
Parlament: Hungerkatastrophe "Holodomor" darf sich nicht wiederholen
Vor 90 Jahren fielen in der Ukraine bis zu acht Millionen Menschen einer von den Sowjets absichtlich herbeigeführten Hungerkatastrophe zum Opfer. Der "Holodomor" ("Hungermord") hat sich unauslöschlich in das Bewusstsein des ukrainischen Volkes eingebrannt. Auch das Österreichische Parlament gedenkt des Verbrechens, das Papst Franziskus am Mittwoch bei der Generalaudienz als Völkermord bezeichnet hat, mit einem entsprechenden Mehrparteienantrag.
Der Holodomor sei ein schreckliches Verbrechen gewesen, das sich niemals wiederholen darf, so die ÖVP-Menschenrechtssprecherin Gudrun Kugler im Vorfeld des 90. Gedenkens in einer Aussendung. Gemeinsam mit SPÖ, Grünen und Neos hat die Volkspartei einen parlamentarischen Entschließungsantrag eingebracht, in dem die Bundesregierung ersucht wird, auch weiterhin entschlossen dafür einzutreten, dass Hunger und Mangel nicht als Waffe gegen die Zivilbevölkerung oder als Druckmittel gegen Regierungen eingesetzt werden dürfen. Auch sollten die Parallelen zwischen der Geschichte und der Gegenwart aufgezeigt und entsprechende Verbrechen verurteilt werden. Es sei vor allem vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wichtig, den Holodomor nicht zu vergessen und dafür Sorge zu tragen, dass derartiges nicht mehr passiert.
Der Antrag wird am 1. Dezember in den Menschenrechtsausschuss eingebracht. Auch die FPÖ hat laut Kugler ihre Zustimmung zugesagt. Somit wird der Antrag aller Voraussicht nach einstimmig angenommen.
Der "Holodomor" 1932/33 wurde von den Sowjets absichtlich herbeigeführt, um die wohlhabenden ukrainischen Großbauern ("Kulaken") zu schwächen und zum Eintritt in die Kolchosen und Sowchosen zu zwingen. Der Wiener Erzbischof Kardinal Theodor Innitzer (1875-1955) war 1933 einer der ganz wenigen Vertreter des Westens, der sich für die Hungeropfer einsetzte.
Kugler: "Auch heute dürfen wir bei Angriffen auf die Freiheit, Souveränität und Integrität anderer Länder und deren Bevölkerung nicht wegschauen. Unser Weg ist dabei einer des Dialogs und der Mediation für den Frieden und der Einsatz für die Versorgungssicherheit. Aktuell heißt das auch der ukrainischen Zivilbevölkerung zu helfen, den Winter zu überleben."
Gedenkgottesdienste in Österreich
In zahlreichen österreichischen Diözesen finden am Samstag, 26. November, Gottesdienste mit den Bischöfen zum Gedenken an den "Holodomor" statt. In Wien laden beispielsweise Kardinal Christoph Schönborn, der griechisch-orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis) und der Botschafter der Ukraine in der Republik Österreich, Vasyl Khymynets, am Samstag, 26. November, um 18 Uhr zu einer ökumenischen Gedenkfeier in den Stephansdom. Der ukrainische Botschafter zog am Freitag gegenüber der "Kronenzeitung" eine Parallele zwischen Putin und Stalin: "Beide wollten die Ukraine auslöschen, beide setzten Hunger und den Winter als Waffen ein", so Khymynets.
Papst Franziskus hatte am Mittwoch bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz erneut zum Gebet für die Ukraine aufgerufen. Dabei erinnerte er auch an den 90. Jahrestag des Holodomor-"Hungermordes" und betonte ausdrücklich auch die aktuelle "Aggression" gegen die Ukraine. Franziskus sprach vom "schrecklichen Völkermord des Holodomor, die von Stalin absichtlich ausgelöste Vernichtung durch eine Hungersnot in den Jahren 1932 und 1933". Der Papst rief zum Gebet für die Opfer dieses Genozids auf und fügte hinzu: "Und beten wir auch für die vielen Ukrainer, darunter Alte, Frauen und Kinder, die heute das Martyrium der Aggression erleiden."
"Holodomor" auch im deutschen Fokus
Der Deutsche Bundestag soll die vor 90 Jahren von Sowjetdiktator Josef Stalin gezielt herbeigeführte Hungersnot in der Ukraine nach dem Willen von Ampel-Koalition und Union als Völkermord anerkennen. Das berichteten am Freitag laut APA die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und der "Spiegel" unter Berufung auf einen ihnen vorliegenden gemeinsamen Antrag von SPD, Grünen, FDP und CDU/CSU. Der entsprechende Resolutionsentwurf soll demnach am kommenden Mittwoch im Bundestag beraten und beschlossen werden.
Mehrere Länder haben den Holodomor bereits als Genozid am ukrainischen Volk eingestuft und verurteilt, am Donnerstag vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auch Irland, die Republik Moldau und Rumänien.
Quelle: kathpress