
Neue "kreuz und quer"-Doku über Volksheiligen Padre Pio
Eine neue "kreuz und quer"-Dokumentation des ORF widmet sich dem Wirken des katholischen "Volksheiligen" Padre Pio. Die Rom-Korrespondentin Cornelia Vospernik widmet sich darin dem hochverehrten und zugleich von anderen kritisch gesehenen Pater Pio von Pietrelcina (1887-1968), heißt es in einer Aussendung am Dienstag. Zu sehen ist "das differenzierte Bild des schillernden Ordensmannes", der vor allem in der süditalienischen Volksfrömmigkeit enorme Resonanz gefunden hat, am Dienstagabend (20. Juni) um 22.35 Uhr in ORF 2.
Unter dem Titel "Padre Pio und die Wundmale: Porträt eines umstrittenen Heiligen" geht es um den beliebten Kapuzinerpater, der mit bürgerlichem Namen Francesco Forgione hieß, und die Stigmata, die Wundmale Christi, laut Überlieferung am eigenen Leib trug. Im September 1918 habe Pio die Wundmale empfangen, die er bis zu seinem Tod trug. Vielen galt er schon zu Lebzeiten als charismatischer und wundertätiger Mann: Er habe die Gabe, den Menschen in die Seele zu blicken, sagten Gläubige, nachdem sie bei Pio gebeichtet hatten. Sein Gebet habe die Kraft, Menschen von Krankheiten zu heilen, und er könne sich an zwei Orten gleichzeitig aufhalten - solche Kunde verbreitet sich rasch.
Doch ebenso rasch traten auch Kritiker auf den Plan. Der Vatikan verbot Pio zeitweise das öffentliche Auftreten, es gab Zweifel an der Echtheit der Stigmata. So ließ der Vatikan strenge Untersuchungen an Padre Pio durchführen. Agostino Gemelli fuhr im Auftrag des Papstes nach San Giovanni Rotondo, wo Padre Pio im Kapuzinerkloster lebte. Das Urteil des Franziskanerpaters Gemelli, der selbst Arzt und Psychologe war, fiel vernichtend aus. Unter anderem verurteilte er eine Atmosphäre der Suggestion, die den Pater umgebe.
Die Wunden führte Gemelli auf die Verwendung einer ätzenden Substanz zurück. Mindestens bis Johannes XXIII. blieben auch die Päpste distanziert. Doch das Kirchenvolk ließ sich nicht beirren und zog in Scharen nach San Giovanni Rotondo. Tausende Briefe mit Bitten um Gebet und Heilung erhielt Pio jede Woche. Seine Mitbrüder arbeiteten die riesigen Postsäcke ab und erledigten die Korrespondenz. Nur auf die wichtigsten aussortierten Briefe antwortete Pio selbst.
Unter Papst Johannes Paul II., der zehn Jahre nach dem Tod Pios auf den Stuhl Petri gewählt wurde, änderte sich die vatikanische Haltung zu dem Volksheiligen. Das hat auch einen persönlichen Hintergrund: Als junger Priester hatte Karol Wojtyla den Kapuziner zur Beichte aufgesucht. Pio habe ihm damals Papstwahl und Attentat vorausgesagt. Im Konklave 1978 und nach dem Papstattentat 1981 konnte Johannes Paul II. dies nur als klare Prophetien verstehen. Er sprach Pio von Pietrelcina 1999 selig und 2002 heilig. Somit hatte die Verehrung durch das Volk auch ihren offiziellen kirchlichen Segen. Bis heute ist Padre Pio in Italien höchst beliebt und allgegenwärtig - mehr noch als der populäre Franz von Assisi, der ebenfalls die Wundmale Christi getragen haben soll und nach dem sich der gegenwärtige Papst benannt hat.
Quelle: kathpress