gegen andere seien oft unter Berufung auf Christus legitimiert worden. Wenn sich in Jesus Christus aber die allumfassende unbedingte Zuwendung Gottes repräsentiert, sei es schwerlich denkbar, dass mit dem Christusereignis ein Ausschlussprinzip aufgerichtet sein soll.
Bernhardt verwies darauf, dass sich universaler Heilswille und Diskriminierungen widersprechen. Der Inhalt der Christusbotschaft werde durch die Art seiner Realisierung infrage gestellt. Die heilstiftende Gottesbeziehung könne auch in "Gestalten der Gnade" erscheinen, die nicht auf Christus bezogen, nicht im christlichen Glauben vermittelt und nicht Gegenstand kirchlicher Verkündigung sind. Nicht der Gehalt, sondern die Gestalt sei verschieden.
Prof. Martin Rötting, Fachbereichsleiter Systematische Theologie in Salzburg, würdigte den beeindruckenden "Fußabdruck" Reinhold Bernhardts, den dieser bereits in der internationalen religionstheologischen Debatte um die Heilswahrheit innerhalb bzw. außerhalb der eigenen Religion - Stichworte Inklusivismus, Exklusivismus und Pluralismus - hinterlassen habe.
"Ulrich Winkler Lectures"
Die "Ulrich Winkler Lectures" sind eine Vortragsreihe im Gedenken an den verstorbenen Salzburger Dogmatiker Ulrich Winkler (1961-2021). Er war Assoziierter Professor am Fachbereich für Systematische Theologie und Mitgründer des Zentrums für Theologie Interkulturell und Studium der Religionen. Seine Forschungsschwerpunkte waren die Religionstheologie und die Komparative Theologie. Die Vorträge sollen am Ende der Reihe gesammelt in einem Buch erscheinen. (Infos: www.plus.ac.at/ztkr/news-events-social-media/bthw2021/ulrich-winkler-lectures)
Quelle: kathpress