ORF-Korrespondent Wehrschütz: Ich bete jeden Abend
Als ORF-Korrespondent und Kriegsberichterstatter, der "immer zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort sein" könne, spielt für Christian Wehrschütz seine christliche Prägung eine wichtige Rolle. Mit "Ja natürlich!" antwortete er im Interview des "Tiroler Sonntag" (Ausgabe 4. Mai) auf die Frage, ob Beten für ihn eine Bedeutung hat. "Ich bin katholisch erzogen worden, heute erlebe ich mich eher agnostisch." Zu Hause bete er mit seiner Enkelin regelmäßig, erzählte Wehrschütz. "Und wenn ich bei einer Kirche oder einem Marterl vorbeifahre, mache ich ein Kreuzzeichen. Ich bete auch jeden Tag am Abend und habe ein Kreuz um den Hals."
Er kehre im Alter wohl wieder mehr zu dem zurück, "was mich als Kind geprägt hat", sagte der Journalist des Jahres 2022 in der Kategorie Außenpolitik. Er habe in seinem Leben so vieles erlebt, wo er glaubte, einem Schicksal ausgeliefert zu sein. "Da hilft beten."
Die Frage, ob er an das Gute im Menschen glaubt, beantwortete Wehrschütz mit einem Wort des deutschen Mystikers Angelus Silesius: "Der Mensch ist doch das größte Wunderding allein, er kann, grad wie er will, Gott oder Teufel sein." Auch erinnerte er an Friedrich Hölderlins berühmtes Zitat, wonach dort, wo Gefahr ist, auch das Rettende wächst. Es stimme zwar, dass Menschen einander unvorstellbares Leid antun. "Aber da sind auch die vielen Menschen, die unter Einsatz ihres Lebens helfen - wie zum Beispiel Ärztinnen und Ärzte oder jene, die in der Krankenpflege tätig sind", so der ORF-Journalist.
Der Bundesheermajor der Reserve würdigte aber auch den Opfermut der Soldaten, die unter Einsatz ihres Lebens ihr Land verteidigen. "Immer wieder macht mich nachdenklich, wenn ich auf Friedhöfen oder Garnisonskirchen sehe, wieviele Gefallene es gibt." Was das für die betroffenen Familien bedeutet, sei nur schwer zu erahnen. Wehrschütz' Fazit: "Der Mensch ist ein janusköpfiges Wesen, gut und böse in einem."
Staatsbürger haben auch Pflichten
Angesprochen auf die unter Jugendlichen große Politikverdrossenheit meinte der in Graz geborene Korrespondent, die Bereitschaft, sich zu engagieren, komme nicht von allein, die Erziehung zu Staatsbürgern müsse schon im Elternhaus beginnen. "Für die Rechte, die wir heute für uns in Anspruch nehmen, haben Menschen, die Generationen vor uns gelebt haben, gekämpft", wies Wehrschütz hin. Passivität verbessere eine Situation nicht zum Besseren. Und: "Wenn die Guten nicht kämpfen, siegen die Schlechten", zitierte der Journalist den griechischen Philosophen Platon.
Zu kurz greife es, die Schuld an Missständen nur bei der Politik zu suchen. Es brauche auch ein aktives Bekenntnis zum Staat, betonte Wehrschütz. "Und als Staatsbürger hat jeder Mensch nicht nur Rechte, sondern auch Verpflichtungen."
Quelle: kathpress