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"Social Egg Freezing": IMABE-Institut kritisiert Bioethikkommission

Kirchliche Ethikerin Kummer: Ausblenden von Bedenken am Einfrieren von Eizellen auf Vorrat ist "grobes Versäumnis" - Statt mehr Selbstbestimmung neue Zwänge absehbar

03.10.2023

Fehlende Differenziertheit beim Thema Einfrieren weiblicher Eizellen auf Vorrat ("Social Egg Freezing") wirft das kirchliche IMABE-Institut der österreichischen Bioethikkommission vor. Das im Bundeskanzleramt angesiedelte Fachleute-Gremium hatte sich am 25. September für die umstrittene Reproduktionstechnik ausgesprochen. Dies geschah in bloß sechs Absätzen, "ohne auf die dahinter liegenden komplexen ethischen Fragestellungen auch nur annähernd einzugehen", bemängelte IMABE-Direktorin Susanne Kummer. Die unbedingt angebrachte Kritik an Social Egg Freezing auszublenden, sei ein "grobes Versäumnis".

 

Die Bioethikkommission hatte am 25. September eine vom Petitionsausschuss des Nationalrats bestellte Erklärung abgegeben. Ausgangspunkt war eine Bürgerinitiative, deren Forderung unter anderem darauf hinauslief, dass Frauen auch ohne medizinische Indikation ihre Eizellen - auf eigene Kosten - einfrieren lassen dürfen. In Österreich ist dies bisher verboten. Die Kommission sprach sich für das Anliegen aus und hielt darüber hinaus sogar eine finanzielle Unterstützung dafür bei finanziell benachteiligten Personen für angebracht. Erst im Anhang der Stellungnahme wurden einzelne Bedenken angedeutet, die Methode aber dennoch als Förderung der "reproduktiven Autonomie der Frau" gelobt.

 

Völlig entgegengesetzt ist die Sicht des von der Bischofskonferenz getragenen IMABE-Instituts. Dass die Technik vor allem die Selbstbestimmung der Frau stärke, sei viel eher eine "Wunschvorstellung", denn: "Optionen wie Kinderwunsch auf Eis schaffen auch neue Zwänge für Frauen. Das Anpreisen von künstlicher Befruchtung für Spätgebärende weckt falsche Hoffnungen, zudem werden Geschäftsinteressen nicht offengelegt", erklärte Direktorin Kummer. Mit dem Eizell-Einfrieren sei Elternschaft zudem kein Gemeinschaftsprojekt mehr, sondern würden individualisiert und der Frau umgehängt, "was nicht liberal ist, sondern ein Rückschritt in alte Muster".

 

US-Firmen wollen "unschwangere" Frauen

 

Als warnendes Beispiel nannte die kirchliche Ethikerin die aufkommende Praxis in den USA, wo Arbeitgeber ihren jungen Mitarbeiterinnen das Einfrieren ihrer Eizellen auf Vorrat anbieten, um erst später per In-vitro-Fertilisation (IVF) ein Kind zu bekommen. Bereits bei jedem fünften US-Großkonzern mit über 20.000 Mitarbeitern gebe es ein derartiges Angebot, wobei 42 Prozent dieser Firmen den Frauen sogar die Rückerstattung der Kosten für eine künstliche Befruchtung versprächen. Kummer dazu: "Das bringt außer vermeintlichen Freiheiten auch die Erwartung, das Angebot zu nutzen, um voll im Beruf einsatzfähig zu bleiben. Familienplanung wird damit auf die Frauen abgeschoben. Und der Eizellhandel blüht."

 

Ausgeblendet würden dabei einerseits gesellschaftliche Zwänge der Arbeits- und Familienwelt, kritisierte Kummer. Schon jetzt seien Frauen, wenn sie Kinder bekommen, in der Arbeitswelt benachteiligt - "man nennt das 'Motherhood-Penalty' oder 'Child Penalty'", erklärte die Expertin. Nun befördere man dieses Phänomen auch noch mittels Medizintechnik: Die auf später hinausgeschobene, vom Arbeitgeber oder Staat bezahlte künstliche Befruchtung der Frau werde als Lösung für die Vereinbarkeit von Karriere und Kind angepriesen. Mit - so Kummer - subtilem Zwang als Folge: "Müssen wir bald mit Sätzen rechnen wie: Wenn du Karriere willst, dann lass dir doch deine Eizellen einfrieren...?" Junge Frauen sollten "möglichst 'unschwanger' gehalten werden, damit sie für das Unternehmen produktiv bleiben".

 

Keine "Kinder auf Abruf"

 

Doch auch die mit dem Eizell-Einfrieren geweckten Hoffnungen seien "illusionär", so Kummer weiter. Zu kurz gegriffen sei das Bild, dass Frauen ihre Fruchtbarkeit geplant und kontrolliert "auf Eis" legen könnten, wobei Kinder dann quasi auf Abruf dank Fortpflanzungsmedizin und für IVF verwendeten Steuergeldern zur Welt kämen. Denn die Realität sei anders: Britischen Daten zufolge führten nur 1,7 Prozent von eingefrorenen und wieder aufgetauten Eizellen zu einer Lebendgeburt. US-Erhebungen zufolge seien bei Frauen über 38 Jahren nur 2 bis 12 Prozent der aufgetauten, künstlich befruchteten Eizellen überhaupt implantationsfähig.

 

Nicht zuletzt gibt es laut der IMABE-Direktorin auch gut dokumentierte Risiken für die Frauen: Durch hormonelle Stimulationen und Punktionen bei der Eizell-Gewinnung etwa, wie auch durch vermehrte Komplikationen bei später Schwangerschaft, die zudem für das Kind viel häufiger mit frühem Tod bzw. Fehlgeburt endet. Dazu kommt noch die tickende biologische Uhr der Frau: Die Erfolgsquote für künstliche Befruchtung mit eigenen Eizellen ist altersabhängig und sinkt Kummer zufolge von 51 Prozent bei Unter-35-Jährigen rapide auf 24 Prozent bei Frauen zwischen 38 und 40 Jahren und schließlich auf nur noch 8 Prozent bei Frauen über 40.

 

Eizellen als begehrter Rohstoff

 

Eindeutig sei Social Egg Freezing schließlich auch ein blühender Geschäftszweig: Der Eingriff alleine kostet etwa 5.000 Euro, die zusätzlichen Lagerungsgebühren rund 400 Euro pro Jahr. In Ländern, in denen die Methode erlaubt ist, dränge man Frauen mit TV-Werbeeinschaltungen, sich möglichst schon ab 30 Jahren hormonell stimulieren und prophylaktisch einen Eizellen-Vorrat einfrieren zu lassen, berichtete Kummer. Studien zufolge würden jedoch nur wenige Frauen am Ende auf ihre Eizell-Reserven zurückgreifen, da sie meist schon auf natürlichem Weg ein Kind bekommen hätten oder sich ihr Lebensentwurf geändert habe.

 

Somit lagern inzwischen Millionen von menschlichen Eizellen, deren Handel laut Kummer mittlerweile ebenfalls zum Geschäft geworden ist: "Länder wie Singapur sind bereits damit konfrontiert, dass ungenutzte Eizell-Reserven unter der Hand weiterverkauft werden. Kinder, die daraus entstehen, können nicht nachvollziehen, von wem sie eigentlich abstammen", gab die IMABE-Direktorin zu bedenken. (Weitere Infos: www.imabe.org)

 

 

Quelle: kathpress

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