
Bischof Elbs: Abtreibungsdebatte in Vorarlberg hat blinde Flecken
Der Feldkircher Bischof Benno Elbs hat auf blinde Flecken in der aktuellen Abtreibungsdebatte in Vorarlberg hingewiesen. Er finde es "bedauerlich, dass im Moment beinahe ausschließlich darüber diskutiert wird, wie Frauen ein gesicherter Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch ermöglicht werden kann", kritisierte er in der aktuellen Ausgabe des "Vorarlberger KirchenBlattes" (26. Jänner). Viel zu wenig werde aber darüber gesprochen, "wie Schwangere unterstützt werden können, sich auch für ein Kind zu entscheiden". Jedenfalls sei er "froh, dass keine Abtreibung an Landeskrankenhäusern stattfindet", bekannte sich der Bischof zur "klaren Haltung der Kirche, die dem Schutz des Lebens verpflichtet ist".
Elbs äußerte sich vor dem Hintergrund einer mehrmonatigen Debatte in Vorarlberg über Schwangerschaftsabbrüche: Die Landesregierung, namentlich ÖVP-Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher, bemüht sich um eine Nachfolgelösung für einen pensionswilligen 71-jährigen Arzt, der jahrelang als einziger in Vorarlberg Abtreibungen durchführte. Über Rüschers Plan, im Personalwohnheim des LKH Bregenz eine öffentliche Infrastruktur für Abbrüche zur Verfügung zu stellen, wird am Mittwoch im Vorarlberger Landtag abgestimmt. Der entsprechenden Ausschussvorlage stimmten kürzlich alle Parteien mit Ausnahme der FPÖ zu. Kritik gab es von Abtreibungsgegnern wie auch -befürwortenden am Standort, weil sich dort auch das Bregenzer Stillcafé und die Babyklappe befinden.
Als ausgebildeter Therapeut wisse er, "wie groß die Belastung und der Druck für Frauen in dieser Situation ist", sagte Bischof Elbs im "KirchenBlatt". Die Männer würden sich dann oft "davonstehlen" und seien nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen. "Es ist daher entscheidend, weniger über, sondern viel mehr mit betroffenen Frauen zu reden", betonte Elbs. Aus seiner seelsorglichen Tätigkeit wisse er, dass es viele tragische Lebenssituationen gibt, die die Entscheidung einer Frau für oder gegen ein Kind beeinflussen.
Für breite Unterstützung Betroffener
Der Lebensschutz dürfe nicht losgelöst von einer umfassenden Unterstützung der Schwangeren bzw. des Paares betrachtet werden: Der Bischof nannte hier Beratung und Begleitung in Drucksituationen, besonders von Alleinerziehenden und Migrantinnen, eine gute Einbettung in Familien- und Gemeinschaftsstrukturen und finanzielle Unterstützung.
"Als Kirche leisten wir hier schon seit langem in unterschiedlichen Einrichtungen einen Beitrag", wies Elbs hin. Eine Evaluierung der bisherigen Beratungspraxis wäre nach seinen Worten wichtig, "um herauszufinden, wie wir helfen können und was es wirklich braucht: medizinisch und menschlich, sozial und wirtschaftlich". Vor allem aber sei es sein großes Anliegen, dass jede schwangere Frau für sich und ein Leben mit ihrem Kind eine Zukunftsperspektive sieht. "Dafür müssen wir uns nach Kräften einsetzen."
Es braucht "neue Diskussionskultur"
Der Feldkircher Bischof sprach sich auch für eine "neue Diskussionskultur" angesichts der zum Teil sehr aggressiv und "mit scharfen Worten" geführten Abtreibungsdebatte aus. Es brauche in dieser Frage neue Wege des Dialoges und Aufeinander-Hörens. "Das gilt für alle, die an der Diskussion teilnehmen, auch für die Kirche", mahnte Elbs. "Es geht keinesfalls darum, über Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vorgenommen haben, zu urteilen. Keine Frau, denke ich, trifft diese Entscheidung leichtfertig." Elbs erinnerte in diesem Zusammenhang an die von den Bischöfen immer wieder getroffene Klarstellung, dass die Kirche "keinesfalls an Strafbarkeit interessiert" sei, "sondern daran, dass ein Umfeld geschaffen wird, in dem Menschen Ja zu ihren Kindern sagen können".
Letztlich gehe es bei "diesem hochsensiblen Thema" um einen ethischen Konflikt, erklärte der Bischof: "Das Selbstbestimmungsrecht einer Frau, die in einer Notsituation mit einer existenziellen Frage ringt, steht gegen das Recht eines ungeborenen Kindes auf Leben." Aus diesem Dilemma ergebe sich die Aufgabe, nach Lösungen zu suchen, die sowohl der Schwangeren bzw. dem Vater als auch dem Kind gerecht werden.
Der christliche Glaube sei getragen von Gottes Ja zu seiner Schöpfung und zum Menschen als seinem Ebenbild, sagte Elbs. Daraus ergebe sich die klare Haltung der Kirche, die dem Schutz des Lebens verpflichtet und deren Anliegen der Schutz der Schwächeren in der Gesellschaft sei. Dazu gehören laut dem Bischof das ungeborene Kind und seine Eltern ebenso wie Menschen mit Beeinträchtigungen, Geflüchtete oder Verzweifelte mit einem Sterbewunsch. "Überall braucht es die persönliche Zuwendung, das verständnisvolle Gespräch, die konkrete Hilfe. So wächst eine Kultur der Menschlichkeit, die uns allen gut tut", so Bischof Elbs.
"Jugend für das Leben" protestiert
Ein "Nicht genügend" hat am Dienstag der Verein "Jugend für das Leben" der Vorarlberger Landesregierung erteilt und ihr Nein zu Abtreibungen beim LKH Bregenz deponiert. "Es ist nicht Aufgabe der Politik, sich für ein Angebot von Abtreibungen einzusetzen und gar Räumlichkeiten bereitzustellen. Denn bei jeder Abtreibung stirbt ein Kind und Abtreibung ist keine Gesundheitsvorsorge, um die sich eine Regierung zu kümmern hätte", erklärte Generalsekretärin Gabriela Huber in einer Aussendung. "Jugend für das Leben" spreche sich strikt gegen jegliche staatliche Finanzierung zur "Organisierung von vorgeburtlichen Kindstötungen" aus.
Landesrätin Rüscher warf der 1989 gegründete und von der Bischofskonferenz anerkannte Verein "verwundert und empört" vor, mit ihrem Vorstoß gegen die Vorarlberger Landesverfassung und auch gegen das ÖVP-Parteiprogramm zu verstoßen. Das Bundesland bekenne sich nämlich "zum Schutz des Lebens", die Volkspartei lehne den Schwangerschaftsabbruch explizit ab und bekenne sich dazu: "Politik und Gesellschaft haben jene Bedingungen zu schaffen, die Abtreibungen vorbeugen."
Quelle: kathpress