Wien: Heilig-Geist-Kirche nach Renovierung wiedereröffnet
Die Heilig-Geist-Kirche im 16. Wiener Gemeindebezirk erstrahlt nach umfangreichen Renovierungsarbeiten in neuem Glanz. Das berichtet die Erzdiözese Wien auf ihrer Webseite. Kardinal Christoph Schönborn feiert aus diesem Anlass am kommenden Sonntag, 29. Jänner, um 9 Uhr einen Dankgottesdienst zur Wiedereröffnung in der renovierten Pfarrkirche in Wien-Ottakring. Ein Brand am 9. Jänner 2021 hatte die nach dem Architekten benannte "Plecnik-Kirche" in Mitleidenschaft gezogen, wegen Rußverschmutzung war sie nur teilweise nutzbar. Für die Pfarre sei die Wiedereröffnung ein besonderes Ereignis, da die Menschen im Bezirk eine starke emotionale Bindung zu der Kirche hätten, berichtete P. Wladyslaw T. Mach.
Für Elena Holzhausen, Leiterin des Referats für Kunst und Denkmalpflege der Erzdiözese Wien, wird weniger im Kirchenraum als vielmehr in der Krypta das spirituelle und künstlerische Anliegen des Architekten Josef Plecnik am deutlichsten erfahrbar. In ihr befinden sich Nischen, die von der Geburts- und Grabeskirche im Heiligen Land inspiriert sind und einen besonderen Raum für Einkehr, Gebet und Gotteserfahrung schaffen, so Holzhausen.
Dabei sei der Avantgardist Plecnik weder von seinen Künstlerkollegen noch von den Auftraggebern wirklich verstanden worden. Selbst Erzherzog Franz Ferdinand machte aus seinem Missfallen an dem Kirchenprojekt kein Geheimnis - und so blieb die Heilig-Geist-Kirche Plecniks einziger Sakralbau in der Hauptstadt. Geschätzt wurden seine Kirchenbauten dagegen in Tschechien. Wieder entdeckt wird er zunehmend in jüngerer Zeit. Zahlreiche Architektinnen und Architekten "pilgern" daher regelmäßig zur "Plecnik-Kirche" in Ottakring, viele von ihnen auch aus dem benachbarten Ausland.
Unter Patronanz des Erzherzogs
Ihre Entstehung verdanken Kirche und Pfarre der Initiative des Neu-Ottakringer Kaplans Franz Unterhofer, der sich Anfang des 20. Jahrhunderts der seelsorglich vernachlässigten Gegend Auf der Schmelz annahm. Er gründete unter der Patronanz von Erzherzog Franz Ferdinand und dessen Gemahlin, Sophie von Hohenberg, einen Kirchenbauverein. Der aufgeschlossene Seelsorger hatte explizit die Idee einer "modernen, praktischen Kirche" nach Vorbildern in den USA.
Mit Josef Plecnik fand er einen Architekten, der es wie kaum ein anderer verstand, Moderne und Tradition zu verbinden: Er war einerseits Schüler und Freund Otto Wagners, gleichzeitig aber auch im Austausch mit der Kunstschule der Benediktinerabtei Beuron und ließ sich auf Italienreisen inspirieren. Plecnik war in der künstlerischen Avantgarde der Wiener Secession zu Hause, aber auch tief religiös geprägt.
Plecniks Aufgeschlossenheit gegenüber der Moderne zeigte sich zunächst in der Wahl des Baumaterials: So wurde die Hl. Geist-Kirche als erste Kirche Mitteleuropas vollständig aus Stahlbeton erbaut. Auch in der Gestaltung des Kirchenraumes ging der Architekt neue Wege. Um möglichst allen Gläubigen den Blick zum hell gestalteten Altarraum freizugeben, vermied er Säulen und setzte Stahlkonstruktionen ein, die bis dahin nur für Brückenbauten verwendet wurden. Seitenaltäre verlegte er in die Krypta. Insgesamt nahm er mit seiner Konzeption des Kirchenraumes zentrale Anliegen sowohl der späteren liturgischen Bewegung als auch der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) vorweg.
Finanzierungsprobleme sowie Meinungsverschiedenheiten mit dem Kirchenbauverein erzwangen immer wieder Kompromisse. So wurde der vorgesehene "venezianische Kirchturm" durch einen einfachen Glockengiebel ersetzt. Auch die penibel gewählte Farbgebung der Kirche und zahlreiche andere von Plecnik geplante Gestaltungselemente scheiterten am Unverständnis der Auftraggeber. Die Kirche wurde nach vier Jahren Bauzeit am 3. Juni 1915 geweiht.
Quelle: kathpress