Parlament verurteilt "Holodomor" als "schreckliches Verbrechen"
Der Österreichische Nationalrat hat einstimmig den "Holodomor" als "schreckliches Verbrechen" verurteilt. Vor 90 Jahren fielen in der Ukraine bis zu acht Millionen Menschen einer von den Sowjets herbeigeführten Hungerkatastrophe zum Opfer. Der "Holodomor" 1932/33 wurde gezielt eingesetzt, um die wohlhabenden ukrainischen Großbauern ("Kulaken") zu schwächen und zum Eintritt in die Kolchosen und Sowchosen zu zwingen. Der Wiener Erzbischof Kardinal Theodor Innitzer (1875-1955) war 1933 einer der ganz wenigen Persönlichkeiten im Westen, der sich für die Hungeropfer einsetzte.
In Erinnerung an den "Holodomor" sprachen sich die Parlamentsabgeordneten am Donnerstag mittels Entschließungsantrag einstimmig dafür aus, dass Hunger und Mangel nicht als Kriegswaffe gegen die Zivilbevölkerung oder als ein Druckmittel gegen Regierungen eingesetzt werden dürfen, wie es im Antrag heißt, in dem auch das aktuelle Vorgehen Russlands kritisiert wird. In der Begründung des Entschließungsantrags wurde der "Holodomor" als "schreckliches Verbrechen" bezeichnet.
Wer die Geschichte nicht kennt, verstehe auch die Gegenwart nicht, zeigte sich die Abgeordnete Gudrun Kugler (ÖVP) laut Aussendung der Parlamentskorrespondenz überzeugt. Der Antrag ziehe eine Parallele von der Geschichte zur Gegenwart und sei ein kleiner Beitrag dazu, dass solche Verbrechen nicht wieder vorkommen.
Auch Susanne Fürst (FPÖ) betonte, dass man nur mit Wissen über die Geschichte die Konflikte von heute verstehen könne. Durch den aktuellen Krieg zwischen Russland und der Ukraine erlange das Thema eine besondere Brisanz.
Robert Laimer (SPÖ) bezeichnete den Holodomor als eine der größten humanitären Katastrophen des 20. Jahrhunderts. Auch aktuell sei menschenverachtende Kriegsführung für die Zivilbevölkerung in der Ukraine bittere Realität, so Laimer.
Von der aktuellen Situation in der Ukraine berichteten unter anderem Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne), Helmut Brandstätter (NEOS) und Wolfgang Gerstl (ÖVP), die kürzlich vor Ort im Kriegsgebiet waren. Brandstätter berichtete, dass mittlerweile rund 24.000 Fälle von Kriegsverbrechen dokumentiert und nachgewiesen seien.
Auch Ernst-Dziedzic zog eine Parallele von der Geschichte zur Gegenwart und nannte Putin den "neuen Stalin". Aus ihrer Sicht sei der "Holodomor" historisch-politisch gesehen ein Völkermord gewesen. Man habe im Antrag um Worte gerungen, aber das Verständnis, dass es sich um ein Verbrechen handle, sei ein gemeinsames, sagte sie. - Die Verurteilung als Völkermord kommt im Antrag nicht vor.
Auch Martin Engelberg (ÖVP) meinte, es liege aus heutiger Perspektive nahe, von einer historisch-politischen Einordnung des Holodomor als Völkermord zu sprechen. Nikolaus Scherak (NEOS) fand den Antrag zwar positiv, sprach sich aber dafür aus, den Holodomor "als das zu bezeichnen, was er war, nämlich als Völkermord".
Der "Holodomor" ("Hungermord") hat sich unauslöschlich in das Bewusstsein des ukrainischen Volkes eingebrannt. Papst Franziskus bezeichnete das Verbrechen als Völkermord. Auch der Deutsche Bundestag bewertete den "Holodomor" bereits als Völkermord und am Donnerstag hat auch das EU-Parlament diesen in einer Resolution als Völkermord anerkannt.
Zeichen für Menschenrechte
Am Donnerstag wollte der Nationalrat mit mehreren Entschließungen - auch über den "Holodomor" hinaus - Zeichen in Menschenrechtsangelegenheiten setzen. Mit breiter Mehrheit wurde demnach die Gewalt an Frauen sowie gegenüber friedlich Demonstrierenden im Iran verurteilt. Außerdem setzen sich die Abgeordneten gegen die Verfolgung ethnischer, kultureller und religiöser Minderheiten sowie konkret gegen die Verfolgung von Christinnen und Christen ein. In einem einstimmig angenommenen Entschließungsantrag wurde die Regierung aufgefordert, sich auf nationaler und internationaler Ebene gegen die Verfolgung von Christinnen und Christen einzusetzen.
Quelle: kathpress