
Kirchenrechtler Graßmann: Kirchenrecht bedarf ständiger Reform
In einer "ecclesia semper reformanda" - also einer Kirche, die sich beständig reformieren soll - ist auch das Kirchenrecht einer ständigen Reform unterworfen. Diese Überzeugung hat der neue Inhaber des Lehrstuhls für Kirchenrecht an der Katholischen Privat-Universität Linz (KU), Andreas E. Graßmann, bei seiner Antrittsvorlesung am Montag an der KU Linz betont. Graßmann sprach zur Eröffnung des Studienjahres über Motive und Potenziale des Kirchenrechts und die damit verknüpften Aufgaben.
Der Theologe stellte seine Antrittsvorslesung unter den Titel "Ius semper reformandum!? Der Heiligungsdienst im Codex Iuris Canonici von 1983 vor dem Hintergrund des Zweiten Vatikanischen Konzils". Der Codex Iuris Canonici (das kirchliche Gesetzbuch, Anm.) trage den Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils in sich; diesem werde er sich auch weiterhin stellen müssen - wie er sich, nicht zuletzt die Kirche als Ganze, an den Umsetzungen und Gestaltungen dieses Geistes messen lassen müsse, zeigte sich der Theologe überzeugt. Der Kirchenrechtswissenschaft komme dabei eine "ermöglichende und kritische Funktion zu".
Graßmann arbeitete zudem Kontexte und zentrale Motive des Codex heraus. Dabei hob er hervor, dass dieser ein zentraler Referenzpunkt für den kirchlichen Reformprozess ist. In diesem Sinne erinnerte er an ein Diktum des Papstes Johannes Paul II., wonach der Codex das "letzte Dokument des Konzils" darstelle.
Mensch als Ganzer im Blick
Bischofsvikar Regens Slawomir Dadas stellte bei einem dem Festakt vorausgegangenen Eröffnungsgottesdienst die Besonderheit der KU Linz heraus: "Theologie, Philosophie und Kunstwissenschaft nehmen den Menschen als Ganzen in den Blick - und fordern auch ganze Menschen." Die Studien an der Universität würden so nicht bloß "konsumiert", sondern gelebt: im Wunsch, "Gott und der Welt mit brennenden Herzen zu begegnen".
An der feierlichen Studienjahr-Eröffnung nahmen nach Angaben der KU zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus Kirche, Wissenschaft, Kultur und Politik teil. Rektor Christoph Niemand sprach scheidenden Kolleginnen und Kollegen seinen Dank aus und hieß Personen in ihren neuen Funktionen an der KU Linz willkommen. Der gebürtige Münchner Graßman hatte am 1. September in Nachfolge von Severin Lederhilger den Lehrstuhl für Kirchenrecht an der Fakultät für Theologie der Katholischen Privat-Universität Linz übernommen.