
Zsifkovics: "Zustrom an Migration auf europäischer Ebene regeln"
Der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics hat einmal mehr eine gesamteuropäische Lösung der Migrations- und Asylfrage gefordert. Zugleich hat er auch eingemahnt, dass alle Menschen auf der Flucht menschenwürdig behandelt werden müssten. Zsifkovics äußerte sich in Interviews in der "Burgenländischen Volkszeitung" (BVZ) und im "Kurier". Die Migration sei seit 2015 eine brandaktuelle Frage, so der Bischof in der BVZ. Grundsätzlich könne er als Hirte und Bürger die Angst der Menschen verstehen, "wenn man von Auswärts überlaufen wird". Deshalb sei es so wichtig, "dass dieser Zustrom an Migration auf europäischer Ebene geregelt wird", so der Bischof. Denn: "Wenn wir das als Einzelstaaten machen, wird es für alle schwierig, weil es keiner alleine stemmen kann."
Seitens der Kirche mahne er freilich einen würdigen Umgang mit Menschen ein, die auf der Flucht sind. "Es gibt viele, die verfolgt werden, und das muss unterschieden werden von den Arbeitsmigranten, die nach mehr Wohlstand suchen", so der Bischof: "Meine Bitte an die Politik ist die, dass wir nicht das Augenmaß verlieren. Zelte sind in Österreich nicht angebracht, wir haben so viele Immobilien, die leerstehen, aber da braucht es einen runden Tisch, wo sich die Politik mit der Caritas, der Diakonie und allen Playern zusammensetzt, um einen ordentlichen Schulterschluss zu machen."
Ähnlich äußerte sich Zsifkovics auch im "Kurier", wo er von der "Unfähigkeit der EU" sprach, in Migrations- und Asylfragen einen solidarischen gemeinsamen Weg zu gehen. Er habe sich in dieser Frage auch an den Papst gewandt, so Bischof Zsifkovics: "Und auch Franziskus hat gesagt, wir brauchen und dürfen nicht naiv sein. Aber es muss eine Solidarität in Europa geben. Sonst werden sich die Länder immer gegeneinander ausspielen." Und Papst Franziskus habe auch betont, "dass es ganz entscheidend ist, ob wir die Menschen, die zu uns kommen, auch integrieren können".
Für Christinnen und Christen gebe es eine Grundregel, schon vom Alten Testament her: "Fremde, Witwen und Waisen sollen wir gut behandeln. Wenn Christen dafür kein Verständnis aufbringen, dann stimmt, so würde ich sagen, etwas mit dem Glauben nicht."
Frage der Frauenordination keine Machtfrage
Der Bischof blickte in den Interviews auch nochmals auf den jüngsten Ad-limina-Besuch der Bischöfe zurück. In den Dikasterien sei ein Wandel spürbar gewesen, sagte er im "Kurier": "Da kommt man nicht als Bittsteller oder als Prüfling, sondern als jemand, der für eine Teilkirche Verantwortung trägt. Und beide Seiten verbindet das gemeinsame Interesse: wie man die Kirche heute zu den Menschen und die Menschen zu Jesus bringen kann."
In moraltheologischen Fragen gebe es Bewegung, so Zsifkovics, "da wird weiter daran gearbeitet, wenn wir etwa an die Segnungen von Partnerschaften denken. Da gibt es pastorale Lösungen." Aber in den großen Fragen, wie etwa der Frauenordination, habe der Papst klar zum Ausdruck gebracht, "dass er diese nicht im Sinne einer Öffnung beantworten wird". Hier sehe er keine bahnbrechenden Neuerungen, betonte der Bischof: "Der Papst hat aber auch klar gesagt, dass es hier nicht um eine Macht-, sondern um eine Dienstfrage geht. Und es gibt inzwischen ja schon etliche Stellen in der Kurie, die der Papst mit Laien - und auch mit Frauen - besetzt hat."
