Schönborn: Christentum verbindet Einfachheit mit Universalität
Im Johannesprolog, der am Christtag als Evangelium verlesen wird, kommt nach den Worten von Kardinal Christoph Schönborn ein Kontrast und zugleich ein Brückenschlag zwischen zwei Wirklichkeiten zum Ausdruck, die kennzeichnend für das gesamte Christentum ist: Einfachheit und Universalität. Der Evangelist Johannes habe eingangs vom in die Welt gekommenen "Logos" - griechisch für "Wort", aber auch Sinn", "Vernunft", "Wahrheit" - geschrieben, wies Schönborn am Christtag im Stephansdom hin. Zugleich habe er als Begleiter Jesu auch um dessen Geburt in einer ärmlichen Krippe und dessen Herkunft aus einfachen Verhältnissen in Galiläa gewusst.
"Johannes hat das in seinem Herzen zusammengebracht", so der Kardinal: das wehrlose Kind in der Krippe und den universalen Logos, "das Licht, das im Leben jedes Menschen wirkt". Dieser Logos verbinde die gesamte Menschheit zu einer Familie - eine Glaubensüberzeugung, die gerade in schwierigen Zeiten tröstet und stärkt, wie Schönborn erklärte.
Manche mögen dem entgegenhalten, dass eine universelle Geschwisterlichkeit, die auch Papst Franziskus 2019 gemeinsam mit dem Kairoer Großimam Ahmed al-Tayyeb in der Erklärung von Abu Dhabi hervorgehoben habe, allzu optimistisch gedacht sei. Dazu Schönborn: Johannes sei nicht naiv gewesen, er habe um den Widerstand der Finsternis gegen das Licht der Welt gewusst und festgehalten, dass die Seinen den Logos nicht aufnahmen. Der Wiener Erzbischof wies darauf hin, dass das göttliche Kind nicht nur geboren wurde, es suche auch Aufnahme in den Herzen der Menschen. Wo dies geschieht, ereigne sich das Geheimnis von Weihnachten.
Musikalisch eindrucksvoll gestaltet wurde der Christtagsgottesdienst im Stephansdom mit Joseph Haydns Nikolaimesse, interpretiert von der Dommusik unter der Leitung von Markus Landerer.
Aller Kommerzialisierung zum Trotz
Allen Zweifeln und Unkenrufen bezüglich seiner Kommerzialisierung zum Trotz bleibe Weihnachten ein besonderes Fest, sagte der Kärntner Bischof Josef Marketz bei der Christmette im Klagenfurter Dom. Mitten in eine Welt, "die oft so kalt ist, so feindlich und gleichgültig oder einfach nur schweigend", richte Weihnachten die Aufmerksamkeit auf den menschgewordenen Gott und dessen Zusage der bedingungslosen Liebe: "Tief im Menschen schlummert die Ahnung, dass da etwas Wunderbares geschehen ist und immer neu geschieht."
Lackner: Friedenslicht in die Dunkelheiten der Welt
Erste Aufgabe der Kirche ist es, die Erinnerung an die Herkunft von Gott wach und lebendig zu halten. Das hat der Salzburger Erzbischof Franz Lackner in seiner Predigt am Christtag im Salzburger Dom mit aktuellen Kriegsgeschehnissen verbunden. Es liege an den Gläubigen, Zeuginnen und Zeugen für das von Betlehem ausgegangene Friedenslicht zu sein. "Der demütige Lichtschein Gottes möge in die Dunkelheiten dieser Welt hineinleuchten, überall dorthin fallen, wo Krieg, Not, Kälte und Streit herrscht", sagte Lackner. "Erleuchtet" mögen auch alle werden, die helfen können, erst recht alle Kriegführenden: An sie richtete der Erzbischof den Appell: "In Christi Namen, hört auf! Ihr bringt eine Finsternis in das Leben der Menschheit, die für lange Zeit sich nicht erhellen lassen wird."
In der Christmette am Samstagabend wies Lackner darauf hin, dass Unfrieden seine Wurzel in der Unzufriedenheit habe. Und diese sei auch hierzulande sehr groß. "Bitten wir Gott um Zufriedenheit in unseren Herzen und besonders um Frieden in der Ukraine und allen anderen Kriegsschauplätzen. Bitten wir um ein mitfühlendes Herz und helfende Hände." Nach den Worten des Vorsitzenden der Bischofskonferenz kann es keinen Weihnachtsfrieden in Österreich geben, wenn anderswo Menschen in Angst, Schrecken, Kälte und Not ausharren müssen.
Nach dem Vorbild der Hirten müssten sich Gläubige fragen, wo sie Nachtwache halten. Lackner: "Man könnte antworten, wir brauchen das nicht. Wir sind in Sicherheit" - anders als jene Brüder und Schwester, die inmitten von Bombenhagel und Raketeneinschlägen gar nicht so weit entfernt seien. Als Beispiel für mitfühlendes Sich-Berühren-Lassen vom Schicksal anderer nannte der Erzbischof den Papst, der vor Kurzem über den Krieg in der Ukraine öffentlich weinte.
Glettler: Betlehem zeigt Gottes Herzschlag
Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler blieb in seiner Weihnachtspredigt seinem "Herz-Thema" treu: Gott habe "seinen einziggeborenen Sohn gesandt, sein 'Herzstück', um uns nicht im Dunkeln zu lassen". Das sei Weihnachten, so Glettler, trotz und gerade angesichts der vielen Schatten, Eintrübungen und Dunkelheiten, die die Welt gegenwärtig heimsuchten. Der Bischof erwähnte im Jakobsdom die sensationelle App "Voices of Life", mit deren Hilfe Mütter von zu früh geborenen Kindern von zu Hause ihre Stimme und ihren Herzschlag übermitteln können. Diese Simulation der Uterus-Situation sei für das Überleben von Frühchen unendlich wertvoll geworden: Mit dem stimulierenden Herzrhythmus werde ihnen "eine Geborgenheit, nach der sich jeder Mensch sehnt", vermittelt, so Glettler.
Auch für Erwachsene gelte: "Im Kind von Betlehem, in seinem menschlichen Herzschlag lässt sich Gottes Herzschlag vernehmen." Inmitten der vielen verwirrenden und lauten Stimmen sei damals plötzlich ein neuer, leiser Herzschlag zu vernehmen gewesen, "ein göttlicher Lebenspuls, der jedes menschliche Begreifen übersteigt", wie Glettler sagte. Gottes Herzschlag bezeuge sein "leidenschaftlich mitfühlendes Dasein, väterlich und mütterlich - leise, zärtlich, stark ohnmächtig zugleich" und sei auch der "entscheidende Puls für eine unzerstörbare Zuversicht".
Quelle: kathpress