
"Jugend Eine Welt": Lage in Tigray bleibt dramatisch
Die Lage in der äthiopischen Bürgerkriegsregion Tigray bleibt weiterhin dramatisch. Obwohl sich die Zentralregierung und die Volksbefreiungsfront Tigray (TPLF) vor über einer Woche auf eine Wiederaufnahme der humanitären Hilfe für die Millionen notleidenden Menschen geeinigt haben, ist bis dato nur wenigen Hilfstransporten der Zutritt in die Konfliktregion gewährt worden. Von einer "weiter sehr ernsten Situation" berichten Projektpartner des Hilfswerks "Jugend Eine Welt" in einer Aussendung vom Donnerstag.
"Bei uns hier in Adwa ist noch kein einziger Hilfs-LKW eingetroffen. Wir warten dringend auf überlebenswichtige Nahrungsmittel", zitiert die Hilfsorganisation einen Vertreter der Salesianer Don Boscos der Stadt Adwa, die langjährige Projektpartner von Jugend Eine Welt sind. So gut wie alle Kleinkinder sowie schwangere bzw. stillende Frauen seien unterernährt, zudem fehle es an grundlegenden Dingen wie sauberes Trinkwasser, Mehl, Speiseöl, Medikamenten, Vitaminpräparaten und Hygieneartikeln.
Mitglieder der Ordensgemeinschaft würden seit Beginn der Kriegshandlungen in Tigray in ihren Bildungseinrichtungen ausharren. Soweit es die Lage und die zur Verfügung stehenden Hilfsmittel wie Wasser, Mehl und Medikamente ermöglichten, leisteten sie dabei auch humanitäre Hilfe.
Einzig verbliebene Hilfsorganisation
Die Kleinstadt Adwa befindet sich in der Bürgerkriegsregion Tigray, rund 1.000 Kilometer nördlich der Hauptstadt Addis Abeba, nahe der Grenze zu Eritrea. "Jugend Eine Welt" ist den Angaben zufolge seit vielen Jahren in der Provinz tätig und führte in Zusammenarbeit mit den Salesianern Don Boscos die Solartechnik-Ausbildung in vier berufsbildenden Don Bosco-Einrichtungen ein. Mit Unterstützung der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit und privaten Gebern baute das Hilfswerk Werkstätten auf und unterstützte die Ausarbeitung nötiger Unterrichtsmaterialien.
Mit Ausbruch des Bürgerkriegs vor zwei Jahren stoppte die Ausbildung abrupt. "In Adwa waren anfangs noch viele Hilfsorganisationen vor Ort, doch diese sind alle aufgrund des Kriegs nach Mek'ele geflohen und haben ihre Büros hier geschlossen", wird der Jugend Eine Welt-Partner, dessen Name aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden kann, zitiert. "Einzig wir blieben in der Stadt und versuchen seitdem die notleidenden Menschen vor Ort zu betreuen und zu versorgen."
Diese Hilfeleistung gestalte sich jedoch zunehmend schwieriger. "Wir haben seit über vier Wochen keinen Strom. Darüber hinaus fehlt der Zugang zu sauberem Trinkwasser, vorwiegend dient der Fluss als Wasserquelle", so der Vertreter des Ordens. Einzig zwei Brunnen seien noch vorhanden. "Mit einem, der sich auf unserem Gelände befindet, füllen wir Flaschen für die Bevölkerung ab. Der andere Brunnen außerhalb unserer Einrichtung funktioniert aufgrund einer defekten Pumpe nicht mehr." Man warte hier auf Ersatzteile, die von "Jugend Eine Welt" finanziert worden seien. Für die erfahrene Unterstützung und die ständige Bereitschaft zu helfen, sobald dies nötig sei, sei man äußerst dankbar.
Schulstart als Lichtblick
Als eine der wenigen positiven Nachrichten inmitten der dramatischen Situation im Tigray gab der Projektpartner den erneuten Start des Schulbetriebes - wenn auch eingeschränkt - vor wenigen Tagen bekannt. Aktuell sei die Ordensschule "die einzige Bildungseinrichtung in der gesamten Region, die offen hat." Mehr als 700 Kinder - sowohl aus der lokalen Bevölkerung als auch von nach Adwa geflüchteten Familien - besuchten nun von der fünften bis zur achten Schulstufe den Unterricht.
Als "kleiner, aber wichtiger Lichtblick" nannte auch Reinhard Heiserer, Geschäftsführer von "Jugend Eine Welt", den Schulstart. Die humanitäre Lage in Tigray bleibe freilich "verheerend", und weiterhin gebe es viele erschütternde Nachrichten und Bilder aus der Region: "Große Teile der Agrarinfrastruktur wurden in Folge des Bürgerkriegs zerstört und den Bäuerinnen und Bauern somit ihre Lebensgrundlage genommen. Die Banken wurden bereits zu Beginn des Konflikts geschlossen. Menschen, die sich etwas angespart haben, können nicht auf ihre Ersparnisse zurückgreifen. Die Region ist weitestgehend abgeschnitten von Auslandsüberweisungen, Treibstoff- und Nahrungsmittellieferungen. Die Telefonverbindungen brechen immer wieder zusammen", schilderte Heiserer.
Angesichts der anhaltenden Notlage bittet "Jugend Eine Welt" um Spenden an die langjährigen Projektpartner vor Ort. Diese würden durch ihre "Überlebenshilfe" für die notleidende Bevölkerung täglich ihr Leben riskieren. (Jugend Eine Welt-Spendenkonto: AT66 3600 0000 0002 4000, Onlinespenden unter www.jugendeinewelt.at/spenden-ist-helfen/jetzt-spenden)
Quelle: kathpress