
Theologe Tück: "Hitler-Balkon" soll "Terrasse der Demokratie" werden
In die laufende Debatte darüber, ob der als so genannter "Hitler-Balkon" belastete Altan der Neuen Burg am Wiener Heldenplatz öffentlich zugänglich gemacht werden soll, hat sich nun der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück zu Wort. Es stünde der Kirche gut an, die Initiative der Direktorin des "Hauses der Geschichte", Monika Sommer, zu unterstützen, die eine Aufhebung des Betretungsverbots und eine Erschließung bzw. "Demokratisierung" des Balkons als "Plateau der Menschenrechte" fordert. Tück selber brachte alternativ die Rede von einer "Terrasse der Demokratie" ein. Eine solche Öffnung etwa für Besucher des "Hauses der Geschichte" würde "dem Ort seinen negativen Nimbus nehmen", schrieb Tück in einem Gastbeitrag in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung "Die Furche".
Überdies könnte eine Beflaggung der Hofburg mit Europafahnen "eine nationalistische Vereinnahmung ikonisch abwehren", zeigte sich der Theologe überzeugt. Die eigentliche Debatte müsse dabei allerdings auf zivilgesellschaftlicher Ebene geführt werden und betreffen die gesamte Gesellschaft: "Die ganze Gesellschaft - die ungläubigen Söhne und Töchter der Moderne, praktizierende Christen, gläubige Juden und fromme Muslime - ist gefragt, der wachsenden Sehnsucht nach dem 'starken Führer' in Österreich gegenzusteuern und offen Widerstand gegen das wieder aufkeimende rechte Denken zu leisten."
Dies betreffe zuvorderst auch die katholische Kirche selbst, die nicht schweigen dürfe, "wenn unter der Hand eine rechte politische Okkupation des Hitler-Balkons (...) angezielt wird". Tück erinnerte in diesem Zusammenhang auch an Kardinal Theodor Innitzer, der im Oktober 1938 beim Rosenkranzfest im Wiener Stephansdom den rund 7.000 Jugendlichen zugerufen hatte: "Christus ist unser Führer!" - und damit den wichtigen Unterschied zwischen Religion und Politik markierte. Wenn Christen im Gottesdienst hingegen ihr Knie vor dem Kreuz beugten, so bedeute dies, dass die Kirche "Anwältin der Schwachen und Entrechteten" sein müsse. "Eine Rhetorik des Hasses und der Xenophobie kann sie nicht gutheißen und muss dafür eintreten, dass in der Migrationspolitik, um die je neu mit Augenmaß zu ringen ist, humane Standards eingehalten werden."
Quelle: kathpress