Jesuit: Meditation und Gebet weit mehr als Stimmungsmanagement
Meditation und Gebet sind weit über das "Stimmungsmanagement" hinaus wirksam. Diese Überzeugung hat der Jesuit und Führungskräfte-Coach P. Michael Bordt im Gespräch mit der "Tiroler Tageszeitung" (Freitag) bekundet. "Wer nur meditiert, um sich besser zu fühlen, um die Stimmung zu verbessern, der vertut genau diese Chance, die in einer reifen Spiritualität liegt", so Bordt. "Die Erfahrung, dass etwas Ewiges in uns ist, drängt zum Einsatz für andere und für eine gerechtere Welt", sagte der Philosoph.
Um in den Krisen der heutigen Zeit psychisch gesund zu bleiben und mit diesen gut umzugehen, ist es für den bekannten Buchautor entscheidend, immer wieder zu versuchen, in einen Abstand zu dem zu kommen, was die Krise in einem auslöst. Gerade in Krisen sei es natürlich, "dass uns die Dinge, die von außen an uns herantreten, sehr belasten". Die Kunst liege darin, psychisch robust zu sein und dennoch berührbar zu bleiben. "Denn die Alternative wäre, sich abzuschotten, hart zu werden", zeigte sich Bordt überzeugt.
Sich dessen bewusst zu werden, dass Krisen einen nicht bedrängen müssen, sei Bestandteil der spirituellen Tradition aller Religionen. Man gewinne viel, wenn man die Gefühle differenzierter wahrnehme. So könne man gerade positive Gefühle viel intensiver wahrnehmen, während hingegen bei negativen das Bedrängende abhandenkomme. "Der Abstand hilft, nicht im Strudel der Gefühle und der mit ihnen verbundenen Reaktionen zu versinken."
Als Jesuit seien für ihn Meditation und Reflexion wesentliche Elemente der Glaubenspraxis, sagte Bordt. Für eine reife Spiritualität sei entscheidend, inwiefern sie die Auseinandersetzung mit Leid und Tod integrieren könne. Aber es gehe nicht nur drum abzuschalten, sondern vielmehr um dir Identität als Mensch, um die großen Fragen: "Was soll das alles, was ich hier auf Erden tue? Was habe ich dem Leiden und dem Tod entgegenzusetzen?"
Menschen, die spirituelles Stimmungsmanagement betreiben, könnten viel von sich lernen. Wohl werde aber auch viel Schwieriges hochkommen, wie Dunkelheit, Verletzungen oder Leid. Dennoch gehe es im Christentum um ein Verständnis von Leid als "Durchgang zur Auferstehung". Für Christen sei dies ein Deutungsrahmen, "um z.B. auch besser zu verstehen, was in der Meditation passiert, wenn sie mühsam und schmerzhaft wird".
Im Kern des Christentums gehe es um Liebe, betonte Bordt: "Gott ist die Liebe, er will uns Frieden schenken." Wer sich auf Gottes Liebe einlasse und sich selbst mit seinen Verletzungen aushalte und aussöhnen könne, der könne auch Empathie und eine große Liebe allen Menschen gegenüber entwickeln. Und diese Liebe dränge zum Handeln, denn aus ihr erwächst der Wunsch, Leid zu mindern. "Hier sind wir bei der Kernbotschaft des Christentums: Die Erfahrung, dass etwas Ewiges in uns ist, drängt zum Einsatz für andere und für eine gerechtere Welt", so der Ordensmann.
Quelle: kathpress