
Klimaanwältin Krömer: "Wir Christen haben Schöpfungsverantwortung"
Die Rechtsanwältin Michaela Krömer zieht ihre Motivation für den Einsatz für den Klimaschutz auch aus ihrem christlichen Glauben. "Ich meine, dass wir als Christ:innen eine Schöpfungsverantwortung haben. Die Schöpfung ist ein Geschenk, um das wir uns kümmern sollen", sagte sie im Interview mit der St. Pöltner Kirchenzeitung "Kirche bunt" (aktuelle Ausgabe). Medial ins Rampenlicht gerückt war die Juristin durch die Ankündigung einer "Klimaklage" gegen die Republik Österreich, die sie gemeinsam mit zwölf Kindern und Jugendlichen vor Gericht einbringen wird.
"Wir haben die Freiheit bekommen, die Erde zu zerstören oder zu erhalten. Der christliche Glaube schenkt den Halt, dass man sich dieser Aufgabe stellt und die Verantwortung übernimmt", so die evangelische Christin, die aus einer St. Pöltner Juristenfamilie stammt. "Ohne diesen Halt würde ich es psychisch sehr schwierig finden, mich immer wieder mit den wissenschaftlichen Fakten auseinanderzusetzen, ohne zu verzweifeln oder handlungsunfähig zu werden oder mich in die Öffentlichkeit zu stellen."
Sie bekomme leider nicht nur positive Rückmeldungen, "das erfordert viel Kraft", so Krömer. Das Thema sei aber zu wichtig, um sich davon zurückschrecken zu lassen. Jeder, der verstanden habe, worum es gehe, werde mit dieser Realität immer wieder hadern, "nämlich, dass wir inmitten einer Zerstörung leben". Christen könnten aber aus der Zuversicht schöpfen, dass die Zerstörung nicht das letzte Wort ist", zeigte sich die Anwältin überzeugt.
Klimaziele klar verfehlt
Die Ankündigung der Kinder, die Republik auf Versäumnisse im Klimaschutz zu klagen, hatte medial für großes Aufsehen gesorgt. Auch kirchliche Organisationen, wie die Katholische Jugend und die Jungschar hatten sich hinter die Forderungen der jungen Klimaschützer gestellt. "Ein bisschen mehr Bäume pflanzen, ein bisschen mehr Fahrrad fahren und ein bisschen weniger Fleisch essen", reiche nicht aus, stellte Krömer klar. "Österreich ist nicht einmal ansatzweise auf dem Weg, die Pariser Klimaziele einzuhalten, auch nicht das Unter-2-Grad-Ziel."
"Die Lage ist dramatisch, doch die Realität ist weder bei der Politik noch bei der Mehrheit der Bevölkerung angekommen", betonte Krömer. Die Klimakrise bedeute eine Systemänderung, dafür müsse an vielen Schrauben gleichzeitig gedreht werden. Eine dieser Schrauben sei das Rechtssystem, ist die Juristin überzeugt: "Wir brauchen ein Rechtssystem, das zukunftsfit ist, das die Klimakrise, so gut es geht, minimiert und auf jeden Fall nicht aktiv anheizt".
Gerichtsverfahren seien eine erfolgversprechende Möglichkeit, Änderungen im Rechtssystem zu bewirken. Klimaschutz als Verfassungsrecht klinge zwar in erster Linie plakativ, so Krömer, die entscheidende Frage sei, "wie ich das Recht einfordern kann und was es tatsächlich beinhaltet". Sie halte es tatsächlich für sinnvoller und wichtiger, "ein Klimaschutzgesetz zu haben, das ein Treibhausgas-Budget im Verfassungsrang hat" und die Verpflichtung vorsehe, klare Reduktionspfade vorzulegen, die von der Wissenschaft überprüft und deren Überprüfbarkeit in einem Schnellverfahren eingefordert werden könne. Ein Tempolimit sei hier ein gutes Beispiel, da es umgehend, ohne Kosten, sehr viel CO2 sparen würde, auch wenn es politisch unangenehm sei.
Kinder nicht unterschätzen
Die Kinder und Jugendlichen argumentieren auch, dass sie durch das nicht erfüllen von Klimazielen in ihren Kinderrechten verletzt würden, die im Verfassungsrang stehen, ebenso wie in ihrem verfassungsrechtlichen Recht auf Gleichheit, das eine gerechte Lastenverteilung beinhaltet. Dafür werde aktuell ein Antrag beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) auf Aufhebung von Teilen des Klimaschutzgesetzes vorbereitet. "Die jetzt noch vorhandenen Ressourcen sowie die Lasten der Klimakrise müssen einigermaßen fair zwischen den Generationen verteilt werden." Der VfGH könne das Klimagesetz "reparieren", erklärte Krömer.
Den Vorwurf, die Kinder würden mit solchen Klagen instrumentalisiert, weist Krömer zurück: "Man darf die Kinder da nicht unterschätzen! Jeder, der Kinder hat, weiß, dass sie ein starkes Sensorium haben", ist sie überzeugt. "Und auch wenn sie Dinge nicht hundertprozentig verbalisieren und in der gesamten Konsequenz verstehen können, sie verstehen den Kern." Kinder wüssten bereits sehr früh, dass es der Erde aktuell nicht gut gehe. Ihr Appell: "Redet mit den Kindern und ihr werdet feststellen, dass sie beunruhigt darüber sind, was wir Erwachsenen tun", so Krömer.
Quelle: kathpress