
Jerusalemer Abt Schnabel: Starke Zunahme von Angriffen auf Christen
Der Abt der deutschsprachigen Benediktiner-Abtei Dormitio in Jerusalem, Nikodemus Schnabel, beobachtet seit dem Antritt der rechts-religiösen Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Israel eine starke Zunahme von Angriffen auf Christinnen und Christen. Auch die Qualität der Angriffe habe sich verändert, berichtete der Anfang Februar neu gewählte Abt im Interview mit der ORF Radio-Nachrichtensendung "Ö1 Morgenjournal" (24. Februar): "Es geht nicht mehr darum, ob ich angespuckt werde, sondern wie oft am Tag", so der Ordensmann.
Auch das angerempelt und beschimpft werden, habe in einer Art und Weise zugenommen, "die unbeschreiblich ist", so Schnabel. So sei das jüdische Viertel der Altstadt von Jerusalem für ihn, als durch seine Ordenstracht klar erkennbaren Christen, zu einer "No-go-Area" geworden.
Die Täter seien meist klar als Mitglieder des national-religiösen Lagers zu identifizieren, so der Abt. "Wir können es auch politisch klar verordnen", es seien Menschen, "die ganz klar die Einstellung haben, Israel den Juden, Nicht-Juden raus. Deren Hass spüren wir sehr stark momentan". Befeuert würden ihre Ansichten auch durch Politiker, wie den neuen Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, betonte Schnabel.
Der Rektor des Österreichischen Hospizes in Jerusalem, Markus Bugnyar, warnt hingegen vor einer Überbewertung solcher Vorfälle: "Ich lebe jetzt seit gut 20 Jahren in Jerusalem, ich habe solche Phasen, solche Wellen von Eskalation immer wieder erlebt", sagte er.
Mehrmals in den vergangenen Jahren hätten "religiöse Fanatiker" geglaubt, jetzt sei ein guter Moment, Aktionen gegen christliche Einrichtungen zu setzen. "Wir erleben jetzt auch gerade so eine Welle und die mag möglicherweise für diese Kreise mit der aktuellen Koalitionsregierung zu tun haben", so Bugnyar, daran alleine würde er es allerdings nicht festmachen wollen.
Israelische Fremdenführer besorgt über Gewalt
Auch israelische Reiseleiter haben sich laut der deutschen Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) besorgt über sich häufende Übergriffe auf Christen und christliche Stätten in der Jerusalemer Altstadt geäußert. "Es handelt sich um Hassverbrechen extremistischer Juden, die einheimischen Christen und Ausländern schaden wollen", heißt es in aktuellen einer Stellungnahme von 165 Fremdenführern, die das Vikariat für die hebräischsprachigen Katholiken im Heiligen Land veröffentlichte.
Es sei in den vergangenen Monaten zu einer besorgniserregenden Zunahme von Angriffen gekommen, die auf eine Verschärfung der Problematik hindeuteten. Die Unterzeichner äußerten sich empört über Akte des Vandalismus, die sich gegen den kulturellen Reichtum Jerusalems richteten. "Wir haben Angst vor Menschen, die versuchen, Institutionen und Gemeinschaften in der Stadt zu zerstören, auszulöschen, zu korrumpieren und zu schädigen", heißt es in dem Schreiben. Gewaltakte gegen Christen und christliche Stätten schadeten der israelischen Gesellschaft als Ganzes.
In diesem Jahr ist es in Israel bereits zu einer Reihe von Angriffen auf christliche Einrichtungen gekommen - u.a. zu Jahresbeginn zur Schändung des Jerusalemer evangelischen Friedhofs, zur Schändung einer maronitischen Kirche im Norden des Landes, Graffitis mit dem Slogan "Tod den Christen", Angriffe auf christliche Jugendliche und Restaurantbesucher sowie zuletzt die Zerstörung einer Jesus-Statue am Kreuzweg.
Aufgrund dieser Angriffe hatten erst Anfang der Woche dreihundert Religions- und Geisteswissenschaftler an Universitäten und Hochschulen in Israel den christlichen Gemeinschaften des Landes ihre Unterstützung zugesichert. "Wir fordern die Behörden dringend auf, entschlossen gegen die für diese Straftaten verantwortlichen Täter vorzugehen und die Angehörigen aller Religionen vor Hass, Ignoranz und Gewalt zu schützen", hieß es in einem offenen Brief der Akademiker.
Quelle: kathpress