Synodaler Prozess im Burgenland
Im Blick auf die Diözese Eisenstadt und den Synodalen Prozess betonte der Bischof gegenüber der BVZ, dass man den Impuls des aufgenommen habe und nun beständig versuche, ihn auch auf diözesaner Ebene umzusetzen: "Die Gläubigen wurden dazu befragt, die Ergebnisse in Schwerpunktthemen aufgeteilt und Arbeitsgruppen eingesetzt. Vor allem der neue diözesane Pastoralrat wird sich mit dieser Agenda befassen, um an dem, was seitens der Menschen hereingekommen ist, weiterzuarbeiten." In Rom habe er nicht nur die Themen des Burgenlands weitergeben könne, "ich durfte dem Papst auch die Anliegen junger Menschen in Buchform übergeben", berichtete der Bischof.
Mehr als 1.000 Kinder und Jugendliche hätten sich in den Schulen am Synodalen Prozess beteiligt "und ihre Wünsche und Anmerkungen ungeschminkt ausgedrückt". Unter anderem, "wenn es Kindern während der Predigt vielleicht langweilig wird oder Jugendliche ihre Meinung dazu sagen wollen, wie Kirche heute zu bestimmten Positionen steht, etwa in Fragen des Zölibats, der Gleichgeschlechtlichkeit oder Seelsorgerinnen. Das wurde ganz offen angesprochen und ist aus meiner Sicht wichtig, weil die Jugend nicht nur die Zukunft unserer Gesellschaft ist, sondern auch die unserer Kirche."
Im BVZ-Interview nahm er auch zum aktuellen Stand der Eisenstädter Diözesanreform Stellung. Beim Projekt Seelsorgeräume gehe es darum, dass aus den 171 Pfarren 41 Seelsorgeräume gemacht werden sollen. In vielen Bereichen sei das schon auf dem Weg. Zsifkovics: "Man muss sich an Neues gewöhnen und wir versuchen hier nichts künstlich aufzudrücken. Wo aus einer Mutterpfarre mehrere Filialgemeinden geworden sind, soll es die Möglichkeit geben, diese wieder zusammenzuführen und auch angesichts des Priestermangels zu schauen, was ein pastorales Team bewältigen kann." Er wolle aber keine Pfarre auflösen. Wenn sich aber eine Pfarre von sich aus einer größeren anschließen will, sei das machbar. "Bis 2025 soll das Projekt nach zehnjähriger Frist ganz auf dem Weg sein", so der Bischof.
Darauf angesprochen, dass die aktuellen Teuerungen auch die Diözese betreffen würden, meinte der Bischof: "Wir müssen auch als Diözese schauen, wo wir einsparen können, wie wir uns auf Wesentliches beschränken und Unwesentliches vielleicht zurücklassen können, um gut durch die Krise zu kommen." Er glaube aber jedenfalls nicht, "dass es so weit kommt, dass die Kirchen, die ohnehin schwer zu beheizen sind, noch kälter werden. Es geht um die Grundatmosphäre, in der man sich wohlfühlen soll."
"Ressourcen freihalten für Neues"
Zsifkovics sprach im "Kurier"-Interview zudem auch von der großen Gefahr für die Kirche, nur unter sich zu bleiben und sich um die treuen Kirchgänger zu kümmern. "Um die sollen wir uns auch kümmern - sie tragen die Kirche; aber wir müssen auch Ressourcen freihalten für Neues, Innovatives", so der Bischof. Die Kirche müsse mutig sein: "Es geht darum, die christlichen Positionen in einer einfachen, verständlichen Sprache in die heutige Zeit zu übersetzen - nicht als Vorgabe, sondern als Angebot und Begleitung. Wenn die Kirche das tut, wird sie auch Gehör finden."
Seine Weihnachtsbotschaft in diesen herausfordernden Zeiten sei, "dass wir nicht mutlos, frustriert oder resigniert werden, sondern dass wir versuchen, uns in die Situation des Stalls von Bethlehem hineinzuversetzen: Das war kein modernes Penthouse, da hat man auch den Wind aus allen Richtungen gespürt - aber das Wesentliche waren die Liebe, das Licht und die Wärme, die von dieser Geburt Christi ausgegangen sind. Und dieses Kind von Betlehem möge auch jedem und jeder von uns, egal in welcher Situation - ob es die eines Penthouses oder die eines Stalles ist - helfen. Damit wir wissen, da ist jemand, der uns in diesen Zeiten Liebe, Mut und Hoffnung zuspricht und uns die Geborgenheit gibt auf unserer Pilgerreise zum Himmel."
Quelle: kathpress