Vatikan veröffentlicht Papst-Antworten auf zweifelnde Kardinäle
Der Vatikan hat Antworten von Papst Franziskus an fünf konservative Kardinäle veröffentlicht, die ihn zu einer Klärung zentraler Fragen des katholischen Glaubens aufgefordert hatten. Die vatikanische Glaubensbehörde publizierte am Montagabend die auf den 11. Juli datierte Rückmeldung des Papstes auf die ihm von der Gruppe aus emeritierten Kurienkardinälen und früheren Diözesanbischöfen in Form einer "Dubia"-Anfrage (lateinisch für "Zweifel") gestellten fünf Fragen. In seiner Antwort weist der Papst die Zweifel der fünf Kardinäle ab. Es geht um die Auslegung der göttlichen Offenbarung, die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, Synodalität als konstitutive Dimension der Kirche, die Priesterweihe von Frauen und die Reue als notwendige Voraussetzung für die sakramentale Absolution.
Statt in einem bei einer "Dubia"-Anfrage üblichen "Ja-oder-Nein"-Format formulierte Franziskus die Antworten aus - obwohl er es nicht immer für klug halte, direkt an ihn gerichtete Fragen zu beantworten, wie es in der Einleitung des Papstschreibens heißt. Wegen der zeitlichen Nähe zur Weltsynode habe er es in diesem Fall aber für angebracht gehalten. Die Verfasser der Fragen sind die Kardinäle Walter Brandmüller (94) aus Deutschland, Raymond Burke (75) aus den USA, Juan Sandoval (90) aus Mexiko, Robert Sarah (78) aus Guinea sowie der frühere Bischof von Hongkong, Joseph Zen (91).
Die am Mittwoch in Rom startende Synodenversammlung ist ein Thema der fünf Kardinäle. Ihre Befürchtung ist, dass die Bischofssynode im Vatikan eine Autorität ausüben könne, die eigentlich dem Papst oder dem gesamten Bischofskollegium vorbehalten sei. Bei der Synode zur Synodalität sind erstmals auch Nicht-Bischöfe mit Stimmrecht zugelassen. Papst Franziskus verweist die Kardinäle an ihre eigene Anfrage. Sie drückten damit ihr Bedürfnis aus, sich zu beteiligen, ihre Meinung frei zu äußern und mitzuarbeiten, und verlangten damit eine Form von Synodalität bei der Ausübung des päpstlichen, seines Amtes. Nicht nur die Hierarchie, sondern das ganze "Volk Gottes" sollte an der Mission der Kirche teilnehmen, erneuert er sein häufig angeführtes Anliegen.
Die Sorge der fünf Kardinäle hinsichtlich der Neuinterpretation des Wortes Gottes räumte Franziskus in seiner Antwort auf die "Dubia" ebenfalls aus und verweist auf die notwendige Auslegung der Heiligen Schrift im jeweiligen kulturellen und historischen Kontext. Dazu nennt er etwa Texte zu Sklaverei oder Frauen als Beispiele. Kulturelle Veränderungen würden das Wort Gottes nicht ändern, böten jedoch die Möglichkeit, es noch deutlicher zu machen. Dies sei im Laufe der Kirchengeschichte immer wieder geschehen.
Keine offizielle Regelungen für Segnungen
Segnungen homosexueller Partnerschaften lehnt der Papst nicht gänzlich ab, er appelliert an Feingefühl und Klugheit in der Seelsorge. Wer um einen Segen bitte, drücke damit eine Bitte um Hilfe von Gott aus, eine Bitte um eine bessere Lebensweise, ein Vertrauen in einen Vater, der helfen könne, besser zu leben, so Franziskus. Möglichkeiten solcher Segnungen durch Diözesen oder Bischofskonferenzen lehnt der Papst aber ab. Ebenso wie eine Gleichsetzung homosexueller Partnerschaften mit der katholischen Auffassung einer Ehe. Diese Bezeichnung sei nur vorgesehen für eine Verbindung von Mann und Frau, die von Natur aus für die Zeugung von Kindern offen sei.
Bei der Frage nach einem möglichen Frauenpriestertum in der Zukunft bleibt der Papst schwammig. Franziskus betonte das gemeinsame Priestertum der Gläubigen und das Amtspriestertum als gleichwertig, spricht sich also nicht für ein Frauenpriestertum aus. Zugleich stellte er die Endgültigkeit der Absage zu dem Thema durch Papst Johannes Paul II. (1978-2005) infrage. 1994 hatte der aus Polen stammende Papst im Lehrschreiben "Ordinatio sacerdotalis" erklärt, dass die katholische Kirche keinerlei Vollmacht habe, Frauen die Priesterweihe zu spenden. Wie verbindlich diese Aussage sei, könne Gegenstand einer Untersuchung sein, schreibt Franziskus nun und verweist auf die Anglikaner. Bei der Glaubensgemeinschaft sind seit 1992 Frauen zum Priesteramt zugelassen.
Bei einer ebenfalls gestellten Frage nach der Reue als notwendige Bedingung für den Sündenerlass verweist Franziskus die Kardinäle an die seelsorgerischen Pflichten von Priestern. Natürlich sei Reue notwendig, aber es gebe viele Möglichkeiten, diese auszudrücken. "Wir sind nicht die Herren, sondern demütige Verwalter der Sakramente, die die Gläubigen nähren."
"Dubia"-Anfrage selbst bekanntgegeben
Die fünf Kardinäle hatten ihre "Dubia"-Anfrage am Montag selbst u.a. über die Website von Kardinal Burke bekannt gemacht. Dazu teilten sie mit, dass sie ihre Fragen am 10. Juli 2023 eingereicht hätten und ihnen der Papst einen Tag später schriftlich geantwortet habe - allerdings nicht wie bei einer "Dubia"-Anfrage üblich im "Ja-oder-Nein"-Format. Daher hätten sie ihr Schreiben umformuliert und am 21. August noch einmal eingereicht. Darauf hätten sie bislang keine Antwort erhalten.
Die Antworten des Papstes auf das Juli-Schreiben waren am Montag zunächst nicht bekannt gewesen. Erst einige Stunden nach der Mitteilung der Kardinäle waren sie u.a. über die Website der Glaubenskongregation verfügbar. Glaubenspräfekt Kardinal Fernandez, hatte dem veröffentlichten Dokument zufolge den Papst darum gebeten, einige Absätze seiner Antworten zitieren zu dürfen. Dieser Anfrage gab das katholische Kirchenoberhaupt am 25. September statt.
(Antworten des Papstes als PDF-Dokument auf Italienisch und Spanisch: https://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_risposta-dubia-2023.pdf; Arbeitsübersetzung auf Deutsch: https://www.vaticannews.va/de/papst/news/2023-10/papst-franziskus-dubia-zweifel-kardinaele-antworten-synode.html)
Quelle: kathpress