Glettler: "Gebet in Zeiten von Bedrängnis eine Überlebenshilfe"
"hörgott. Gebete in den Klangfarben des Lebens" heißt das neue Buch des Innsbrucker Bischofs Hermann Glettler. Darin finden sich Gebete für Menschen, die auf der Suche sind oder zweifeln, aber auch für jene, die Gott danken wollen und aufmerksamer leben möchten. Das Buch wurde am Freitagabend in der Wiener Jesuitenkirche präsentiert. Zur Seite standen dem Bischof dabei als Vortragende ein Ehepaar der Gemeinschaft Emmanuel, der Charity-Veranstalter Gery Keszler und der Radiomoderator Bernhard Fellinger. "Beten gehört zum Herzschlag des Menschseins", zeigte sich Bischof Glettler überzeugt. Er betonte die geistige Kraft des Gebetes, das "in Zeiten von Bedrängnis eine echte Überlebenshilfe" sei.
"Wir erleben ein Versagen der Worte, ein Zuviel an Meinungen und Empörungen", sagte Glettler eingangs der Veranstaltung. Die Antwort auf dieses Getöse unserer Zeit könne nur "ein heilsames Schweigen und hörendes Beten" sein. Glettlers Buch, das im Tyrolia Verlag erschienen ist, trägt nicht zuletzt deshalb den Titel "hörgott". Es enthält 250 Gebete und Impulse von der biblischen Zeit bis in die Gegenwart, teilweise auch aus anderen religiösen Traditionen. Für jedes der 14 Kapitel hat der Tiroler Künstler Hans Salcher eine Grafik gestaltet, die den spezifischen Inhalt der Gebetssammlung mit wenigen Strichen einfängt. Im Dezember soll die zugehörige Gebets-App (gratis) zum Downloaden bereitstehen.
Im Kathpress-Interview am Rande der Präsentation berichtete der Bischof, dass ihn ein Freund, der an Bauchspeicheldrüsenkrebs verstarb, zur Herausgabe der Gebetssammlung inspirierte. In seinem letzten Lebensjahr habe dieser "nicht nur die Schönheit und Zerbrechlichkeit des Lebens bewusster wahrgenommen, sondern auch zu beten begonnen." Im Buch findet sich mit dem Titel "Trotzdem geborgen" sein persönliches Gebet, gewiss ein Trost für alle, die sich in ähnlicher Situation befinden. Den zweiten Anstoß zum Buch gab der Tiroler Musiker Manu Stix, so Glettler, der mit der Idee gekommen sei, "eine Gebets-App zu machen, die es Menschen ermöglicht, beim Joggen, beim Kochen, im Auto oder wo auch immer ein Gebet mitzuhören". Er selbst habe zufällig im Radio ein Gebet gehört, das ihn in einer persönlichen Krise aufgerichtet habe.
In den ausgewählten Gebeten würde sich die ganze Bandbreite menschlicher Erfahrungen und Emotionen wiederfinden, so Bischof Glettler. Es gäbe "ruhige, meditative Gebete", die zu einem Zu-sich-Kommen und "Chillen mit Gott" anleiten würden, aber ebenso Gebete, die mit großer Leidenschaft den Schrei nach Frieden und Gerechtigkeit zum Ausdruck bringen. Wirkliches Gebet "bewahrt verlässlich vor Resignation und Gleichgültigkeit, weitet das Herz und schenkt eine solidarische Verbundenheit über alle Grenzen hinweg", so Glettler. Und: "Wer betet, rechnet in aller Ohnmacht mit den größeren Möglichkeiten Gottes". Ein Gebet müsse jedenfalls "nicht fromm daherkommen, denn Gott verträgt auch kräftige Ausdrücke". Auch solche gar nicht frommen Gebete habe er in die Sammlung aufgenommen.
Eine besonders wichtige Spur für heutiges Beten sei das Einüben von Dankbarkeit: "Wir leben in einer Zeit der vorprogrammierten Enttäuschungen, weil wir den übertriebenen Ansprüchen nach einem perfekten Leben nie genügen können", so Bischof Glettler. Deshalb sei ein tägliches Dankgebet ein wirksames Heilmittel, um der unstillbaren Gier nach Immer-Mehr entgegenzuwirken und eine tiefe Wertschätzung vor dem Geschenk der Schöpfung zu bekunden. "Dankbarkeit ist der Königsweg zu Gott. Die Not ist lediglich der Fluchtweg, der durch Gerümpel auch verstellt sein könnte", erläutert der Innsbrucker Diözesanbischof, der eingestand, auch selbst täglich um eine ausreichende Zeit für das Gebet kämpfen zu müssen. "Alles andere scheint immer dringlicher zu sein."
Hermann Glettlers handliches Buch "hörgott. Gebete in den Klangfarben des Lebens" umfasst 256 Seiten mit 14 farbigen Illustrationen des Künstlers Hans Salcher; es kostet 19 Euro. Gemäß der Tyrolia-Verlags-Info umfasst die zeitgemäße Gebetssammlung "Gebete zum morgendlichen Durchstarten und abendlichen Runterfahren, für Trostsuchende und Agnostiker ebenso wie für Menschen, die aufmerksamer für Gottes Gegenwart in allen Höhen und Tiefen des Alltags sein möchten".
Weitere Buchvorstellungen gibt es u.a. am 14. November um 19 Uhr in der Innsbrucker Spitalskirche und am 4. Dezember um 18.30 Uhr in der Stadtpfarrkirche Graz.
Quelle: kathpress